Bundesliga

Hannover 96: Weydandts historischer Schnellstart

Hannover: Wie Egestorf und Groß Munzel mitverdienen

Weydandts historischer Schnellstart

Soll noch in dieser Woche einen Profivertrag erhalten: Hendrik Weydandt.

Soll noch in dieser Woche einen Profivertrag erhalten: Hendrik Weydandt. imago

Blitztore von Einwechselspielern waren in Hannover in der jüngeren Vergangenheit keine Seltenheit. Charlison Benschop etwa stand im August 2015 erst drei Minuten auf dem Platz, als er einen Treffer beim 2:2 in Darmstadt beisteuerte. Zwei Jahre später brauchte der Brasilianer Jonathas fünf Minuten, um als Joker den 1:0-Sieg gegen Schalke perfekt zu machen. Historisch nun der Schnellstart von Hendrik Weydandt, der 75 Sekunden nach Betreten des Platzes zum 1:0 für 96 beim späteren 1:1-Remis in Bremen einschob. In der langen Bundesligageschichte seit 1963 waren mit Milos Jojic (Dortmund, 2014), Helmut Schröder (Arminia Bielefeld, 1978) und Christian Peukert (Frankfurt, 1980) überhaupt nur drei Debütanten noch schneller als der 96-Stürmer.

"Körper, Einsatz, Ballbehandlung - alles bringt er mit. Und er braucht nicht viele Chancen...", lobte kein Geringerer als Hannovers ehemaliger Top-Torjäger Dieter Schatzschneider Weydandt nach dessen Auftritt an der Weser. Der 23-Jährige vollzieht nun in Rekordzeit den Wechsel vom Amateur zum Profi. Im Sommer war der in der vergangenen Saison auch von einigen Zweitligisten (Kiel, Duisburg, Braunschweig) und Vereinen aus der 3. Liga umworbene 1,95-Meter-Mann von Regionalligist Germania Egestorf/Langreder auf Bestreben von 96-Akademiechef Michael Tarnat ablösefrei ins benachbarte Hannover gewechselt, um dort eigentlich in derselben Liga für die U 23 des Bundesligisten zu spielen und parallel weiter an seiner beruflichen Karriere als Steuerberater in der Firma seines Vaters und Beraters Heinrich zu arbeiten.

Spielersteckbrief Weydandt
Weydandt

Weydandt Hendrik

Nach vielen guten Eindrücken im Training und in Testspielen bei den Profis aber gab Cheftrainer André Breitenreiter dem Nobody auch zum Pflichtspielauftakt eine Chance - prompt nutzte Weydandt sie im Pokal in Karlsruhe beim 6:0-Sieg mit einem Doppelpack nach der Einwechslung. Samstag in Bremen dann der märchenhafte, vorläufige Höhepunkt für den Mann, der vier Jahre zuvor vom TSV Groß Munzel nach Egestorf gekommen war. "Hendrik wird die nächsten Jahre sicher nicht kleiner oder langsamer... Dazu noch die Technik - wir sind uns sicher, den nächsten Schritt mit ihm gehen zu wollen", kündigte Manager Horst Heldt die Umwandlung des Amateurvertrags bis 2020 in einen Profikontrakt an. Noch in dieser Woche soll sie vollzogen werden.

Profivertrag für Weydandt, Vergütung für "Ausbildungsvereine"

Hendrik Weydandt

Vor einem Jahr: Hendrik Weydandt (Mitte) spielt mit Germania Egestorf/Langreder gegen Hannover II. imago

Mit weitreichenden Folgen: Weydandt, der sich in der Regionalliga lediglich 400 Euro "dazuverdient" hatte, erhält künftig ein Vielfaches für seine Dienste - die "Bild" beziffert das künftige Monatseinkommen des neuen Fanlieblings auf 15.000 Euro. Und auch Weydandts Ex-Vereine dürften bei der Entwicklung nicht zu kurz kommen.

Der Solidaritätspool der DFL schüttet für Spieler, die in ihrer ersten Saison bei einem Lizenzverein höchstens ihr 23. Lebensjahr vollenden (Weydandt ist am 16. Juli geboren) und in der Profiliga eingesetzt werden, Vergütungen aus, die für die Nachwuchsarbeit in den Heimatklubs verwendet werden sollen. Gemäß einer Einstufung vom sechsten bis zum elften Geburtstag waren dies beispielsweise 2017/18 immerhin 4200 Euro pro Saison, vom zwölften bis 21. Geburtstag (hier endet die Staffelung) sogar 5400 Euro pro Saison.

Germania Egestorf kämen demnach für drei Spielzeiten mit Hendrik Weydandt einmalig 16.200 Euro zu. Der TSV Groß Munzel - und eventuell auch die Sportfreunde Landringhausen, mit denen es in der Jugend eine Spielgemeinschaft gibt - könnte mit noch mehr Geld rechnen. Dort begann der Spätzünder, der nie in einer Auswahl oder einem NLZ auftauchte, einst als kleiner Junge mit dem Fußball. 2013/14 spielte er schließlich noch eine Saison bei den TSV-Herren in der Kreisliga Hannover-Land, Staffel 3.

Michael Richter