Bundesliga

Claudio Pizarros Rückkehr zu Werder Bremen ist ein zwiespältiger Luxus - ein Kommentar

Kommentar von kicker-Redakteur Thiemo Müller

Pizarros Rückkehr ist ein zwiespältiger Luxus

Verstärkt das Gedränge im Bremer Angriff: Claudio Pizarro.

Verstärkt das Gedränge im Bremer Angriff: Claudio Pizarro. picture alliance

Wäre nicht der 29. Juli, sondern der 1. April, hätte die Meldung keinen überrascht: Claudio Pizarro kommt zurück zum SV Werder Bremen. Nicht etwa als Mitglied des Trainerstabs, sondern tatsächlich als Mittelstürmer . Der sportliche Sinn dieser Aktion muss sich beileibe nicht auf den ersten Blick erschließen angesichts des Überangebots in der Bremer Offensive. Viel dringender bräuchte Werder schließlich noch einen zweikampfstarken Abräumer vom Schlage Dieter Eilts. Der 53-jährige "Ostfriesen-Alemao" will sich dem Vernehmen nach aber nicht zum Comeback überreden lassen.

Doch mal ganz im Ernst: Als Werder-Manager Frank Baumann den Vertrag mit Publikumsliebling Pizarro im Sommer 2017 nicht verlängerte, war das vollkommen logisch. Und Pizarros folgendes Gastspiel beim Absteiger 1. FC Köln bestätigte die Bremer Entscheidung. Der inzwischen knapp 40-Jährige - am 3. Oktober feiert er runden Geburtstag - war weiterhin verletzungsanfällig und spielte genau einmal über 90 Minuten: beim 1:3 in Bremen. In den übrigen 15 Teilzeiteinsätzen gelang ihm ein Tor.

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Werder Bremen - Vereinsdaten
Werder Bremen

Gründungsdatum

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Grün-Weiß

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Man darf vermuten, dass erneut der Trainer die treibende Kraft war

Noch relevanter: Gerade im Angriff herrscht bei Werder ohnehin schon ein massives Gedränge. Speziell auf den Flügeln, aber auch im Sturmzentrum. Dort kommen neben dem gesetzten Max Kruse auch Martin Harnik und Yuya Osako infrage plus die Youngster Johannes Eggestein sowie Joshua Sargent (der allerdings noch nicht so weit ist wie von vielen gedacht und nun vorrangig in der U 23 Spielpraxis sammeln soll). Die eigene Argumentation des vergangenen Sommers, wonach Pizarro unter anderem keinen Platz für nachrückende Talente blockieren sollte, führt Baumann gut zwölf Monate später ad absurdum. Weshalb man vermuten darf, dass jetzt Trainer Florian Kohfeldt - ebenso wie einst sein Vorgänger Alexander Nouri - treibende Kraft hinter der Entscheidung war.

Thiemo Müller

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Immerhin: Baumanns Argumente pro Pizarro sind ja prinzipiell nachvollziehbar. Der Routinier könnte, wenn er fit ist, "ein entscheidendes Mosaiksteinchen" sein als "Stürmertyp, den wir in dieser Form bei aller Auswahl noch nicht im Kader haben". Bedeutet: Dem Schlitzohr Pizarro ist immer noch das eine oder andere Jokertor zuzutrauen, wenn sonst gar nichts mehr geht. Unbestritten! Doch die Frage bleibt, wie häufig eine solche Konstellation aller Wahrscheinlichkeit nach eintreten wird.

Hätte es wirklich noch einer weiteren Leitfigur bedurft?

Auch wenn Pizarros Vertrag, wie Baumann versichert, "sehr leistungsorientiert" gestaltet ist und "kein finanzielles Risiko" darstellt, bleibt die Verpflichtung des Edelreservisten ein Luxus. Daran ändert auch der mutmaßliche Nutzen in der täglichen Arbeit nichts, den sich Baumann und Kohfeldt versprechen: "Claudio gibt seine Erfahrung sehr, sehr gerne an die Jungen weiter, die von ihm lernen können. Von seiner Präsenz, Überzeugungskraft, Professionalität und Ausstrahlung profitieren alle", so der Manager. An all diesen genannten Tugenden gibt es keinen Zweifel. Ebenso wenig daran, dass Pizarro selbst dann absoluter Teamplayer bleibt, wenn er sportlich nicht zum Zuge kommt.

Aber hätte es neben den Kruses, Moisanders, Bargfredes, Harniks, Langkamps, Drobnys und Maxi Eggesteins wirklich noch einer weiteren Leitfigur bedurft? Ab einem gewissen Punkt kann eine Hierarchie auch unter zu vielen Häuptlingen leiden. Zwiespältig bleibt die Bewertung des Bremer Überraschungscoups aus heutiger Sicht also allemal.

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