Bundesliga

Digitalisierung: Eintracht will 30 Millionen Euro investieren

Was hinter der Kooperation mit dem TechQuartier steckt

Digitalisierung: Eintracht will 30 Millionen Euro investieren

Veraltete Technik: Der Videowürfel zeigt Bilder nur noch in miserabler Qualität.

Veraltete Technik: Der Videowürfel zeigt Bilder nur noch in miserabler Qualität. imago

Zwar ist die Eintracht 2017 Social-Media-Meister geworden und in diesem Ranking 2018 immerhin auf dem zweiten Platz hinter dem FC Bayern gelandet, das Stadion steckt allerdings noch in der Urzeit der Digitalisierung fest. Der bei der WM 2006 noch bestaunte Videowürfel zeigt Bilder in miserabler Qualität, die Internetverbindung ist speziell während der 90 Minuten kaum besser, und bezahlt werden kann nur mit Bargeld. Letzteres allerdings durchaus zur Freude einiger Fans. Das sind nur einige Beispiele für die Rückständigkeit in der Arena.

Eintracht-Vorstand Axel Hellmann plant deshalb eine "digitale Ausleuchtung des Stadions". Auf einer Pressekonferenz am Donnerstag erklärte er, dass der Klub etwa 30 Millionen Euro in die Digitalisierung des Stadions investieren wird. Vorausgesetzt, die Stadt stimmt als Eigentümerin des Stadions zu, dass die Eintracht ab 2020, wenn der Mietvertrag ausläuft, die Arena betreiben darf. Hellmann erwartet, dass die Stadt "in Beton investiert" - gemeint ist der Stadionausbau auf etwa 60.000 Plätze -, und der Klub im Gegenzug in die Digitalisierung: "Die Digitalisierung des Stadions ist gemeinsam mit der Stadt Frankfurt unser großes Thema, weil das Stadion quasi zu einer Industrie-1.0-Phase geplant und entwickelt worden ist."

Eintracht Frankfurt - Vereinsdaten
Eintracht Frankfurt

Gründungsdatum

08.03.1899

Vereinsfarben

Rot-Schwarz-Weiß

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Auch intern gibt es noch Verbesserungsbedarf. Exemplarisch führt Hellmann an: "Aktuell können wir nicht mal Geburtstagsnachrichten an unsere Fans verschicken." Dieses Problem wird technisch bald gelöst sein, außerdem kündigt Hellmann an, dass ab dem kommenden Winter ein neues Bezahlsystem im Stadion getestet wird. Spätestens zur Saison 2019/20 soll es eingeführt werden.

Frankfurt will der "digitalste Bundesligist" werden

Bei dem digitalen Wandel unterstützen wird die Eintracht die bereits vor einigen Monaten geschlossene Kooperation mit dem vor zwei Jahren in Frankfurt gegründeten TechQuartier, das Hellmann als "Leuchtturm" bezeichnet. Mittlerweile arbeiten dort über 100 Startups auf 3200 Quadratmetern unter einem Dach. "Wie aus allen Lebensbereichen ist die Digitalisierung auch aus dem Sport nicht mehr wegzudenken. Als mittelständisches Unternehmen der Region bietet uns der Dialog mit Startups Chancen für die eigene Unternehmensentwicklung. Gleichzeitig fördern wir Gründer bei der Umsetzung interessanter Geschäftsideen und machen so den Standort attraktiv für Startups. Das alles ist Teil unseres Unternehmensziels, der digitalste Bundesligist zu werden", erklärt Hellmann.

Für die mit der Eintracht abgesteckten Bereiche Athletik, Medizin, Verletzungsprävention, Spielerperformance, Spielanalyse und Videoanalyse wurde bereits systematisch nach Technologien und Startups gescoutet. An einer ersten Veranstaltung ("Money meets Idea – SportsTech") nahmen 14 Startups aus Europa teil. Nach der Sommerpause wird eine Serie von Netzwerk-Events unter dem Titel "Laptop und Leibchen" starten.

Eintrachts Masterplan geht weiter über Fußball hinaus

Die Kooperation zwischen der Eintracht und dem TechQuartier ist Teil eines Masterplans, der weit über den Fußball hinausgeht. Hessens Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir (Grüne) sagte auf der Pressekonferenz am Donnerstag: "Der Masterplan, den wir im Februar vorgestellt haben, hat ein sehr ehrgeiziges Ziel: Wir wollen in fünf Jahren zu einer international anerkannten Tech-Region werden. Es geht darum, auf der globalen Landkarte aufzutauchen." Der Eintracht kommt dabei eine ganz bestimmte Rolle zu. "Wir haben großes Interesse daran, dass über Partner Aufmerksamkeit auf den Bereich der Digitalisierung gelenkt wird. Da liegt Chance in der Zusammenarbeit mit Eintracht Frankfurt: Dass auch Leute in den Bereich hineinschauen, die sich für Fintech sonst niemals interessiert hätten", erläutert Al-Wazir.

Frankfurt ist mehr als ein "Umsteigeflughafen"

Fintech ist die Abkürzung von Finanztechnologie, auf der das Hauptaugenmerk des TechQuartier liegt. "Was uns auszeichnet, ist die inhaltliche Zusammenarbeit mit Partnern. Mittlerweile haben wir 30 Unternehmenspartner, nicht nur aus der Finanzbranche. Für diese Partner entwickeln wir maßgeschneiderte Programme", erklärt Dr. Thomas Funke, Co-Director TechQuartier. Außerdem bestehen Kooperationen mit der Goethe-Universität in Frankfurt und der TU Darmstadt. Funke betont: "Wir wollen Frankfurt zur führenden Startup-Stadt machen. Derzeit gibt es 300 bis 400 Startups in der Stadt, diese Anzahl wollen wir mindestens verdoppeln. Dazu wurden 20 Maßnahmen ins Leben gerufen." Der Masterplan.

Noch ist Frankfurt im Bereich der Digitalisierung global gesehen ein kleines Licht. Al-Wazir, der seit der Brexit-Abstimmung öfter mal in London ist, erzählt mit einem Schmunzeln: "Dort musst den Leuten erst mal erklären, dass hier nicht nur ein paar Hochhäuser im Wald stehen und es einen Umsteigeflughafen gibt..." Derlei Sprüche könnten schon in wenigen Jahren der Vergangenheit angehören. Bis 2022, so das Ziel, soll sich Frankfurt als digitaler Vorreiter in Europa etablieren.

Julian Franzke