Bundesliga

Favres Auftrag: Raus aus dem Irrgarten

Kommentar von kicker-Reporter Thomas Hennecke

Favres Auftrag: Raus aus dem Irrgarten

Zurück vor der gelben Wand: Lucien Favre ist offiziell Dortmunds neuer Trainer.

Zurück vor der gelben Wand: Lucien Favre ist offiziell Dortmunds neuer Trainer. imago

Nachdem scheibchenweise schon fast alle Details ans Licht der Öffentlichkeit gelangt waren, präsentiert Borussia Dortmund keine wirkliche Überraschung mehr . Im zweiten Anlauf hat der Klub endlich Lucien Favre verpflichtet, den detailverliebten Schweizer Fußball-Professor, den Marco Reus hymnisch als "sensationellen Trainer" feiert. Von Favre, schwärmt der immerhin auch von Jürgen Klopp oder Thomas Tuchel angeleitete Nationalspieler, habe er am meisten in seiner Karriere gelernt.

An den 60-Jährigen ergeht der Auftrag, Dortmund zurück in die Erfolgsspur zu bringen und zukunftsfest zu machen. Dafür muss Favre die Borussia aus dem Irrgarten herausführen, in den sie mit vier Trainern in zuletzt 13 Monaten geraten ist. Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke und Sportdirektor Michael Zorc, die Fehler bei Trainersuche und Kaderzusammenstellung in der Vergangenheit selbstkritisch eingeräumt haben, setzen ihre Hoffnungen darauf, dass Favre dem BVB nach dem ständigen Wechsel von Stilarten und Spielphilosophien eine neue sportliche Identität gibt. Mentalität und Charakter sind dabei fast noch mehr gefragt als den Fußball zwingend in den Rang der schönen Künste zu erheben.

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Als Experte und Stratege hoch angesehen

Fachlich, daran besteht kein Zweifel, ist Favre in der Lage, den zweitgrößten Verein Deutschlands wieder wettbewerbs- und salonfähig zu machen. Er hatte Erfolg auf seinen früheren Stationen, ist als Experte und Stratege hoch angesehen, bringt seine Teams fußballerisch nachweislich weiter. Doch das nach einer unschönen Saison mit zahlreichen Rückschlägen sehr spezielle Dortmunder Anforderungsprofil verlangt mehr als einen Fußball-Gelehrten, der mit seinen Spielern in zweieinhalbstündigen Taktikeinheiten korrektes Verschieben paukt oder endlose Ballstafetten vor dem einen entscheidenden Vertikalpass anordnet.

Kann Favre auch Herzenswärme?

In Dortmund muss der oberste Übungsleiter auch Kommunikator sein, der im Idealfall mit Massen und Medien spielt. Aber ist der große Auftrieb auch Favres Antrieb? Und kann er sich öffnen und wandeln in einer Region, die nach Nähe und Herzenswärme verlangt und traditionell mit mehr Enthusiasmus auf eine eingesprungene Grätsche als auf mehrmalige Systemumstellungen während einer Partie reagiert?

Es ist fraglich, ob je wieder ein Trainer so zu den Sehnsüchten des BVB-Anhangs passt wie der bisweilen überkochende Jürgen Klopp. Zufliegen könnten Favre die Sympathien schon, wenn er die ganze Klaviatur bespielen und Millionen von Fans auch emotional mitnehmen würde. In Dortmund, das wird er schnell merken, ist ein Trainer mehr als nur ein Trainer.

Kein gemachtes Nest in Dortmund: Es gilt anzupacken

kicker-Reporter Thomas Hennecke

kicker-Reporter Thomas Hennecke kommentiert den Trainereinstieg von Lucien Favre beim BVB.

In ein gemachtes Nest setzt sich Favre nicht. Er muss anpacken, gestalten, machen, einen klaren Kurs einschlagen. Das alles möglichst ohne die Wankelmütigkeit und Sprunghaftigkeit, die man ihm wohl nicht grundlos nachsagt. Dann kann Favre eine gute, richtige Wahl für Borussia Dortmund sein.