Bundesliga

Herzprobleme? "Man kann es gar nicht genug dramatisieren" - Interview mit Daniel Engelbrecht, der mit implantiertem Defibrillator spielte

Interview mit Daniel Engelbrecht

Herzprobleme? "Man kann es gar nicht genug dramatisieren"

Nach einem weiteren Zusammenbruch und einer erneuten (erfolglosen) OP schont er sein Herz zurzeit: Daniel Engelbrecht.

Nach einem weiteren Zusammenbruch und einer erneuten (erfolglosen) OP schont er sein Herz zurzeit: Daniel Engelbrecht. imago

Was geht in Ihnen vor, wenn Sie Nachrichten wie über den Tod des italienischen Nationalspielers Davide Astori hören?

Es schockt mich mehr als in der Zeit, bevor meine Herzprobleme begannen, weil ich genau nachvollziehen kann, wie es demjenigen ergangen ist. Ich weiß, wie beängstigend dieses Gefühl ist, welches Horrorszenario sich abspielt. Ich habe dasselbe durchgemacht, mit dem Unterschied, dass mein implantierter Defibrillator mich ins Leben zurückgeholt hat. Dreimal ging das so.

Spielersteckbrief Engelbrecht
Engelbrecht

Engelbrecht Daniel

Groß berichtet wird über Herzprobleme vor allem bei prominenten Opfern, wird es aus Ihrer Sicht zu sehr dramatisiert?

Im Gegenteil, man kann es gar nicht genug dramatisieren. Von Profisportlern wird so viel abgefordert, man muss immer funktionieren, auch ich habe so gedacht. Eine Grippe ist dann kein Grund, sich rauszunehmen, man denkt: Scheiß drauf, ich trainiere, das wird schon. Das stimmt aber nicht. Wenn man eine Woche lang mit Fieber und Gliederschmerzen trainiert, kann man sich schnell eine Herzmuskelentzündung einfangen. Bei mir ist es nicht direkt erwiesen, aber ich muss jetzt wohl für eine Woche, die ich mit diesen Symptomen trainiert habe, mein ganzes Leben lang büßen und mit einem Defibrillator rumlaufen. Deswegen stecke ich auch in der Klemme, was meine aktive Karriere betrifft.

Man müsste mehr darüber informieren und strenger mit den Spielern umgehen. Wenn sie eine Grippe haben, muss man ihnen sagen: Hey, ich will Dich nicht hier sehen, bleibe zu Hause und kuriere es aus.

Daniel Engelbrecht

Was wäre ein besserer Weg?

Man müsste mehr darüber informieren und strenger mit den Spielern umgehen. Wenn sie eine Grippe haben, muss man ihnen sagen: Hey, ich will Dich nicht hier sehen, bleibe zu Hause und kuriere es aus.

Wann traten bei Ihnen erstmals Herzprobleme auf?

Ich bin vom Zweitligisten VfL Bochum zum Drittligisten Kickers Stuttgart gewechselt. Einen Tag nachdem ich den Vertrag unterschrieben hatte, bin ich am 20. Juli 2013 im Spiel zusammengebrochen. Im August wurden Herzrhythmusstörungen und eine Herzmuskelentzündung diagnostiziert.

Nach dem Implantieren eines Defibrillators starteten Sie mehrere Versuche, die Karriere fortzusetzen.

Zuletzt habe ich vor dieser Saison ich bei Rot-Weiss Essen unterschrieben, bin dann aber am ersten Trainingstag zusammengebrochen und wurde von meinem Defi geschockt. Es war der dritte Vorfall in einem Spiel oder im Training und die Ärzte wiesen erneut darauf hin, dass ich mit meinem Leben spiele. Verrückt wie ich bin, habe ich gesagt, ich will mich noch einmal operieren lassen, weil dadurch die Chancen steigen, dass es besser wird. Die OP ging elf Stunden, war aber nicht erfolgreich. Nach drei negativen Belastungstests habe ich den Entschluss gefasst, bis Ende 2018 mein Herz komplett zu schonen. Danach will ich einen weiteren Versuch starten.

Was machen Sie in der Zwischenzeit?

Seit Anfang des Jahres hospitiere ich bei der U 19 von Bayer Leverkusen, wo ich früher bei den Junioren gespielt habe. Das Praktikum läuft noch bis mindestens Ende der Saison und es macht mir riesigen Spaß. Ich fokussiere mich jetzt auf die Trainerausbildung und möchte im Sommer im Trainer-und Scoutingbereich arbeiten. Dennoch werde ich alles daran setzen, im Dezember einen weiteren Versuch zu starten, um wieder auf den Platz zu kommen.

Wie gefährdet sind Sportler durch Herzerkrankungen? Und wie können Klubs und Verbände das Risiko eingrenzen? Einen Report zum Thema sowie ein Interview mit Sportmediziner und Kardiologe Prof. Dr. Jürgen Scharhag lesen Sie in der aktuellen kicker-Montagausgabe .

Interview: Michael Ebert