Bundesliga

Adam Szalai, Angreifer der TSG Hoffenheim: "Viele wählen die einfachste Art Fußball. Schade."

Hoffenheim: Szalai über Wagner, Uth und Mauertaktik

"Viele wählen die einfachste Art Fußball. Schade."

"Ich versuche, Spaß zu haben und der Mannschaft zu helfen": Hoffenheims Angreifer Adam Szalai.

"Ich versuche, Spaß zu haben und der Mannschaft zu helfen": Hoffenheims Angreifer Adam Szalai. imago

kicker: Adam Szalai, kürzlich wurde bekannt, dass Mark Uth am Saisonende zu Schalke 04 wechselt. Sind Sie als Angreifer froh, dass ein Positionskonkurrent geht? Oder ist es eher ärgerlich, weil Ihr Klub Qualität verliert?

Adam Szalai: Ich würde Mark nicht als Positionskonkurrent beschreiben, weil wir völlig unterschiedliche Spielertypen sind. Für uns ist es ein Verlust, wenn man sieht, wie viele wichtige Tore er in der Hinrunde gemacht hat.

Spielersteckbrief Ad. Szalai
Ad. Szalai

Szalai Adam

Trainersteckbrief Nagelsmann
Nagelsmann

Nagelsmann Julian

TSG Hoffenheim - Vereinsdaten
TSG Hoffenheim

Gründungsdatum

01.07.1899

Vereinsfarben

Blau-Weiß

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Bundesliga - 18. Spieltag
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Bundesliga - Tabelle
Pl. Verein Punkte
1
Bayern München Bayern München
44
2
RB Leipzig RB Leipzig
31
3
FC Schalke 04 FC Schalke 04
30

kicker: Für Sie dagegen war es eine Hinrunde zum Vergessen. Sie waren lange verletzt. Gehen Sie mit mittlerweile 30 Jahren entspannter um mit schweren Verletzungen als früher?

Szalai: Verletzungen sind immer bitter, egal ob man 18 oder 30 ist. Es war nicht einfach, ich habe viel Zeit für die Rückkehr gebraucht. Aber leider gehört es dazu, man muss es akzeptieren.

kicker: Zunächst hieß es, es sei eine Adduktorenzerrung, dann war es ein Bündelriss in den Adduktoren. War diese Diagnose nach mehreren Wochen ein besonders schwerer Schlag?

Szalai: Ich habe direkt gemerkt: Das ist etwas Schlimmeres.

kicker: Sie kamen aus einer guten Rückrunde mit sieben Toren. Was stimmt Sie positiv, dass Sie nun eine ähnlich gute Phase einläuten können? Vor allem jetzt, wo Sandro Wagner weg ist, der Ihnen als Angreifer mehr ähnelt als Uth . . .

Szalai: Sandro war auf jeden Fall ein direkter Positionskonkurrent. Ich will der Mannschaft möglichst viel helfen. Aber wir haben schon oft erlebt, dass man sich viel vornimmt und nicht so viel dabei rauskommt. Oder eben, dass man sich nichts vornimmt, und mehr rauskommt (lacht). Ich bin bereit und arbeite für eine gute Rückrunde.

Ich sehe mich nicht als der Nummer-Eins-Stürmer. Ich versuche, Spaß zu haben und der Mannschaft zu helfen.

Adam Szalai

kicker: Dann beziehen wir die Einstiegsfrage mal auf den Wagner-Wechsel: Ist man als Stürmer froh, dass ein Startelfkonkurrent weniger da ist?

Szalai: Da muss ich aufpassen, was ich sage (grinst). Im Ernst: Es gab Phasen, in denen ist es für den einen besser gelaufen, dann wieder für den anderen. Für mich ist nicht automatisch die Tür offen, weil Sandro weg ist, ich sehe mich deshalb nicht als der Nummer-Eins-Stürmer. Ich versuche, Spaß zu haben und der Mannschaft zu helfen.

kicker: Wie ist es für einen Stürmer? Braucht man einen Lauf, um besser zu treffen, um eine breite Brust zu haben? Rein an der sportlichen Qualität ändert mehr Selbstbewusstsein ja messbar nichts . . .

Szalai: Es spielen schon viele Komponenten mit. Was das im Einzelnen ist, kann ich nicht in fünf Minuten erklären.

Lernt immer wieder etwas Neues unter Julian Nagelsmann: Adam Szalai. picture alliance

kicker: Ich habe Zeit . . .

Szalai: Ich aber nicht, da ich gleich zum Training muss (lacht). Für offensive Spieler ist Selbstvertrauen ganz wichtig.

kicker: Bei der TSG wurde viel über Ziele für die Rückrunde gesprochen. Der Trainer freut sich auf mehr intensive Einheiten anstelle von Regeneration. Welchen Faktor macht Training aus?

Szalai: Es ist einfacher, mehr Zeit für die Einstellung auf den nächsten Gegner zu haben, als drei Spiele in einer Woche. Wir haben Qualität, aber auch viele junge Spieler, die neu in der Bundesliga sind. Für sie ist Training noch einmal wichtiger, um unsere Spielphilosophie schneller zu verinnerlichen, um sich zu verbessern.

Für unsere erste Teilnahme im internationalen Wettbewerb war das schon in Ordnung.

Adam Szalai

kicker: Wie ist der Trainer gegenüber der Mannschaft damit umgegangen, dass er plötzlich weniger Zeit für die inhaltliche Tiefe im Training hatte?

Szalai: Wenn die Spieler in der wenigen Zeit zwischen Spiel, Flug und Regeneration mit Input überladen werden, kann das kontraproduktiv sein. Das war bei uns nicht der Fall, weil das Trainerteam diese Informationen optimal platziert und dosiert hat. Auch wenn wir nicht weitergekommen sind, für unsere erste Teilnahme im internationalen Wettbewerb war das schon in Ordnung.

kicker: Der Trainer sagte, dass die Mannschaft vor der Saison mit einer Zielsetzung auf ihn zugegangen sei. War das sehr hoch? Höher noch als letztes Jahr?

Szalai: Das bleibt unter uns, ich weiß schon, dass da versucht wird, etwas rauszulocken (lacht). Wir hatten in drei Wettbewerben die Möglichkeit, etwas zu erreichen. In zweien hat es leider nicht geklappt. Jetzt können wir uns komplett auf die Liga fokussieren.

kicker: Nach dem Aus im DFB-Pokal in Bremen kritisierte Sportchef Alexander Rosen, dass Werders Auftritt wenig mit Fußball zu tun hatte. Spüren Sie, dass immer weniger Mannschaften in der Liga eine konkrete Idee mit Ball verfolgen?

Szalai: Auf jeden Fall. Wir müssen mittlerweile damit klarkommen, dass sich Mannschaften gegen uns hinten reinstellen und nur auf Konter aus sind. Einerseits ist das ein Kompliment für uns, andererseits ist es schade für die Zuschauer. Denn diese Mannschaften haben ja auch eine sehr gute Qualität. Viele wählen die einfachste Art Fußball. Das ist schade. (überlegt lange) Man sieht aber auch, dass Mannschaften mit Trainern der neuen Generation eine andere Philosophie verfolgen.

kicker: Bezogen auf Ballbesitz?

Szalai: Ja. Auf Ballbesitz, eigene Idee, eigenes System. Da sieht man schon viel Neues. Ich lerne bei uns zum Beispiel Sachen, die ich noch nie in meiner Karriere gesehen habe. Und es funktioniert.

Ich bin mir nicht sicher, ob jeder den Sinn darin erkennt, warum man eine Fünferkette spielt.

Adam Szalai

kicker: Spielt dabei das Alter von Trainern eine Rolle?

Szalai: So war das nicht gemeint, eher so, dass es normal ist, dass junge, neue Trainer mit neuen Ideen kommen. Der Fußball hat sich ja verändert in den letzten 20, 30, 40 Jahren. Nehmen Sie die Fünferkette.

kicker: Ja?

Szalai: Vor fünf Jahren war es 4-2-3-1, heute spielt fast jeder mit der Fünferkette. Ich bin mir aber nicht sicher, ob jeder den Sinn darin erkennt, warum man eine Fünferkette spielt.

kicker: Wie kommen Sie zu dieser Annahme?

Szalai: Bei manchen Mannschaften sieht man eben direkt, warum sie Fünferkette spielen. Bei anderen eher nicht.

kicker: Also, dass sie einfach nur extrem massiv und tief stehen wollen?

Szalai: So kann man das sagen, ja.

WM verpasst: Mit der ungarischen Nationalmannschaft lief es nicht so gut für Adam Szalai.

WM verpasst: Mit der ungarischen Nationalmannschaft lief es nicht so gut für Adam Szalai. Getty Images

kicker: Was es für Sie als Stürmer schwieriger macht, weil es enger ist? Oder leichter, weil sie näher am Ziel, am Tor, dran sind?

Szalai: Es gab schon Spiele mit extrem engen Räumen und die Minuten vergehen, ohne dass du einen Ball siehst, weil so ein System schwer zu knacken ist. Manchmal ist es vielleicht einfacher, im Zentrum zu bleiben und auf die eine, entscheidende Situation im Strafraum zu warten (schnippt mit dem Finger, d. Red.).

kicker: In Mainz haben Sie unter Thomas Tuchel trainiert, einem Coach, mit einem für Spieler herausfordernden Trainingsaufbau. Julian Nagelsmann zeichnet ein ähnlich komplexes Training aus. Erkennen Sie da Parallelen, ohne die Menschen vergleichen zu wollen?

Szalai: Da gibt es schön Ähnlichkeiten in der Methodik und in der Fußballidee. Beide haben einen extremen Fußballsachverstand, bauen immer wieder Neues ein, suchen Dinge, die andere noch nicht wissen. Das macht beide aus. Die Einheiten spiegeln die Denkweise eines Trainers wieder. Man sieht das an jedem Wochenende und dann auch an einem langjährigen Konzept.

Da werden teils komplett andere Sachen gelehrt als vor fünf oder vor zehn Jahren. Das zu verinnerlichen, dauert eine Weile.

Adam Szalai

kicker: Ist das für Spieler nicht schwierig, dem immer folgen zu können? Braucht man nicht als Neuer extrem viel Zeit, um reinzukommen?

Szalai: Auf jeden Fall. Ich bin jetzt 30 und sehe, wie gesagt, immer noch Neues. Nicht nur für Stürmer. Wie sollen sich Außenverteidiger, Innenverteidiger oder Sechser verhalten? Da werden teils komplett andere Sachen gelehrt als vor fünf oder vor zehn Jahren. Das zu verinnerlichen, dauert eine Weile.

kicker: Ungarn hat bei der EM 2016 positiv überrascht, in der WM-Quali dagegen lief es nicht. War Frankreich nur ein Zwischenhoch?

Szalai: Ich habe geahnt, dass es in der Gruppe mit Portugal und der Schweiz ganz schwer wird. Es waren aber auch Niederlagen gegen andere dabei, die nicht passieren sollten. Insgesamt bleibt es das gleiche Problem wie seit Jahren: Wir haben in unserer Liga zu wenig qualitativ hochwertige Spieler, die man weiterentwickeln kann.

Ich habe großen Respekt vor dem Trainerjob und weiß nicht, ob ich das könnte.

Adam Szalai

kicker: Liegt das daran, dass wenig Geld investiert wird im ungarischen Fußball?

Szalai: Nein, da wird schon gut finanziert. Es werden zu wenige Talente entwickelt. Es ist kein Zufall, dass man in der Nationalmannschaft so wie jetzt ausländische Trainer braucht.

kicker: Wenn man Sie über die Fünferkette, Tuchel, Nagelsmann und die Trainerprobleme Ungarns reden hört, könnte man schon darauf kommen, dass Sie nach der Karriere einen Platz auf der Bank anstreben. Ist das so?

Szalai: Ich habe großen Respekt vor dem Trainerjob und weiß nicht, ob ich das könnte: Mich von morgens bis abends mit den Einheiten, dem letzten Spiel, dem kommenden Gegner und meinen Spielern zu befassen. Das kann schon extrem anstrengend sein. Oder in einen Kader mit 25 Spielern Frieden reinzukriegen - das kann ganz schwierig sein. Man soll niemals nie sagen, aber ich weiß nicht, ob ich diese Geduld hätte. Interessant wäre es trotzdem.

Interview: Benni Hofmann