Bundesliga

Kölns letzte Chance: Es droht der San-Marino-Status

Freiburg wartet: Endspiel gegen die Bedeutungslosigkeit

Kölns letzte Chance: Es droht der San-Marino-Status

Zwischenlösung mit dem Rettungsauftrag: Kölns Interimstrainer Stefan Ruthenbeck.

Zwischenlösung mit dem Rettungsauftrag: Kölns Interimstrainer Stefan Ruthenbeck. imago

Die Chance war trotz aller Widrigkeiten gegeben. Doch gegen die auf Europa-League-Niveau bestenfalls drittklassige Mannschaft von Roter Stern Belgrad, erwies sich der FC nicht nur gewohnt harmlos in der Offensive, sondern er sendete auch nicht die Signale aus, dass der Vorjahres-Fünfte in dieser Saison noch die Wende inklusive Klassenerhalt schaffen könnte.

Dafür war die Vorstellung beim Debüt von Interimstrainer Stefan Ruthenbeck einfach viel zu schwach. Vor allem nach der Pause. Der Wille, den Turnaround zu erzwingen, mag im Team noch vorhanden sein. Doch ob der Glaube daran noch wirklich existiert?

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Trainersteckbrief Ruthenbeck
Ruthenbeck

Ruthenbeck Stefan

Die Überzeugung im Spiel ist dem FC jedenfalls abhandengekommen, wie Ruthenbeck nach dem 0:1 in Belgrad feststellte. "Wichtig ist, dass die Jungs den Glauben haben, Tore schießen zu können, diesen Druck, in den Sechzehner zu kommen, Abschlüsse zu haben. Dafür alles zu investieren, die entsprechende Körpersprache zu haben, das Tempo, um in die Box zu kommen. Das ist nicht da. Man hat das Gefühl, sie haben ein bisschen den Glauben verloren", so der zwischenzeitlich vom U-19- zum Bundesligatrainer beförderte Ruthenbeck.

Man hat das Gefühl, sie haben ein bisschen den Glauben verloren.

Stefan Ruthenbeck

Der Effekt, dem man sich normalerweise von einem Trainerwechsel erhofft, war in Belgrad nicht zu erkennen. Aber woher hätte diese auch kommen sollen? Schließlich lag der bisherige Trainer Peter Stöger nicht mit einer bedeutenden Menge von Spielern überkreuz, so dass sein Abgang irgendeine Form von Befreiung hätte bewirken können. Spieler aus der zweiten Reihe, die vor dem Trainerwechsel keine Chance erhalten hätten, gab es auch nicht - schließlich spielte zuletzt (wie auch in Belgrad) ohnehin nahezu jeder aus dem Profi-Kader, der einsatzbereit war.

Und zu schlechter Letzt, hatte Ruthenbeck, der bis zur Winterpause nur im Rhythmus englischer Wochen arbeiten kann, nicht wirklich irgendeine realistische Möglichkeit, auf dem Trainingsplatz Entscheidendes zu bewirken. So führt sich dessen Ansage ("Wir werden daran arbeiten müssen, wieder für Automatismen nach vorne zu sorgen") quasi selbst ad absurdum. Wie soll das gehen bei noch vier Partien innerhalb der nächsten elf Tage? Kurzum: Schlechter timen und mit geringeren Erfolgsaussichten versehen konnte man den Trainerwechsel in Köln nicht.

Warum Timo Horn gewaltig irrt

Und in dieser Situation muss dem FC gegen Freiburg gelingen, was auch in Belgrad nicht glückte - ein Sieg. Nach Tagen, die mehr Fragen als Antworten hervorbrachten. "Es ist alles nicht leicht zu verarbeiten. Ich müsste lügen, wenn man sagen würde, dass das alles spurlos an einem vorbeigeht", sagte Timo Horn zu den Geschehnissen beim FC. Der Ausblick des Torhüters aufs Freiburg-Spiel klingt wie eine letzte Durchhalteparole: "Wir haben am Sonntag das nächste Spiel und wir wollen nochmal alles versuchen. Wir haben ein Stück weit nichts mehr zu verlieren in der Bundesliga und wollen in dem Heimspiel nochmal voll auf Angriff gehen."

Wobei das mit dem "nichts mehr zu verlieren" nicht stimmt. Das Gegenteil ist der Fall. Gegen Freiburg geht es für den FC um die realistisch betrachtet letzte Chance, nochmal Anschluss an den Relegationsplatz zu finden und somit auch darum, nicht über eine halbe Saison lang in der sportlichen Perspektivlosigkeit zu versinken. Ohne Sieg gegen den Tabellensechzehnten droht dem FC eine Rolle wie sie Nationen wie San Marino in der WM-Qualifikation spielen - eine Teilnahme, ohne Aussicht auf Erfolg. Eine Rückrunde, in der man zwar noch Spiele gewinnen, aber nicht mehr den Klassenerhalt erreichen könnte.

Ein Horrorszenario nicht nur für viele der 25.000 Dauerkartenbesitzer. Die Spieler hätten kein lohnendes gemeinsames Ziel mehr. Und auch der Klub und der ab Montag offiziell sein Amt antretende Manager Armin Veh könnten das Thema erstklassiger und damit kostspieliger Winterzugänge inklusive neuem Trainer wohl direkt wieder streichen. Letzteren vor einem Halbjahr ohne Erfolgsaussichten und maximalem Depressionspotenzial zu verpflichten, böte das enorme Risiko, dass der geplante Wiederaufstiegstrainer schon vor der ersten Einheit der kommenden Saison als Abstiegstrainer gebrandmarkt und stark beschädigt wäre.

Ein Trainer wie beispielsweise Kiels Markus Anfang müsste schon mit ungesunden Selbstbewusstsein ausgestattet sein, wenn er bei dem möglichen Szenario einer weiteren Pleite schon im Winter am Geißbockheim für die Mission Wiederaufstieg antreten würde. So steht der FC am Sonntag vor einem echten Endspiel. Dem Endspiel gegen die Bedeutungslosigkeit.

Stephan von Nocks