Was sagt man, wenn man sowieso schon tief in der Krise steckt und im Derby aller Derbys einen 4:0-Vorsprung gegen den Erzrivalen aus der Hand gibt? "Ja..." Peter Bosz musste im Anschluss an das 4:4 gegen Schalke am "Sky"-Mikrophon überlegen. "Es ist schwer", gab der Niederländer Einblick in sein Innenleben, stellte, bevor er es mit Erklärungsversuchen probierte, aber klar: "Das darf nicht passieren."
Da wird dem BVB-Coach wohl keiner widersprechen. Dabei hatte es nach 25 Minuten so gut - zu gut? - ausgesehen im 173. Revierderby gegen Königsblau. Die Borussen spielten indisponierte Knappen nach Belieben her, verwerteten jede sich bietende Gelegenheit und hatten schon viermal im Kasten des bemitleidenswerten Ralf Fährmann eingenetzt, da war noch nicht mal eine halbe Stunde gespielt.
Wie war das nochmal mit Krise? "In der ersten Halbzeit haben wir Schalke taktisch komplett zerlegt", analysierte Nuri Sahin, kam aber nicht umher, zu erkennen, dass dann alles zusammenbrach. Aber warum? "Wir haben keinen Fußball mehr gespielt und die Räume nach vorne nicht genutzt", erklärte Bosz. "In der zweiten Hälfte hätten wir vielleicht mit Auba das fünfte Tor machen müssen. Das darf nie passieren, dass man am Ende 4:4 spielt. Auch nicht, wenn wir eine Rote Karte bekommen."
Gewinnen wir aber das Spiel, dann wird nur über die taktische Genieleistung unseres Trainers geredet.
Nuri Sahin verteidigt Trainer Peter Bosz
Die Gelb-Rote Karte für Pierre-Emerick Aubameyang, die Thilo Kehrer in Hälfte eins mit viel Dusel nicht gesehen hatte, passte im Schlussakkord ins Bild. "Er wollte helfen, aber das war zu aggressiv. Vor allen Dingen weil er schon die Gelbe Karte hatte."
Wieder mal erweckte Schwarz-Gelb den Eindruck, dass nach 60 Minuten allmählich die Luft ausging, was sich Bosz, der trotz des bevorstehenden Derbys am Donnerstag nicht trainieren hatte lassen , erneut ankreiden muss. "Fakt ist, dass wir hinter dem Trainer stehen", verteidigte Sahin. "Klar ist, dass jetzt Diskussionen aufkommen und alles kritisiert wird. Dass die Fans und die Südtribüne heute gepfiffen haben, das ist absolut verständlich. Gewinnen wir aber das Spiel, dann wird nur über die taktische Genieleistung unseres Trainers geredet."
Auch Weidenfeller stärkt Bosz den Rücken
Fakt ist auch, dass das nicht eingetreten ist. Die Luft wird immer dünner für Bosz. Das Pokalspiel in Magedeburg (5:0) ausgeklammert, wartet Dortmund seit neun Pflichtspielen auf ein Erfolgserlebnis.
Das Derby, das viele schon als richtungsweisendes Spiel für den Niederländer ausgerufen hatten, derartig aus der Hand zu geben, liefert Bosz keine Argumente. "Es passt zur Situation", stellte er abschließend fest.
Rückendeckung erhielt Bosz auch von Roman Weidenfeller, der einen früheren Anschlusstreffer vorher noch sensationell abgewehrt hatte, vom Trainer müsse jetzt ohnehin keiner reden. "Da sollte sich jeder einzelne Spieler hinterfragen, ob er dann noch alles in die Partie reingelegt hat. Wir kamen nicht mehr in die Zweikämpfe rein, haben keine Kopfballduelle mehr angenommen und keinen Fußball mehr gespielt. Dementsprechend muss man sagen, dass Schalke zu Recht noch den Punkt geholt hat."