Bundesliga

"Nach innen geflankt ...": Trauer um Weltmeister Hans Schäfer

Weltmeister von 1954 mit 90 Jahren verstorben

"Nach innen geflankt ...": Trauer um Hans Schäfer

FC-Ikone Hans Schäfer verstarb im Alter von 90 Jahren.

FC-Ikone Hans Schäfer verstarb im Alter von 90 Jahren. imago

"Bozsik, immer wieder Bozsik. Der rechte Läufer der Ungarn - hat den Ball verloren, diesmal an..." Wer sich in Deutschland ernsthaft für Fußball interessiert, der weiß garantiert, was jetzt kommt: "... Schäfer. Schäfer, nach innen geflankt ..." Sekunden später müsste Rahn aus dem Hintergrund schießen. Rahn schießt, der Rest ist Geschichte.

Jetzt ist dieser Hans Schäfer, der an jenem 4. Juli 1954 in Bern so entscheidend den Ball eroberte, gestorben, knapp drei Wochen nach seinem 90. Geburtstag. Er war neben seinem damaligen Zimmerkollegen Horst Eckel (85) der letzte noch lebende der weltmeisterlichen "Helden von Bern". Wobei Helden? "Es ist doch kein Heldentum, wenn ich ein Spiel gewinne, und sei es eine Weltmeisterschaft", betonte Schäfer einst in der "Zeit". "Es war einfach eine großartige Leistung einer großartigen Mannschaft, die dabei auch viel Glück gehabt hat."

1. FC Köln - Vereinsdaten
1. FC Köln

Gründungsdatum

13.02.1948

Vereinsfarben

Rot-Weiß

mehr Infos
Deutschland - Vereinsdaten
Deutschland

Gründungsdatum

28.01.1900

mehr Infos

Ich habe die Geschichten der WM 1954 schon 1000-mal erzählt, und ich werde nicht müde, davon auch 2000-mal zu berichten.

Hans Schäfer

Mit einer Mischung aus Stolz, Selbstbewusstsein und Bescheidenheit, die Schäfer zeitlebens auszeichnete, blickte er stets zurück auf diesen Tag, der auch sein Leben nachhaltig veränderte: "Jeden Tag werde ich heute noch auf den Titel angesprochen. Darauf bin ich sehr stolz. Ich habe die Geschichten der WM 1954 schon 1000-mal erzählt, und ich werde nicht müde, davon auch 2000-mal zu berichten." Aber eben auf seine Weise.

Hans Schäfer am Ball - hier im März 1954 bei einem Länderspiel gegen das Saarland.

Hans Schäfer am Ball - hier im März 1954 bei einem Länderspiel gegen das Saarland. imago

In Köln wurde Schäfer am 19. Oktober 1927 geboren, und weil sein Vater ein echter Fußballfan war, durfte der junge Johann, wie er eigentlich hieß, Fußball spielen. Erst beim späteren Rot-Weiß Zollstock, dann in Nordhessen beim VfR Volkmarsen und schließlich ab 1948 für den 1. FC Köln, der erst am 13. Februar jenes Jahres gegründet worden war.

Er war der elegante Regisseur des "Real Madrid des Westens"

Alle großen Erfolge des 1. FC Köln bis zur ersten Bundesliga-Meisterschaft 1964 sind mit Schäfers Namen verbunden. Zunächst als kraftvoller Außenstürmer, später als cleverer und eleganter Regisseur prägte er eineinhalb Jahrzehnte die Spielweise des "Real Madrid des Westens". Reichtümer verdiente er mit dem Fußball nicht, es öffneten sich ein paar Türen mehr, "aber gute Arbeit abliefern musste ich immer selbst", sagte Schäfer, der am Ende auf 39 Länderspiele (15 Tore) kam und die Nationalelf bei den WM-Turnieren 1958 und 1962 als Kapitän anführte.

Hans Schäfer: Ein "Kölner Gigant" geht

Trainer wollte er danach nicht werden. "Ich habe gesagt: Wenn ich Trainer werde, verlange ich von den Spielern die gleiche Einstellung zum Sport, wie ich sie hatte. Aber ich weiß, dass es die nicht mehr gibt. Und dann sitze ich da auf der Bank, kriege einen Herzinfarkt, und die anderen kassieren?!", sagte er mal. Als Spieler wurde Schäfer "de Knoll" genannt, frei übersetzt beschreibt dies einen jähzornigen Dickkopf, dessen Haupt gerne mal vor Wut anschwillt.

Ich will 102 Jahre alt werden und mit dem Kölsch in der Hand an der Theke meiner Stammkneipe tot umfallen.

Hans Schäfer an seinem 75. Geburtstag

Seinen FC verfolgte er bis zu seinem Tod. Zu seinem 90. Geburtstag sagte er zum kicker: "Wir feiern im engsten Kreis und werden das eine oder andere Fässchen Kölsch köpfen. Aber am Abend wird der Fernseher angemacht, mit Sicherheit. Der FC soll mich an meinem Geburtstag mit einem Sieg beschenken." Köln verlor mit 0:1 bei BATE Baryssau.

"Ich will 102 Jahre alt werden und mit dem Kölsch in der Hand an der Theke meiner Stammkneipe tot umfallen", hatte er zu seinem 75. Geburtstag gesagt. Fünf Jahre später empfahl er dem kicker im feinsten Kölsch: "Nä, schrieven se jetz 105. Ich han noch zu vill vüür."

Der 1. FC Köln würdigte ihn in seinem Nachruf als den "bedeutendsten FC-Spieler" und einen "der größten deutschen Fußballer aller Zeiten", Präsident Werner Spinner nannte ihn "unsterblich". Wie wahr - nicht nur weil er der letzte deutsche Nationalspieler war, der den Ball berührte, bevor Rahn aus dem Hintergrund schießen musste.

Frank Lußem/jpe