Holtbys Erlösung
In einem Herzschlagfinale im ausverkauften Hamburger Volksparkstadion spielte ausgerechnet Holtby das Zünglein an der Waage. In einer verrückten Szene in der Nachspielzeit bekam der FC eine Flanke von Dennis Diekmeier nicht geklärt. Dann scheiterte Filip Kostic an einem Reflex von Geißbock-Torwart Timo Horn. Schließlich setzte Michael Gregoritsch nach und köpfte quer zu Holtby, der den Ball mit voller Entschlossenheit aus sechs Metern über die Linie ballerte (90.+2). Auf ein flottes Geigenspiel auf den Nervensträngen folgte die pure Erleichterung: Holtby schrei seine Freude heraus, breitete die Arme aus und startete den Jubelflug.
Ich bin so glücklich, dass es geklappt hat.
HSV-Offensivmann Lewis Holtby
Für den 26-Jährigen war es das erste Saisontor. Zuvor erlebte der Blondschopf mit 2172 torlosen Minuten die längste Durststrecke seiner Karriere. Ausgerechnet in seinem 300. Profi-Einsatz ging der Knoten auf und brachte dem HSV drei wichtige Punkte. "Das war ein ganz wichtiger Sieg, wir wollten das heute unbedingt gewinnen", gab Holtby zu Protokoll. "Was für ein emotionales Ende des Spiels", staunte auch sein Trainer Markus Gisdol, der in seinem 4-2-3-1-System an Holtby als Zehner festhielt. Der Offensivmotor zahlte das Vertrauen mit fast 13 Kilometern Laufleistung, drei Torschüssen, zwei Torschussvorlagen und dem alles entscheidenden Treffer zurück.
Müller: Erst geschichtsträchtig, dann verletzt
Spielbericht
Ein weiterer Faktor für den Erfolg war Nicolai Müller. Der flinke Flügelflitzer hatte Hamburg in der 13. Minute in Führung geschossen, als er einen Querpass von Bobby Wood per Tunnel in die Maschen drückte. Ein geschichtsträchtiger Treffer - es war der 2900. für den HSV in der Bundesliga. Unterm Strich war der Fußballnachmittag für den 29-Jährigen trotzdem eher bittersüß: Gegenspieler Marco Höger landete in der 52. Minute unglücklich auf seinem Knie - Müller musste kurz darauf verletzt ausgewechselt werden .
Modeste abgemeldet
Trotz dieses Rückschlags stimmte Kampf und Einsatz bei den Hanseaten, die in der zweiten Hälfte offensiv mehr anboten - und dabei auch die Defensivarbeit nicht vernachlässigten. Kölns Top-Torjäger Anthony Modeste war über 89 Minuten komplett angemeldet - hätte aber gleich in der 1. Spielminute per Fallrückzieher treffen können. Insofern verdiente sich auch die Abwehr ein Sonderlob - immerhin wurde der 22-Tore-Mann der Geißböcke erfolgreich aus dem Spiel genommen. "Das war ein Wahnsinnsgefühl heute", strahlte Ex-Kölner Mergim Mavraj, einer der Modeste-Bewacher, hinterher und mahnt: "Wir müssen unbedingt weiter fokussiert bleiben."
Keine Entwarnung im Abstiegskampf
Das gibt nämlich die Tabellensituation vor: Der HSV ist zwar seit vier Spielen ungeschlagen und holte zehn von zwölf möglichen Punkten (3/1/0, 5:2 Tore). Eine vorzeitige Rettung liegt aber noch in weiter Ferne, weil auch viele der Konkurrenten weiter punkten. Der positive Trend der letzten Wochen hebt die Rothosen zumindest über Nacht auf Rang 13. Am Sonntag könnten Mainz (in Ingolstadt) und Wolfsburg (in Leverkusen) jedoch wieder vorbeiziehen. Hamburg droht wie vielen anderen Mannschaften in der Bundesliga ein Herzschlagfinale - mit diesem Gefühl können die Hanseaten aber offenbar umgehen.