Von hier ging im Dezember 2012 das donnerndste Schweigen aus, als die Fans in Deutschland, auch auf den Sitzplätzen, gegen übertriebene Maßnahmen aus einer hysterischen Sicherheitsdebatte protestierten. Hier entstanden Ideen wie die Tennisballdemonstration in Stuttgart gegen zu hohe Eintrittspreise. Hier lässt man sich gerne und zu Recht feiern für beeindruckende, gelungene Choreografien oder das minutenlange Singen von "You'll never walk alone", wenn ein Zuschauer im Stadion den Herztod stirbt.
Umso größer ist jetzt die Aufregung über den Antrag des DFB-Kontrollausschusses, die Südtribüne bei einem Bundesligaspiel komplett und nicht nur teilweise zu sperren. Fällt auch das Urteil so hart aus? Der Strafantrag hat spitzfindige juristische Debatten über Kollektivstrafen ebenso ausgelöst wie verschwurbelte Verschwörungstheorien über den DFB oder Vergleiche mit Zuschauerausschlüssen in ostdeutschen Stadien in der Vergangenheit. Das komplette, in solchen Fällen übliche Programm, nur noch viel wuchtiger, weil es die "Süd" ist.
Borussia Dortmund - Vereinsdaten
Gründungsdatum
19.12.1909
Vereinsfarben
Schwarz-Gelb
Bundesliga - 20. Spieltag
Umfrage: Sperrung der kompletten Südtribüne - eine zu harte Strafe?
Vor allem aber treibt die angekündigte Strafe zwei viel wichtigere Debatten an: die über das komplizierte Innenleben der "Süd" und die sich dort ausbreitenden Schläger, die sie wirklich bedrohen; und die über den Protest gegen RB Leipzig, der völlig aus dem Ruder gelaufen ist.
So, wie der Fußball ein Brennglas ist für den Zustand der Gesellschaft, spiegelt die Südtribüne den Zustand der Fußball- und speziell der Fankultur hierzulande wider. Der vergangene Samstag hat da ein zerrissenes, verdammt schlechtes Bild gezeigt.
Leere "Süd" für einen Spieltag - es wäre ein Fanal über Dortmund hinaus. Ein Zeichen, dass die allgemeine Heuchelei über den Kommerz im Fußball aufhören muss, dass die Kritik daran erlaubt, aber nie so widerlich sein darf, dass es die Fußballkultur der wahren Fans ist, die von einer radikalen Minderheit bedroht wird.
Jörg Jakob, kicker-Chefredaktion
