Aus Frankfurts Trainingslager in Abu Dhabi berichtete Julian Franzke
Wer sind die Gewinner und wer die Verlierer?
Marco Russ hat nicht nur den Hodenkrebs besiegt, sondern auch sein großes Ziel erreicht, in Abu Dhabi wieder mit der Mannschaft zu trainieren. Beinahe alle Einheiten konnte der Innenverteidiger komplett absolvieren, von Rückschlägen wie muskulären Verletzungen blieb er verschont. Auch wenn der 31-Jährige noch mehrere Wochen Zeit brauchen wird, bis er eine Alternative ist, zählt er eindeutig zu den Gewinnern. Neuzugang Max Besuschkow (VfB Stuttgart II) hat sich gleich gut eingefügt und gezeigt, dass er nicht nur über eine gute fußballerische Ausbildung verfügt, sondern auch einen ordentlichen Torabschluss. Für den erst 16-jährigen Sahverdi Cetin war allein schon die Teilnahme am Trainingslager eine tolle Sache. Der Kapitän der U17 hat gezeigt, dass er ein guter Kicker ist, wird aber freilich erst mal wieder zum Nachwuchsleistungszentrum in den Riederwald zurückkehren. Ante Rebic hat sein großes Potenzial in der Offensive immer wieder aufblitzen lassen, bei ihm bleibt aber abzuwarten, ob er seine Schwächen gegen den Ball in den Griff kriegt. Der Kroate scheint jedoch etwas näher an die Mannschaft herangerückt zu sein. Youngster Aymen Barkok stach mit seiner exzellenten Technik immer mal wieder heraus, seine Spielanteile dürften in der Rückrunde weiter steigen.
Spielersteckbrief Russ
Spielersteckbrief Meier
Spielersteckbrief Besuschkow
Spielersteckbrief Rebic
Eintracht Frankfurt - Vereinsdaten
Gründungsdatum
08.03.1899
Vereinsfarben
Rot-Schwarz-Weiß
Trainersteckbrief Kovac
Verletzungsbedingt zählt Andersson Ordonez (Außenbanddehnung im rechten Knie) zu den Verlierern, der Neuzugang verpasste fast das komplette Trainingslager. Sorgen gibt es auch um Szabolcs Huszti (Achillessehnenreizung), der seit einer Woche nicht mit dem Team trainieren kann. Sollte der Ungar am Dienstag wie geplant ins Training einsteigen können, steht er in Leipzig aber zur Verfügung. Bei Haris Seferovic scheint sich die offene Zukunftsfrage nicht gerade förderlich auf seine Leistungen auszuwirken. Der Stürmer vergab in den Trainingsspielen zu viele Großchancen, beim Abschluss fehlte ihm zuweilen die richtige Körperspannung. In dieser Verfassung wäre er auch in der Rückrunde nicht mehr als ein Backup. In Sachen Effizienz und Torschuss-Sonderschichten könnte er sich bei Kapitän Alex Meier eine Scheibe abschneiden.
Wer kommt noch? Wer soll gehen?
Slobodan Medojevic, Joel Gerezgiher und Enis Bunjaki durften mangels sportlicher Perspektive nicht mit ins Trainingslager und können den Verein sofort verlassen. Bei Seferovic wird die Eintracht alles daransetzen, den Angreifer für einen Betrag im niedrigen siebenstelligen Bereich zu verkaufen, damit er im Sommer nicht ablösefrei wechselt. Doch auch wenn der Schweizer Nationalstürmer bleibt, könnte noch ein junger Perspektivstürmer geholt werden. Sinn ergeben würde außerdem die Verpflichtung eines defensiven Mittelfeldspielers, da die Personaldecke in diesem Mannschaftsteil vergleichsweise dünn ist.
Gibt es Verletzte?
Außer den erwähnten Ordonez und Huszti fehlte im abschließenden Test gegen Zenit St. Petersburg (0:0) auch Jesus Vallejo. Der Innenverteidiger musste bereits das Training am Freitag sausen lassen, dabei soll es sich aber um eine reine Vorsichtsmaßnahme handeln. Auch der leicht angeschlagene Stürmer Branimir Hrgota wurde geschont. Rechtsverteidiger Yanni Regäsel (Hüft-OP) und Mittelfeldspieler Marc Stendera (Kreuzbandriss) stehen weiterhin nicht zur Verfügung. Das gilt auch für Innenverteidiger Bamba Anderson, der seit einer Operation am Knie im Mai 2015 ausfällt. Rechtsverteidiger Guillermo Varela, der sich am 2. Spieltag einen Deltabandriss zugezogen hatte, trainierte in Abu Dhabi mit Reha-Coach Martin Spohrer individuell und dürfte zeitnah ins Teamtraining zurückkehren. Linksverteidiger Taleb Tawatha (Innenbandanriss im Knie) kann inzwischen wieder voll mit der Mannschaft trainieren, Flügelstürmer Danny Blum (Innenbandriss) absolviert zumindest Teile des Mannschaftstrainings.
Gab im Bedarfsfall auch energisch die Richtung vor: Trainer Niko Kovac. imago
Hat sich jemand plötzlich oder überraschend in den Vordergrund gespielt?
Da die bisherigen Stammspieler gut trainiert haben, wird sich das Gesicht der Mannschaft, die beim Auftakt in Leipzig auf dem Platz steht, allenfalls geringfügig verändern. Die eine große Überraschung des Trainingslagers gibt es nicht.
Wie ist die Stimmung nach dem Trainingslager?
Bei aller Anstrengung hatte die Mannschaft auch Spaß im sonnenverwöhnten Luxustempel Emirates Palace. Die Eistonnen, die nach den Einheiten zur Regeneration bereitstanden, wurden zu allerhand Scherzen genutzt, auch das Umherdüsen in der Anlage mit Golfwagen sorgte für Heiterkeit. Der überraschend gute Saisonverlauf mit Platz 4 trägt ebenso zu einer positiven Atmosphäre bei. Kovac hatte allerdings stets ein sehr wachsames Auge und wurde sofort laut, wenn sich im Training Unaufmerksamkeiten oder eine zu große Lockerheit einschlichen.
