Bundesliga

Petersen und Niederlechner: Eine besondere Rivalität

Freiburg: Zwei Stürmer für einen Platz

Petersen und Niederlechner: Eine besondere Rivalität

Seltenes Bild: Gemeinsamer Jubel auf dem Platz der Freiburger Stürmer Nils Petersen und Florian Niederlechner.

Seltenes Bild: Gemeinsamer Jubel auf dem Platz der Freiburger Stürmer Nils Petersen und Florian Niederlechner. imago

Aus Freiburgs Trainingslager in Sotogrande/Spanien berichtet Carsten Schröter

Ein Tisch steht als Puffer dazwischen, als sich die Angreifer im Freiburger Teamhotel zum gemeinsamen Gespräch bereit erklären. Gebraucht hätte es diesen jedoch gar nicht. Es wird viel gescherzt und gelacht. Petersen und Niederlechner pflegen ein besonderes Verhältnis, ein besonders entspanntes. Dem kann die Konkurrenzsituation um die Position des einen echten Neuners im Streich-System nichts anhaben. Womöglich trägt sie sogar dazu bei.

"Ich selbst hatte früher oft Konkurrenten, die mir nichts gegönnt haben, nie Glück gewünscht haben. So wollte ich nie sein. Ich gebe Flo mehr Worte mit ins Spiel als jedem anderen Spieler", sagt Petersen, der vor seiner Freiburger Zeit bei Carl Zeiss Jena, Energie Cottbus, Bayern München und Werder Bremen zahlreiche Erfahrungswerte sammelte.

Ich selbst hatte früher oft Konkurrenten, die mir nichts gegönnt haben, nie Glück gewünscht haben. So wollte ich nie sein. Ich gebe Flo mehr Worte mit ins Spiel als jedem anderen Spieler.

Nils Petersen

Gerade Petersens Bayern-Saison 2011/12 beobachtete Niederlechner genau und aus geringer Entfernung - er war seinerzeit bei Drittligist Unterhaching aktiv: "Ich habe zu Nils aufgeschaut und freue mich, jetzt mit ihm zusammenspielen zu dürfen. Wenn wir 1:0 gewinnen, ich habe gespielt und er hat als Einwechselspieler das entscheidende 1:0 erzielt - das ist genauso schön wie andersrum."

Schon dreimal schlug Edeljoker Petersen eiskalt und entscheidend zu, nachdem er Niederlechner an der Mittellinie abgeklatscht hatte: In den Heimspielen gegen Gladbach (3:1), Frankfurt (1:0) und Augsburg (2:1). Gerade zu Saisonbeginn lief es bei Niederlechner im Abschluss nicht rund, er ackerte, rieb sich in Zweikämpfen auf, und Petersen griff anschließend in wenigen Minuten Einsatzzeit die Lorbeeren ab. "Da haben Freunde zu mir gesagt: Der Niederlechner muss dich doch hassen. Der rennt und macht wie verrückt, dann kommst du rein und schießt das Tor", erzählt Petersen.

Hass war es eher nicht, dennoch gibt Niederlechner zu: "Man denkt in der Tat manchmal: Das gibt es doch nicht." Die Vollstrecker-Qualitäten des zwei Jahre älteren Kollegen bewundert er: "Im Testspiel gegen Vaduz kommt er zweimal im Strafraum an den Ball und zweimal ist er drin. Das ist eine unfassbare Qualität. Im Training schießt er manchmal nur ganz leicht, der Ball holpert irgendwie rum, aber er ist drin. Unfassbar. Diese Qualität, diese Lockerheit vor dem Tor hat man, oder man hat sie nicht."

Aber auch Niederlechner steuerte gegen Vaduz, als Streich sein unterschiedliches Duo mal wieder gemeinsam in die Anfangsformation beorderte, einen Treffer zum 3:1 bei. Überhaupt hat der bullige Kämpfertyp gegen Ende des Jahres seine Torbilanz aufgemöbelt, weiß nun wie Petersen fünf Tore auf seinem Konto. Dass Letzterer (zwei Assists) dafür mit 539 Minuten nicht einmal die Hälfte von Niederlechners Einsatzzeit (1128 Minuten, ein Assist) benötigte, ist auch der Tatsache geschuldet, dass sich in der Schlussphase der Partien die Räume öffnen, die Abwehrspieler, auch durch Niederlechners unermüdlichen Einsatz, bereits intensiv gefordert wurden.

Jetzt musst du gegen den Publikumsliebling Petersen antreten. Wenn der reinkommt, dann kocht das Stadion. Den verdrängen? Na super.

Florian Niederlechner

Das schätzt Petersen an seinem Vorarbeiter: "Dieses Durchsetzungsvermögen, diese Kopf-durch-die-Wand-Mentalität. Wenn es zweimal nicht geklappt hat, versucht er es eben ein drittes Mal." Petersen, ein echter Fußball-Junkie, der in seiner Freizeit Spiele, Ergebnisse und Statistiken bis zum Abwinken konsumiert, kannte Niederlechners Profil genau, als dieser Ende Januar 2016 zum Sportclub wechselte. "Ich habe Flo schon während seiner Zeit in Heidenheim beobachtet. Und als er damals zu uns kam, wusste ich: Das wird ein schwieriger Konkurrent." Aber auch Niederlechner dachte damals: "Jetzt musst du gegen den Publikumsliebling Petersen antreten. Wenn der reinkommt, dann kocht das Stadion. Den verdrängen? Na super."

Inzwischen hat es Niederlechner trotzdem geschafft, startete 13-mal, Petersen nur zweimal, kam dafür 13-mal als Joker und saß einmal, beim 1:1 auf Schalke, 90 Minuten auf der Bank. Eine klare Arbeitsteilung, mit der sich auch der vermeintlich Benachteiligte derzeit gut arrangieren kann. "Das Problem ist: Es läuft ja gut. Ich treffe. Würden wir zwei Mal verlieren und ich kein Tor machen, wäre ich natürlich genervt und würde von Beginn an spielen wollen. Das ist doch das Normalste der Welt. Ich werde auch oft gefragt: Gönnen Sie Florian Niederlechner, dass er von Beginn an spielt? Da kann ich nur sagen: Wir sind Achter. Und ich bin froh, Einwechselspieler bei einem Team zu sein, das auf Platz acht steht", sagt Petersen, der offen einräumt, dass "es gegen den Ball Bessere im Kader gibt". Bei der für den SC enorm wichtigen Defensivarbeit macht er jedoch Fortschritte, auch um sich für die Startelf zu empfehlen. Aktuell fühle er sich aber "nicht als Reservist", weiß, dass "mir die Jokerrolle gut liegt".

Dessen ist sich auch Trainer Streich bewusst, der mit dieser Strategie jederzeit einen begnadeten Vollstrecker von der Bank bringen kann. Ein riesiges Pfund für den Aufsteiger. Zumal Petersen eben erstaunlich reif und teamorientiert mit seiner Rolle umgeht: "Ich könnte ja auch Stunk machen. Mache ich aber nicht. Auch, weil es Vorbilder wie Julian Schuster und Karim Guédé gibt, die manchmal nicht einmal im Kader waren und sich trotzdem immer voll eingebracht haben."

Funktioniert das Job-Sharing in der vordersten Freiburger Linie weiterhin so erfolgreich, dann werden die Klub-Verantwortlichen spätestens im Mai die Kaufoption (zwei Millionen Euro) in Niederlechners Ende Juni 2017 auslaufendem Leihvertrag mit Mainz 05 ziehen.

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