Bundesliga

Neues Feindbild: Hoeneß eröffnet "Abteilung Attacke"

Rückkehr als Bayern-Präsident nach 987 Tagen

Neues Feindbild: Hoeneß eröffnet "Abteilung Attacke"

Zurück im Amt als Bayern-Präsident: Uli Hoeneß.

Zurück im Amt als Bayern-Präsident: Uli Hoeneß. imago

Um 22.45 Uhr war er wieder da: Nach 987 Tagen kehrte Uli Hoeneß als Präsident zu seinem FC Bayern zurück. 97,7 Prozent der 7152 anwesenden Mitglieder wählten ihn auf der Jahreshauptversammlung des FC Bayern am Freitagabend. 108 Gegenstimmen und 58 Enthaltungen repräsentierten eine klare Minderheit. Bei der Verkündung des Ergebnisses brandete lautstarker Jubel auf, "Uli Hoeneß, du bist der beste Mann" schallte es durch den Audi-Dome.

"Applaus, Applaus" heißt einer der Hits der Sportfreunde Stiller. Und davon verteilten die Mitglieder reichlich an diesem denkwürdigen Abend. Natürlich für Hoeneß, aber auch für den bis 21.45 Uhr anwesenden Cheftrainer Carlo Ancelotti, für den nicht erschienenen Ex-Sportvorstand Matthias Sammer, für Pep Guardiola und ganz besonders für Karl Hopfner, der nach 33 Jahren als Geschäftsführer, Finanzvorstand, Vize-Präsident, Präsident und Aufsichtsratschef seinen Abschied feierte. Gleich dreimal im Verlaufe des Abends schenkten ihm die Fans stehende Ovationen. "Das berührt mich wirklich", sagte der stets im Hintergrund wirkende Hopfner. Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge nannte ihn den "ersten Diener des FC Bayern" und sprach vom Hopfner-Sozialprodukt in Bezug auf den wirtschaftlichen Erfolg der Münchner. Wenn es sportlich mal nichts so viel zu feiern gibt, feiert man sich eben selber, hätte als Motto des Abends gepasst.

Trainersteckbrief Ancelotti
Ancelotti

Ancelotti Carlo

Bayern München - Vereinsdaten
Bayern München

Gründungsdatum

27.02.1900

Vereinsfarben

Rot-Weiß

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Ein bisschen Folklore und viel Pathos gehören zu so einer Versammlung, Sprüche natürlich auch. Dieter Mayer, 1. Vizepräsident im Kabinett Hoeneß, haute den ersten des Abends raus. Er berichtete von dem fehlgeschlagenen Versuch, die Bayern aus dem Vereinsregister löschen zu lassen: "Der FC Bayern wird immer bestehen, zumindest so lange, wie auf diesem Planten Fußball gespielt wird."

"Wir haben keinen Hasan Ismaik, Gott behüte"

Karl-Heinz Rummenigge beherrscht die Kunst der emotionalen Rede weniger, aber auch Bayerns Vorstandsboss hatte einen auf Lager: "Wir werden nicht fremdfinanziert. Wir haben keinen Hasan Ismaik, Gott behüte uns vor solchen Leuten." Lautes Gejohle im Saal. Die sportlichen Erfolge der vergangenen Saison liefen per Video dreieinhalb Minuten über die Leinwand, Rummenigge verteilte die Schulnote 1 an Trainer und Mannschaft. Und er ließ eine Kampfansage an RB Leipzig los, das während der Versammlung munter weiter siegte - 4:1 in Freiburg: "Mit dem Spiel gegen Leverkusen morgen beginnt eine neue Zeitrechnung. Wir sind jetzt der Jäger. Aber im Frühjahr wollen wir wieder die Meisterschaft auf dem Rathausbalkon feiern. Diese Genugtuung sollten wir uns auch in diesem Jahr gönnen."

Leipzig hat 4:1 gewonnen, wir haben neben Dortmund einen zweiten Feind, den wir jetzt endlich wieder attackieren können. Wenn man ehrlich ist, mussten wir die letzten Jahre die Motivation immer aus uns selbst holen. Es ist höchste Zeit, dass mal wieder ein paar kommen, damit wir sie wieder richtig bekämpfen können.

Uli Hoeneß zeigt altbekannten Kampfgeist

Der Abend aber gehörte Uli Hoeneß und seiner Rückkehr an den mit nun 284.041 Mitgliedern weiterhin größten Verein der Welt. Das merkte man schon um 19.21 Uhr, als er unter lautem Jubel die Halle betrat, hunderte Mitglieder warteten zu diesem Zeitpunkt noch vor der Halle oder dem Zusatzzelt auf Einlass, teils machten sie ihrem Unmut laut Luft. Ein Fan im Dome trug sogar ein Trikot mit der Nummer 16 und "Mia san Uli". Vor der Wahl wünschte Rummenigge Hoeneß "eine schöne, erfolgreiche und emotionale Rückkehr in dein Amt. Ich gönne Dir von ganzem Herzen die verdiente Rückkehr und bin neugierig auf die neuerliche Zusammenarbeit mit Dir." Diese wünscht sich der Vereinsboss "vertrauensvoll, harmonisch, loyal, respektvoll und qualitativ hochwertig".

Briefe haben Hoeneß "die Kraft gegeben"

Um 22.18 Uhr betrat Hoeneß das Podium, neun Minuten dauerte seine Bewerbungsrede. Er sprach über seine zwei Familien, die ihm die Kraft zur Rückkehr gaben: die private und den FC Bayern. Und er gewährte Einblick in seine Zeit in der Haft: "Die Liebe und Freundschaft, die ich erleben durfte, hat mich in der Haft angetrieben. Ich habe 5500 Briefe erhalten. Immer, wenn ich nicht weiterwusste, habe ich diese Briefe gelesen. Manchmal habe ich dabei geweint wie ein Schlosshund, aber sie haben mir die Kraft gegeben."

Karl-Heinz Rummenigge und Uli Hoeneß

Arbeiten ab sofort wieder zusammen: Karl-Heinz Rummenigge und Uli Hoeneß. imago

Hoeneß sagte, er respektiere jeden im Saal, der ihm wegen seines Fehlers seine Stimme nicht gebe. Aber er habe auch alles getan, um diesen wiedergutzumachen und seine Steuerschulden bis auf den letzten Cent bezahlt. "Ich bitte sie um eine zweite Chance und verspreche ihnen, dass ich alles tun werde, um ihre Erwartungen zu erfüllen. Wenn es sein muss sieben Tage die Woche." Und dann folgte eine erste Ankündigung künftiger Attacken: "Die Fähigkeit, Probleme klar anzusprechen, schläft nicht, sie ruht nur, sie kann jederzeit zurückkommen." Eine erste Kostprobe gab er, als er RB Leipzig als neuen, "zweiten Feind" neben dem BVB bezeichnete, "den wir jetzt endlich wieder attackieren können".

Die Mitglieder goutierten es, bei den Gegenstimmen hagelte es Buhrufe. Die Versammlung war nicht zu Ende, als Hoeneß gewählt wurde, viele gingen trotzdem schon heim. Im Mittelpunkt stand eben nur einer.

Frank Linkesch

Uli Hoeneß - der Baumeister des FC Bayern