Bundesliga

kicker im Dialog: "Ohne Fans wär hier gar nix los!"

Großes Potenzial, Angst vor dem Kommerz: Spannende Diskussion im Fußballmuseum

kicker im Dialog: "Ohne Fans wär hier gar nix los!"

Hochkarätig besetzte Gesprächsrunde "kicker im Dialog" in Kooperation mit dem Deutschen Fußballmuseum in Dortmund.

Hochkarätig besetzte Gesprächsrunde "kicker im Dialog" in Kooperation mit dem Deutschen Fußballmuseum in Dortmund. DFM

Moderiert von kicker-Chefredakteur Jörg Jakob diskutierten Hendrik Große Lefert (DFB-Sicherheitsbeauftragter), Ansgar Schwenken (DFL-Direktor Fußball-Angelegenheiten und Fans), Michael Gabriel (Leiter Koordinierungsstelle Fanprojekte), Professor Gunter A. Pilz (Fanforscher Uni Hannover) und Daniela Wurbs (Sprecherin Football Supporters Europe) 90 Minuten plus Nachspielzeit unter dem Motto "Ohne Fans wär hier gar nix los!" vor 80 Besuchern über die brennendsten Themen.

Einig waren sich alle Experten, dass die Fanszene in Deutschland besonders ist und in vielerlei Hinsicht weltweit bewundert und beneidet wird. "Wir haben ein unglaubliches Potenzial in der Fankultur. Fans tun viel dafür, der Mannschaft zu helfen und sind Bestandteil des Spiels", sagte Michael Gabriel und verwies auf das Beispiel Union Berlin, wo Anhänger das Stadion an der Alten Försterei ehrenamtlich renoviert haben. Dennoch herrscht derzeit eine große Unzufriedenheit unter den Fans. "Es geht für uns nur noch darum, Freiräume zu bewahren und vor Eingriffen zu schützen", beschrieb Daniela Wurbs das harte Kämpfen um den Status Quo. Fanforscher Professor Gunter A. Pilz ergänzte: "Die Verbesserungen gehen immer in Richtung von Sicherheit und nicht zur Förderung der Fankultur."

"Die Fans fühlen sich unter Druck und nicht gewollt"

Immerhin: Seit den großflächigen Protesten Ende 2012 ist das Bewusstsein gerade bei der DFL deutlich gestiegen. "Wir müssen viel individueller arbeiten, das haben wir aus 12:12 gelernt", sagt der zuständige Direktor Ansgar Schwenken und führt die danach eingeführten örtlichen Fandialoge als Lizenzbedingung an. Der DFB-Sicherheitsbeauftragte Hendrik Große Lefert sah das ähnlich: "Die Debatte 2012 war hilfreich und hat alle an einen Tisch geholt. Wir müssen mehr Anerkennung für die positiven Aspekte der Fanarbeit haben." Die Sorgen und die Unzufriedenheit von 2012 sind allerdings inzwischen wieder in der Szene angekommen, wie Gabriel berichtet: "Die Fans fühlen sich unter Druck und nicht gewollt." Zumal die Dialogbereitschaft der Verbände von den Fans oftmals als "Pflichterfüllung" wahrgenommen wird, wie Wurbs berichtet: "Viele haben das Gefühl, es wird geredet, aber es passiert nichts."

"Der neue Spielplan ist von den Anstoßzeiten näher an die Fans herangerückt"

Das gilt auch für das Thema Kommerzialisierung, gerade in Bezug auf den neuen TV-Vertrag, in dem ab der Spielzeit 2017/18 erstmals fünf Montagsspiele pro Saison verankert sind. DFL-Vertreter Schwenken ist allerdings "überzeugt", dass sich die Bundesliga nicht von den Fans entfernt: "Der neue Spielplan ist von den Anstoßzeiten näher an die Fans herangerückt." So sei "auf Bitten der Fangruppierungen" ein Zweitliga-Spieltermin von Freitag auf Samstag gelegt worden. Diese im Dialog getroffene Entscheidung bewertete Gabriel positiv: "Die Reaktion der DFL auf einen Fandialog ist bemerkenswert. Es wird offenbar auch zugehört und Entscheidungen abgewogen." Wurbs merkte allerdings kritisch an, dass "alle nur gucken, wie man mehr Gelder generieren kann". Die Kommerzialisierung sei bei allen positiven Aspekten eine "schleichende Entwicklung weg von denen, die das geformt haben und hin zum Publikum außerhalb des Stadions".

"Ein Stadion ohne Stimmung ist nicht das, was wir wollen"

Klar wurde trotz aller Differenzen eins: "Der kleinste gemeinsame Nenner liegt nicht weit auseinander", wie es Große Lefert formulierte. Denn im Grunde wollen alle Vertreter dasselbe: Eine gesunde, lebendige und friedliche Fanszene in Deutschland. So lautete das Schlusswort von Jörg Jakob nach einer spannenden Diskussion: "Ein Stadion ohne Stimmung ist nicht das, was wir wollen."

Patrick Kleinmann