Bundesliga

Kanzlei stellt Eilantrag gegen Innenstadtverbot

Hessenderby: Ausschreitungen im Hinspiel

Kanzlei stellt Eilantrag gegen Innenstadtverbot

Eskalation in Frankfurt: Polizeieinsatz gegen Randalierer auf dem Spielfeld.

Eskalation in Frankfurt: Polizeieinsatz gegen Randalierer auf dem Spielfeld. imago

Fraglich und schwierig sei, eine genaue Definition des Begriffs "Eintracht-Anhänger" zu finden. Und selbst dann gebe es Ausnahmen: "Was ist mit Fans, die berufliche oder private Termine in Darmstadt haben oder da wohnen?"

Ein Sprecher der Stadt Darmstadt widersprach der Einschätzung: "Es ist eine Allgemeinverfügung auf Grundlage des hessischen Gesetzes, da eine Gefahr für Sicherheit und Ordnung besteht." Ein juristischer Einspruch gegen diese Verfügung ist möglich und wurde auch am Donnerstag eingereicht. Bereits 2012 wurde ein Betretungsverbot Nürnberger Fans für die Innenstadt von Fürth noch vor dem Spieltag nächstinstanzlich gekippt.

SV Darmstadt 98 - Vereinsdaten
SV Darmstadt 98

Gründungsdatum

22.05.1898

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Blau-Weiß

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Eintracht Frankfurt - Vereinsdaten
Eintracht Frankfurt

Gründungsdatum

08.03.1899

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Der Eilantrag gegen das Aufenthaltsverbot ging beim Verwaltungsgericht in Darmstadt ein, dies bestätigte Jürgen Gasper, Sprecher der Behörde, dem hr-sport. Die örtliche Kanzlei Lankau habe einen Antrag eingereicht, der allen formalen Ansprüchen entsprach, hieß es. "Wir vertreten einen Eintracht-Fan, der in Darmstadt wohnt, einen verheirateten Familienvater", erklärte Anwalt Tobias Timo Weitz der Deutschen Presse-Agentur.

Das Verwaltungsgericht hat die Stadt um eine Stellungnahme gebeten. Nach Angaben von Gasper könnte die Entscheidung noch an diesem Donnerstag fallen. Ein weiterer Antrag ist von der Frankfurter Anwältin Waltraud Verleih angekündigt, die den 40.000 Mitglieder starken Fanklubverband der Eintracht vertritt.

Wie die Verfügung am Wochenende von der Polizei durchgesetzt werde, sei situativ zu beurteilen. Die Stadt Darmstadt rät aber, keine Fankleidung zu tragen.

Klubs nicht in den Entscheidungsprozess einbezogen

Die Verantwortlichen bei Eintracht Frankfurt zeigten sich unterdessen verwundert, dass sie von dem Innenstadtverbot zwischen dem 29. April, 19 Uhr, und dem 1. Mai, 7 Uhr, aus der Pressemitteilung der Polizei Südhessen erfahren haben und nicht in den Entscheidungsprozess einbezogen waren. Vorstand Axel Hellmann und Justiziar Philipp Reschke werden außer der Reihe auf der obligatorischen Sicherheitsbesprechung am Mittwochnachmittag anwesend sein und ihren Unmut dort auch persönlich vortragen. "Gerade Politik und Sicherheitsträger fordern regelmäßig von den Vereinen und Verbänden die Notwendigkeit des konstruktiven und steten Dialogs ein und nehmen Vereine und Verbände bezüglich der Sicherheitskonzepte in die Verantwortung. Eine derartige Maßnahme zu treffen, durch die Eintracht Frankfurt schon allein durch die Außenwirkung unmittelbar betroffen ist, ohne uns im Vorfeld miteinzubinden oder auch nur ein Meinungsbild abzufragen, ist mit diesen Forderungen unvereinbar", sagte Hellmann.

Vonseiten der Stadt Darmstadt hieß es, dass eine Information im Vorfeld geplant gewesen war, es nun aber unklar sei, an welcher Stelle die Kommunikation gescheitert ist. Auch die Überlegung, die Vereine mit einzubeziehen, habe es gegeben. Schlussendlich haben sich Stadt und Polizei allerdings dagegen entschieden. Auch die grundsätzliche Entscheidung wurde von Jurist Hellmann angezweifelt: "Diese Maßnahme ist im Kern nicht geeignet, eine Unterscheidung zwischen gewaltbereiten und allen anderen Fans von Eintracht Frankfurt zu treffen. Sie richtet sich damit in unverhältnismäßiger Art und Weise gegen die bloße Gesinnung, mit Eintracht Frankfurt zu sympathisieren, und dies kann nach unserer Auffassung nicht Gegenstand staatlichen Handelns sein." Klar sei aber auch: "Wir wollen ein friedliches Derby und distanzieren uns von Gewalt jeder Art. Wer Gewalt sucht oder ausübt, ist mit allen zur Verfügung stehenden, rechtsstaatlichen Mitteln daran zu hindern."

Dass der Ausschluss der Eintracht-Fans aus der Stadt die brisante Lage im Vorfeld wohl nicht beruhigen wird, bewies ein erster Zwischenfall am Dienstagabend, als es in Darmstadt laut Polizeibericht "in einem Szenelokal" zu einer Auseinandersetzung zwischen Frankfurtern und Lilien-Anhängern kam. Sieben Personen wurden kontrolliert und durch ihre Vergangenheit als Gewalttäter bei Fußballspielen als Eintracht-Ultras identifiziert. Zur "Verhinderung weiterer Auseinandersetzungen" wurden die Personen bis in die frühen Morgenstunden in Gewahrsam genommen.

Deutlich erhöhtes Polizeiaufkommen

Verschärft: Hohe Polizeipräsenz in Darmstadt.

Verschärft: Hohe Polizeipräsenz in Darmstadt. imago

Rund um das Spiel am Samstag wird es ein deutlich erhöhtes Polizeiaufkommen geben, sowohl durch die Landespolizei in der Innenstadt Darmstadts und am Stadion, als auch durch die Bundespolizei in den Bahnhöfen. "Es ist der bisher größte Polizeieinsatz in Darmstadt im Rahmen eines Bundesliga-Spiels", sagte eine Sprecherin der Polizei Südhessen dem kicker. Genaue Zahlen werden aus einsatztaktischen Gründen nicht veröffentlicht, es werden aber einige Hundertschaften aus dem gesamten Landesgebiet im Einsatz sein. 27 Gewaltbereite aus Frankfurt haben bereits ein zusätzliches polizeiliches Betretungsverbot erhalten.

Die Sicherheitsmaßnahmen rund ums Stadion waren bereits vor Bekanntgabe der Entscheidung der Polizei Südhessen verschärft worden. Im Umkreis des Böllenfalltors wird es eine weitere Ticketkontrolle geben, um auszuschließen, dass Fans ohne Ticket in die direkte Nähe des Stadions kommen. Zudem wird der Ordnungsdienst verstärkt, in den Abend- und Nachtstunden der Tage vor dem Spiel gibt es eine zusätzliche Stadionwache.

Ausschreitungen und Straftaten beim Hinspiel

Beim Hinspiel im Dezember war es rund um die Partie zu Ausschreitungen und Straftaten gekommen. Frankfurter raubten Fan-Utensilien der Gäste und verbrannten diese im Block, zündeten Pyrotechnik und gelangten nach Abpfiff vereinzelt in den Innenraum. Auch aufgrund ähnlicher Vorfälle in der Vergangenheit reagierte das Sportgericht des DFB mit zwei Zuschauerteilausschlüssen und einer Geldstrafe von 75.000 Euro. Am 20. Spieltag blieb die Fankurve beim Spiel gegen den VfB Stuttgart leer, am Samstag muss die Eintracht am Böllenfalltor auf ihre Fans verzichten und zudem den Einnahmeausfall der Gastgeber kompensieren.

Patrick Kleinmann/kon