Bundesliga

Das verlockende, aber gefährliche Spiel des FSV

Das Rätsel Mainz 05: Schmidt: "Von was müde?"

Das verlockende, aber gefährliche Spiel des FSV

Ist die Mannschaft müde? "Von was", fragt der Mainzer Coach Martin Schmidt zurück.

Ist die Mannschaft müde? "Von was", fragt der Mainzer Coach Martin Schmidt zurück. imago

Eine richtige Erklärung dafür, erneut einen Vorsprung gegen ein Team aus der unteren Tabellenhälfte vergeben zu haben, fand kein Nullfünfer. "Eigentlich sind wir eine Mannschaft, die nach Führung selten etwas hergibt", sagte etwa Loris Karius, schränkte aber ein, dass Duelle mit Köln oder Frankfurt "keine Spiele für uns sind, über die man im Vorfeld sagen kann: Das ist ein Pflichtsieg."

Damit hat der Torhüter einerseits recht. Mainz 05 ist gut beraten, wenn es demütig bleibt und angesichts bescheidener Möglichkeiten die Underdog-Karte spielt. Andererseits muss der FSV aufpassen, das Understatement nicht zu überreizen. Seit Wochen ist auch aufgrund schwächelnder Konkurrenz sogar die Champions-League-Qualifikation in greifbarer Nähe. Und seit Wochen wird der Schritt verpasst. Streng genommen ging es mit dem 1:1 in Wolfsburg los. Da stimmte die Leistung, das Resultat jedoch nicht. Es folgten 30 gute Minuten gegen Köln und 20 ordentliche gegen Frankfurt - ohne Punkte.

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Macht sich Mainz 05 zu klein?

Schon nach der Niederlage gegen den FC meinte Trainer Martin Schmidt, dass sich nichts groß ändere, er aber statt nach Champions League nun wieder "nur" nach der Europa League gefragt werde. Ein Scherz des Schweizers, der dennoch die Frage aufwirft: Macht sich Mainz 05 zu klein? Die Verantwortlichen schlugen bewusst leise Töne an in den überragenden Phasen der Rückrunde. Das ist realistisch-sympathisch - doch es erzeugt keine klubinterne Siegermentalität. Zumindest gestand Noch-Manager Christian Heidel in Frankfurt ein: "Wir müssen vielleicht überlegen, ob wir gerade stimmungsmäßig etwas ändern müssen. Das werden wir intern besprechen und dann lasst euch mal überraschen, was dabei rauskommt." Ob es im Umkehrschluss anders gelaufen wäre, ist hypothetisch.

Die Eintracht lief mehr als der FSV

Eine klarere Aussage lässt sich über die Zahlen treffen. Heidel gab sich einigermaßen überrascht, als er hörte, dass Mainz 05 die Laufleistung in Frankfurt verloren hatte: "Das kommt selten vor." 111,05 Kilometer spulte die Schmidt-Elf ab, wobei die Nettospielzeit im Rhein-Main-Duell einen extrem niedrigen Wert aufweist. 113,94 waren es in der Vorwoche - zwei Werte, die deutlich unter dem Mainzer Saisonschnitt von 117,94 liegen. "Wir können nur auf Augenhöhe mit Topvereinen sein, wenn wir mehr als die investieren", weiß Schmidt.

Das haben seine Schützlinge wochen-, ja monatelang getan. Über 18 Spieltage, vom elften (3:3 in Augsburg) bis zum 28. (4:2 gegen den FCA) sammelten die Nullfünfer mit deren 32 den Löwenanteil ihrer 45 Punkte. Gerade, weil sie mehr liefen als der Gegner. Auch die Sprintleistung blieb zuletzt hinter den eigenen Ansprüchen zurück. 226 Sprints in Frankfurt sind in Ordnung. Doch die Eintracht, der man vor Niko Kovac nicht unbedingt eine überdurchschnittliche Fitness nachsagte, pulverisierte diesen Wert mit 254. Gegen Köln setzten die Nullfünfer nur 188-mal zum Spurt an.

Bezahlt die Mannschaft im Endspurt die Quittung für ihre überragende Halbserie zwischen November und März, ist sie müde? "Von was?", fragt Schmidt zurück. Sein Ansatz: "Wir haben eine Woche Zeit, uns zu erholen. Es stehen immer wieder andere Spieler auf dem Platz." Diese Argumentation ist ihm "zu billig". Wenn, dann wäre man in den englischen Wochen müde geworden, findet er. Da rotierte der 49-Jährige, der kein Freund großer Wechsel ist, etwas häufiger, gerade auf den laufintensiven Positionen der Doppelsechs und den Bahnen.

Mainz zerpflückt sich die guten Gelegenheiten selbst

Dass gerade im Umschalten zuletzt die Präzision fehlte, die Bälle zu hektisch nach vorne gespielt wurden und Mainz 05 sich somit gute Gelegenheiten selbst zerpflückte, stützt die These von den schweren Beinen. Lieber schnell und einfach zum Erfolg mit langen Pässen statt intensivem, geschlossenem Umschaltüberfall nach vorne. Das ist verlockend. Und gefährlich, denn so entstehen bei Ballverlust oder nicht gewonnenem zweiten Ball Räume, das Mittelfeld geht auseinander wie eine Ziehharmonika und lässt sich mit einfachen Kombinationen überspielen, weil der direkte Zugriff auf den Gegner fehlt.

Heidel: "Die Bälle nur nach vorne gedonnert"

In Frankfurt "haben wir uns anstecken lassen und die Bälle nur nach vorne gedonnert, was ja gar nicht unsere Art ist", erkannte etwa Heidel. Yunus Malli gab ihm recht. "Wir haben uns angepasst. Eigentlich macht es uns aus, dass wir ruhig nach vorne spielen. Diese Ruhe hatten wir nicht." Doch gerade diese Abgezocktheit, sich von der Hektik und der Wildheit eines gegen den Abstieg kämpfenden Gegners nicht anstecken zu lassen und unbeeindruckt seinen Stiefel herunterzuspielen, zeichnet Spitzenmannschaften aus. Auch das ist eine Frage der Mentalität und der Selbsteinschätzung. Wo gehört diese Mannschaft wirklich hin? Die Antwort kann sie in den verbleibenden drei Partien nur selbst geben.

Benni Hofmann

Bilder zur Partie Eintracht Frankfurt - 1. FSV Mainz 05