Wäre Pep Guardiola heute ein Titelsammler, wenn es Johan Cruyff nicht gegeben hätte? Wäre er überhaupt Trainer, ja, zuvor überhaupt ein weltbekannter Fußballprofi geworden? "Ich wusste nichts über Fußball", sagte der heutige Coach des FC Bayern dem katalanischen Radiosender "RAC1", "bis ich Cruyff traf."
Die Nachricht, dass "König Johan" mit 68 Jahren an den Folgen einer Krebserkrankung verstorben ist , erschütterte am Donnerstag die Fußballwelt und mit ihr einen seiner populärsten Schüler: Guardiola. "Es ist ein großer Verlust", sagt der Mann, dem Cruyff 1990 beim FC Barcelona zum Profi-Debüt verholfen hatte. "Aber sein Erbe bleibt."
Er hat das Gegenteil von dem gesagt, was du dein ganzes Leben lang gehört hattest.
Guardiola über Cruyff
Sechs Jahre lang lernte Guardiola als Spieler unter Cruyff, der mit seinen Methoden, seiner Sicht auf das Spiel den Fußball nicht einfach veränderte, sondern schlicht revolutionierte . "Wenn du schlecht gespielt hattest, hast du in der Halbzeit darauf gewartet, dass er dich schimpft, dass er sagt, du musst dich mehr anstrengen, mehr kämpfen", erinnert sich Guardiola. "Doch stattdessen hat er dir gesagt, du spielst schlecht, weil du zu viel gelaufen bist. Er hat gesagt, du musst den Ball dorthin passen, wo du ihn haben willst, nicht ihm hinterherlaufen. Er hat das Gegenteil von dem gesagt, was du dein ganzes Leben lang gehört hattest."
Kurz gesagt: "Durch ihn haben wir den Fußball erst verstanden", so Guardiola. "Sein Rat war sehr wichtig. Er hat einem geraten, seinen Instinkten zu vertrauen, um Entscheidungen zu treffen. Er hat dir die Augen geöffnet. Er hat immer gesagt: Wenn du deinen Instinkten folgst, kannst du niemals falsch liegen."
Guardiolas Essensanekdote: "Wir hatten Merlin"
Cruyff, gibt Guardiola zu verstehen, hatte beinahe etwas Magisches an sich. "Einmal bin ich mit meiner Frau und meinen Kindern Essen gegangen, und wir haben über Johan geredet. Eines meiner Kinder, das Johan niemals kennengelernt hatte, hat mich gefragt, wer das ist. Ich habe ihm erklärt, dass es wie eine Geschichts- oder Mathestunde ist, die du gar nicht erwarten kannst - wegen diesem Lehrer. Mein Sohn fragte: 'Wie bei Zauberer Merlin?' Und sagte: Ja, wie bei Merlin. Wir hatten Merlin, eine Person, die uns geholfen hat und die ganz besonders war."
Sein Zauber begleitet Guardiola bis heute. "Manchmal denke ich, was würde Johan jetzt machen? Das war zum Beispiel gegen Juventus so, als ich die Schlinge schon um den Hals hatte und es noch geschafft habe, ihr zu entkommen." Die Bayern gewannen das Rückspiel im Champions-League-Achtelfinale mit 4:2 nach Verlängerung.
"Sein Vermächtnis ist grenzenlos": Pep Guardiola als Barca-Spieler mit Trainer Johan Cruyff. picture alliance
Xavi, Busquets, Iniesta - Cruyffs Erben?
Cruyffs Verdienste - für Guardiola unzählbar. "Er hat mich beschützt, als ich als Spieler angefangen habe. Er hat mir gezeigt, wie ich mich verhalten muss, wie ich mich von den Medien distanzieren kann", zählt Guardiola auf. "Sein Vermächtnis ist grenzenlos." Und es ist im Pep-Fußball nicht zu übersehen: der Ballbesitz, das Passspiel, die Offensivlust.
"Ich bin davon überzeugt", schließt Guardiola, "dass Xavi, Busquets und Iniesta sein Erbe fortführen werden. Ich habe ihnen das auch gesagt, sie haben das Zeug dazu, Trainer zu werden." Vor allem bei Xavi habe er "keinen Zweifel". Wie hatte der heute 36-Jährige einst selbst gesagt? "Cruyff hat mir mal erklärt, dass Fußballspielen das Schönste im Leben ist. Aber Trainer zu sein ist das Gefühl, das dem am nächsten kommt."