Es wurde viel geredet in den vergangenen Tagen. Klaus Allofs tauschte sich intensiv mit Nationalmannschaftsmanager Oliver Bierhoff aus, VfL-Coach Dieter Hecking mit Bundestrainer Joachim Löw. Am Montag nun fiel die Entscheidung im Fall Max Kruse: Der Stürmer wurde aus dem Aufgebot für die bevorstehenden Länderspiele gestrichen und dürfte somit auch seine Fahrkarte für die Europameisterschaft in Frankreich verspielt haben. Zahlreiche Vorfälle außerhalb des Fußballplatzes führten zu diesem Beschluss.
Kruse bediente in den vergangenen Wochen vor allem den Boulevard. Es begann mit beschämenden Aussagen über eine frühere Geschlechtspartnerin in einem Sprachchat, der öffentlich wurde. Es ging weiter mit dem Verlust von 75000 Euro in bar in einem Berliner Taxi und endete am Wochenende mit der Auseinandersetzung mit einer Frau in einem Berliner Klub.
Das war nun zu viel des Guten, Löw hat durchgegriffen. VfL-Geschäftsführer Allofs kann die Entscheidung nachvollziehen. "So gerne ich meine Spieler bei der Nationalmannschaft habe, so sehr habe ich Verständnis dafür, dass deren Verhalten bewertet und geahndet wird. Auch wir haben dem Bundestrainer deutlich gemacht, dass wir mit dem Verlauf der vergangenen Wochen nicht zufrieden sind. Die Schlagzeilen gingen zu sehr in außersportliche Richtungen."
Auch wenn viele in der Öffentlichkeit Köpfe rollen sehen wollen, wird bei uns kein Schnellgericht tagen.
Klaus Allofs
Gleichwohl versucht Allofs zu differenzieren. "Bei welchen Geschichten kann der Spieler etwas dafür, wo ist er in eine Schublade abgelegt? Da müssen wir unterscheiden." Allerdings ist die Lage im Fall Kruse auch für den VfL klar: "Unterm Strich war es an der Zeit, dass Max klare Signale gesendet werden." Wie nun die Signale in Wolfsburg aussehen, das sei noch offen. "Das klären wir intern. Auch wenn viele in der Öffentlichkeit Köpfe rollen sehen wollen, wird bei uns kein Schnellgericht tagen. Wir haben noch einige Tage bis zum nächsten Bundesligaspiel."
Allerdings muss Kruse auch bei seinem Arbeitgeber, der zuletzt bereits den mehrfach auffälligen Nicklas Bendtner suspendiert hat, mit sportlichen Konsequenzen rechnen. Allofs: "Wir haben Max deutlich gemacht, dass wir als VfL und auch unser Besitzer Volkswagen mit dieser Situation nicht leben können. Allerdings haben wir auch Verpflichtungen gegenüber unseren Spielern, wir haben Verträge."
Strahlender Neuzugang: Bei den Vertragsverhandlungen mit dem VfL hatte Max Kruse (Mi.) im Sommer Besserung gelobt. imago
Klar ist: Kruse, ausgestattet mit einem Topvertrag bis 2019, muss nun beweisen, dass er sich tatsächlich ändern will, nur dann hat er noch eine Chance beim VfL. "Wir brauchen Max Kruse und auch Nicklas Bendtner", betont Allofs und schiebt hinterher: "Aber wir brauchen sie in einer sportlichen und mentalen Verfassung, mit der sie alles abrufen können. Wir müssen auch die Auswirkungen für unsere Gruppe bedenken." Bei Bendtners Suspendierung vom Mannschaftstraining betonte Trainer Hecking zuletzt: "Im Moment macht es keinen Sinn, die Mannschaft war es leid." Das ist im Fall Kruse nicht groß anders.
Kruse hatte bei den Vertragsverhandlungen Besserung gelobt
Es klingt eine gehörige Portion Enttäuschung durch, wenn Allofs über den Spieler Kruse, den er bereits aus gemeinsamen Zeiten bei Werder Bremen kennt, spricht. Der Ex-Gladbacher, der bereits auf vorherigen Stationen verhaltensauffällig wurde, hatte im vergangenen Jahr bei den Vertragsverhandlungen Besserung gelobt. "Es war ein wichtiger Punkt damals", erinnert sich Allofs. "Max machte den Eindruck, dass er geläutert ist. Nun hat er sich leider nicht allzu clever verhalten."
Die Zukunft des Zwölf-Millionen-Euro-Mannes beim VfL hängt am seidenen Faden, die Hoffnung hat Manager Allofs aber noch nicht aufgegeben. "Hoffentlich kommt am Ende dabei raus, dass Max ein wichtiges Mitglied unseres Kaders ist." Dass dies über den aktuellen Wolfsburger Topscorer nicht gesagt wird, ist für den VfL wie auch für Kruse eine einzige Katastrophe.