Bundesliga

Einen Heidel-Ersatz gibt es nicht

Meinung zum Mainzer Jahr 2015

Einen Heidel-Ersatz gibt es nicht

Gilt beim FSV Mainz 05 als unersetzbar: Manager Christian Heidel.

Gilt beim FSV Mainz 05 als unersetzbar: Manager Christian Heidel. imago

Vor dem Derby gegen Mainz 05 hatte Heribert Bruchhagen die Rheinhessen im FAZ-Interview als "Outperformer" bezeichnet. Gemessen an der Aussage von 05-Trainer Martin Schmidt vor wenigen Wochen, dass seine Mannschaft zwischen Platz neun und elf gehöre, hat der Vorstandschef von Eintracht Frankfurt für das Jahr 2015 recht. Denn die Jahrestabelle bescheinigt dem FSV den achten Platz im deutschen Fußball – vor finanziell weitaus potenteren Vereinen wie dem HSV, dem VfB Stuttgart, Eintracht Frankfurt oder 1899 Hoffenheim.

46 Punkte. Mit diesem Resultat wäre man in der vergangenen Runde Siebter geworden, es hätte für die Europa-League-Qualifikation gereicht. Insofern können Schmidt, Manager Christian Heidel und Präsident Harald Strutz stolz sein, wenn sie auf die vergangenen zwölf Monate zurückblicken. Die begannen mit zwei Paukenschlägen. Einem positiven, nämlich dem 5:0-Kantersieg zum Rückrundenauftakt gegen den SC Paderborn. Und einem negativen: Kasper Hjulmand musste nach nur 21 Spieltagen gehen.

1. FSV Mainz 05 - Vereinsdaten
1. FSV Mainz 05

Gründungsdatum

16.03.1905

Vereinsfarben

Rot-Weiß

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Der Klub vollzog eine Rückbesinnung auf die alten Werte des Vereins: Umschalten und Zweikampfgift statt Ballbesitz und Positionsspiel. Hjulmand hat die Bundesliga nicht unterschätzt. Für ihn, der nun wieder beim FC Nordsjaelland anheuert, ging es im ersten Jahr ums Überleben. Weil eine neue Philosophie Zeit braucht. Weil sieben WM-Teilnehmer spät kamen. Weil der Kader erst spät im August fertig war. Es ist unmöglich, zu sagen, ob es auch unter dem Dänen zum Klassenerhalt gereicht hätte. Aber es gab Zeichen, dass es extrem eng geworden wäre.

Keiner spricht mehr vom Umbruch

Die Installation von Martin Schmidt hat sich als richtig erwiesen. Das zeigen alleine die 42 Punkte, die der Schweizer in 30 Spielen gesammelt hat. Der 48-Jährige wird in der Rückrunde auch daran gemessen werden, seinen Umschaltfußball weiter zu verfeinern – und proaktive Elemente weiter einzuflechten. Denn die Nische, in der sich Mainz 05 bewegt, wird enger. Ein Großteil der Bundesligisten setzt lieber auf Konter denn auf Gestaltung, wobei Schmidts Elf in ihrem Kerngebiet zu den besten der Liga gehört.

In Sachen Ballvortrag ruhen die Hoffnungen auch auf Fabian Frei, dem lange verletzten Königstransfer. Denn das wird oft vergessen: Der Umbruch im Sommer war mit den Verkäufen von Johannes Geis, Shinji Okazaki, Joo-Ho Park und Ja-Cheol Koo größer als zuvor erwartet. Dank Durchstartern wie Yoshinori Muto, Yunus Malli und Loris Karius spricht darüber kaum einer. Der Kader ist homogen, nach Freis Verletzung machte Danny Latza einen bemerkenswerten Schritt. Die zweite Reihe mit Gonzalo Jara und Alexander Hack funktioniert, die Etablierten wie Niko Bungert und Julian Baumgartlinger ebenso.

Fabian Frei

Auch auf ihm Ruhen die Mainzer Hoffnungen: Königstransfer Fabian Frei. imago

Doppel- oder gar Dreifachspitze?

Diese Homogenität ist auch ein Verdienst von Christian Heidel. Und da kommt das große Aber: Wenn der 52-Jährige dem Werben des FC Schalke 04 erliegt – und es gibt nicht wenige Anzeichen, die dafür sprechen –, dann ist das für Mainz 05 zunächst einmal eine bedrohliche Situation. Strutz und Heidel haben aus einem Abstiegskandidaten der zweiten Liga einen etablierten Bundesligisten gemacht. Das verdient Respekt, wirft aber die Frage auf: Wie soll Heidel adäquat ersetzt werden?

Der Manager betont immer wieder, dass er niemals etwas tun würde, das dem Klub schadet. Man darf ihm das zweifelsfrei abnehmen. Doch einen Heidel-Nachfolger, der von Anfang an so funktioniert wie der starke Mann am Bruchweg, den kann es gar nicht geben. Bei den Rheinhessen arbeiten sehr gute Leute, sei es in der Geschäftsführung oder im Nachwuchsleistungszentrum. Das beweisen die seit Jahren mehr als soliden Finanzen, die nachhaltig gewachsene Jugendarbeit und die erhöhte Durchlässigkeit aus der U 23, die die 3. Liga rockt.

Doch die Erfahrung eines Heidel können sie nicht haben. Und einer Lösung von außen muss man einen Einarbeitungszeitraum zugestehen. Es riecht nach Doppel- oder gar Dreifachspitze, was jedoch mit hohen Kosten verbunden wäre. Unter welcher Vereinsstruktur – ja, die ist auf dem Prüfstand – das sein wird, ist zunächst nebensächlich, auf Sicht aber ein entscheidender Faktor. Trotz eines guten Jahres 2015 liegt vor Mainz 05 ein arbeitsreiches 2016, das den Verein verändern wird.

Benni Hofmann