Bundesliga

Ende der Irrfahrt: Unter Tuchel ist der BVB wieder sexy

Kommentar zum Revier-Derby

Ende der Irrfahrt: Unter Tuchel ist der BVB wieder sexy

BVB-Trainer Thomas Tuchel feiert ausgelassen mit seiner Mannschaft den Derby-Sieg.

BVB-Trainer Thomas Tuchel feiert ausgelassen mit seiner Mannschaft den Derby-Sieg. imago

Was musste Thomas Tuchel nach seinem Sabbatjahr über sich lesen, als er in Dortmund anheuerte? Er sei ein Kopfmensch, spröde, ein Getriebener des Erfolges, sperrig. Einen emotionalen Helden wie Jürgen Klopp zu beerben, sei eigentlich eine unmögliche Mission. Bei aller Wertschätzung für sein fachliches Wissen und die in fünf Jahren Mainz erworbene Reputation - nein, für die ganz große Bühne könnte das nicht reichen. Doch mittlerweile verneigt sich die Fußball-Welt vor dem BVB-Coach: Er passt in Klopps Fußspuren, sehr gut sogar. Und empfängt spätestens durch das packende 3:2 über Schalke auch in Fankreisen die höchsten Weihen.

Sollte Tuchel tatsächlich keine exakte Vorstellung davon besessen haben, wie sich ein Derby in Dortmund anfühlt, wie das fiebrig-ungeduldige Stadion vibriert und die Schlachtrufe der Fans dröhnen, noch lauter als Rockkonzerte – jetzt weiß auch er, warum deutschlandweit kein anderes Spiel derart die Schlagzeilen füttert. Am Sonntag gleich das erste Duell mit Schalke zu gewinnen, dabei den siebten Pflichtspielsieg hintereinander einzufahren und die überbordenden Reaktionen der Fans mitzuerleben, wird auch dieser in der Regel wohltemperierte Trainer als puren Genuss und (angenehm) emotionale Grenzerfahrung empfunden haben.

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Unter Tuchels Führung ist der in der vergangenen Saison arg angegraute BVB wieder sexy geworden. Dass die Extraklasse des mit fünf Punkten Vorsprung enteilten FC Bayern München trotzdem keine Meisterträume sprießen lässt in Dortmund, gilt als einziger Schönheitsfehler in einer bislang nahezu makellosen Saison (sieht man von der 1:5-Klatsche in München einmal ab). Tuchel war von Beginn an gut beraten, sich nicht als Klopp-Kopie zu versuchen, sondern seinen eigenen Weg zu gehen.

Es war ein Irrglaube, dass er sich um jeden Preis wandeln müsse, um die Borussia nach der letztjährigen Irrfahrt wieder auf Kurs zu bringen. Tuchel hat in erster Linie nicht sich, sondern seine Mannschaft gewandelt und modernisiert – und am 8. November den ersten Ehrentitel dafür eingefahren. Den des Derbysiegers. Das wiegt zwar selbst in Dortmund nicht so viel wie eine gewonnene Trophäe, untermauert aber eindrucksvoll die Vorherrschaft im fußballerisch besonders umkämpften Revier.

Breitenreiter in der ersten Krise mit Schalke

Schalke läuft in diesem ungleichen Rennen nur hinterher. Mehr noch als der Umstand, dass die königsblaue Unterlegenheit mit Ausnahme der Saison 2014/15 seit 2010 längst die bittere Regel ist, wird den Dortmunder Nachbarn schmerzen, dass bei neun Punkten Differenz tabellarisch aktuell Welten zwischen beiden Klubs liegen. Schalke lebt im Moment nur von der Erinnerung an den besten Start seit 44 Jahren.

Ein mickriger Sieg aus den folgenden acht Spielen hat einen Grauschleier über Gelsenkirchen gelegt. Trösten mag man sich dort höchstens damit, dass hinter Bayern München und Borussia Dortmund auch andere hoch- und als Champions-League-Anwärter gehandelte Vereine wie Wolfsburg oder Leverkusen mit Problemen zu kämpfen haben. André Breitenreiter rutschte mit Schalke in seine erste Krise als Trainer. Wie und ob er sie angesichts eines knüppelharten Programms (Bayern München, Leverkusen) meistert, werden die nächsten Wochen weisen.

kicker-Reporter Thomas Hennecke

kicker-Reporter Thomas Hennecke

Bei der Einschätzung des wirklichen Schalker Leistungsvermögens dürfte die Wahrheit in der Mitte liegen: Breitenreiters Mannschaft ist nicht so gut, wie man anfangs glauben konnte. Aber so instabil und perspektivlos, wie die jüngsten Ergebnisse glauben machen wollen, ist der Tabellenfünfte gewiss nicht. Nur furchtbar enttäuscht. Derby-Niederlagen tun eben weh.

Thomas Hennecke

Bilder zur Partie Borussia Dortmund - FC Schalke 04