Bundesliga

Ben-Hatira: "Ich habe schon einen Namen"

Tunesier steht langsam vor der Rückkehr bei Hertha BSC

Ben-Hatira: "Ich habe schon einen Namen"

Blickt in Richtung Rückkehr ins Mannschaftstraining: Berlins Änis Ben-Hatira.

Blickt in Richtung Rückkehr ins Mannschaftstraining: Berlins Änis Ben-Hatira. imago

Eine hartnäckige Verletzung am Grundgelenk des großen Zehs am rechten Fuß machte Ben-Hatira viele Monate lang zu schaffen und erforderte schließlich Ende Juli eine Operation. Seit kurzem trainiert der dribbelstarke und torgefährliche Offensivakteur wieder auf dem Platz - wenn auch nur individuell.

Seine Rückkehr ins Mannschaftstraining zeichnet sich allerdings ab. Mit kicker online spricht Ben-Hatira über seine Leidenszeit, sein Comeback sowie seine Ziele und Perspektiven bei Hertha.

Spielersteckbrief Ben-Hatira
Ben-Hatira

Ben-Hatira Änis

Trainersteckbrief Dardai
Dardai

Dardai Pal

kicker: "Herr Ben-Hatira, wie geht es Ihnen momentan? Was macht der operierte Zeh?" Ben-Hatira: "Ich bin auf einem sehr guten Weg, ich bin sehr glücklich über meinen Zustand. Es läuft alles viel besser als geplant, auch die Professoren, die mich operiert haben, sind überrascht, wie schnell es voran geht. Natürlich bin ich noch nicht zu 100 Prozent schmerzfrei, es besteht noch ein Unterschied zwischen dem operierten und dem gesunden Zeh. Ich freue mich darauf, bald ohne Schmerzen und damit in Topverfassung Fußball spielen zu können."

Sie haben mir gesagt, dass ich schon vor eineinhalb Jahren hätte operiert werden müssen.

Änis Ben-Hatira über die behandelnden Ärzte

kicker: "Was können Sie schon wieder machen?" Ben-Hatira: "Eigentlich alles. Ich bin seit gut zwei Wochen wieder auf dem Platz und habe auch schon wieder gegen den Ball getreten. Es läuft wirklich optimal, nachdem es zunächst hieß, ich falle sechs Monate oder länger aus. Wenn man sich den OP-Bericht durchliest und um die Schwere der Verletzung weiß, dann bin ich wirklich auf einem sehr guten Weg. Es hatte erst geheißen, dass es sechs, neun oder auch zwölf Monate dauern könne, bis ich zurückkomme." kicker: "Wann können Sie wieder mit der Mannschaft trainieren?" Ben-Hatira: "Stand jetzt ist der Plan, dass ich in drei bis vier Wochen ins Mannschaftstraining einsteige."

kicker: "Wann wollen Sie wieder spielen?" Ben-Hatira: "Wenn ich in drei bis vier Wochen auf dem Platz stehe, dann haben wir erst November. Ein Mensch sollte sich immer Ziele setzen, und mein Ziel ist es – wie gesagt Stand jetzt - nach der harten Arbeit der vergangenen Monate noch drei, vier Einsätze in diesem Jahr zu absolvieren. Das wäre ein Traum. Zur Rückrunde werde ich zu 100 Prozent spielbereit sein. Aber je früher ich in den Rhythmus komme, desto besser." kicker: "Warum hat die Zehen-Blessur so lange gedauert?" Ben-Hatira: "Ich wusste, dass ich stark verletzt bin und dass ich irgendwann eine Pause machen muss. Aber wie schwer der Zeh tatsächlich verletzt war, weiß ich erst seit der Operation. Sie haben mir gesagt, dass ich schon vor eineinhalb Jahren hätte operiert werden müssen."

Änis Ben-Hatira (links)

Hat langsam aber sicher genug vom Tribünendasein: Änis Ben-Hatira (links). imago

kicker: "Haben Sie in der vergangenen Rückrunde zu früh angefangen?" Ben-Hatira: "Nein. Man hat mir gesagt, ich könne mit der Verletzung noch eine Zeit spielen. Das war für mich aussagekräftig. Ich wusste, dass das Zehen-Gelenk kaputt ist, aber Hertha steckte in einer schwierigen Situation: Abstiegskampf, der Trainerwechsel von Jos Luhukay zu Pal Dardai. Ich habe auf die Zähne gebissen, um dem Verein zu helfen. Hertha stand für mich über allem, und ich wollte auf gar keinen Fall wieder absteigen. Trotz des Handicaps war ich in einer guten Verfassung. Gegen Saisonende stand ich kurz vor einem Ermüdungsbruch, deswegen habe ich dann pausiert."

kicker: "Auf der Asien-Reise mit der Nationalmannschaft Tunesiens im März haben Sie sich einen Muskelfaserriss zugezogen. Der Klub war damals nicht damit einverstanden, dass Sie gefahren sind. War die Reise ein Fehler?" Ben-Hatira: "Der Muskelfaserriss wäre mir auch in Berlin passiert. Durch Probleme mit dem Zeh habe ich monatelang in einer Schonhaltung, mit einer falschen Statik gespielt habe. Das hält der Körper eine Zeit lang aus und dann macht es Peng. Ich musste zur Nationalmannschaft, ich hatte vorher etliche Male wegen Wehwehchen abgesagt. Zu dieser Zeit hatte ich wieder gespielt, und in Tunesien warteten sie darauf, dass ich wieder zusage. In Afrika gibt es eine andere emotionale Bindung zur Nationalmannschaft. Und ich hatte zuvor viermal den Afrika-Cup abgesagt."

Interesssenten gibt es jedes Jahr. Die Leute wissen, was ich leisten kann. Ich habe schon einen Namen, ich spüre den Respekt auch auf dem Platz.

Änis Ben-Hatira (Vertrag bis 2016) über mögliche Angebote

kicker: "Hat Sie die lange, schwierige Verletzung demütiger gemacht?" Ben-Hatira: "Ich weiß, wo ich herkomme. Ich bin gerade mal 27 Jahre alt, bin mit 17 Profi geworden. Als ich beim Hamburger SV war, hat mir dieser Klub alle Facetten des Profifußballs gezeigt – die guten und die schlechten. Ich habe schon viel erlebt. Allein von meiner Grundhaltung, so wie ich groß geworden bin, war ich immer demütig." kicker: "Sind Sie ein geduldiger Patient?" Ben-Hatira: "Im Prinzip ja. Natürlich gab es auch mal Tage, an denen ich am liebsten die Wände eingerissen hätte, weil ich den Fußball vermisse. Aber ich musste Pause machen, ich brauchte die Pause auch. Dadurch war es einfacher, Geduld zu zeigen. Ich bin einfach froh und dankbar, dass ich bald wieder Fußball spielen kann. Ich habe oft mit Schmerzen gespielt, jetzt zeichnet es sich erstmals seit längerem ab, dass ich demnächst schmerzfrei werde spielen können."

kicker: "Wie sieht Ihre Perspektive bei Hertha aus? Ihr Vertrag läuft im Juni 2016 aus." Ben-Hatira: "Konkret interessiert mich dieses Thema gerade gar nicht. Ich will einfach nur gesund werden und wieder spielen. Alles andere kommt dann von alleine. Ich habe keine Angst vor der Zukunft. Jeder weiß, wozu ich fähig bin, wenn ich gesund bin. Wenn ich voll im Saft bin, dann kann ich ein sehr guter Spieler sein." kicker: "Gibt es denn aktuell Interesse anderer Klubs?" Ben-Hatira: "Interesssenten gibt es jedes Jahr. Die Leute wissen, was ich leisten kann. Ich habe schon einen Namen, ich spüre den Respekt auch auf dem Platz."

Pal Dardai

Hat laut Änis Ben-Hatiras eigener Aussage ein positives Meinungsbild vom Offensiv-Allrounder: Hertha-Coach Pal Dardai. imago

kicker: "Hertha spielt nach dem mühevollen Klassenerhalt in der vergangenen Saison jetzt guten Fußball und steht in der Tabelle gut da. Wie beurteilen Sie die Entwicklung?" Ben-Hatira: "Es macht mir Spaß, meiner Mannschaft zuzuschauen. Der Start verlief gut, das ist sehr wichtig. Da läuft vieles automatisch. Die Mannschaft hat sich entwickelt und ist topfit. Ich freue mich darauf, demnächst ein Teil dieser Philosophie mit mehr Ballbesitz zu sein. Das kommt mir als Offensivspieler entgegen." kicker: "Wo kann Hertha landen?" Ben-Hatira: "Alles ist möglich, es ist schwierig zu sagen, die Saison ist noch sehr jung. Träumen darf man, aber nicht schlafen. Wir gucken von Woche zu Woche und versuchen, die Konstanz beizubehalten, um am Ende bestmöglich abzuschneiden."

Wir haben uns ausgetauscht, ich kenne seine Meinung über mich, die ist positiv.

Änis Ben-Hatira über Hertha-Coach Pal Dardai

kicker: "Wie regelmäßig war in den vergangenen Monaten Ihr Kontakt zur Mannschaft?" Ben-Hatira: "Jetzt bin ich wieder am Trainingsgelände, da ist der Kontakt natürlich wieder da. Als ich direkt nach der OP an Krücken ging und in der Reha war, war er weniger vorhanden. Ich war einmal in der Woche in der Kabine." kicker: "Wie ist Ihr Verhältnis zu Trainer Pal Dardai?" Ben-Hatira: "Immer, wenn wir gerade eins aufgebaut hatten, bin ich wieder ausgefallen. Wir haben uns ausgetauscht, ich kenne seine Meinung über mich, die ist positiv. Entscheidend ist, dass ich bald wieder spiele, dann kommt alles von alleine."

kicker: "Sie gehörten zur U 21, die 2009 Europameister wurde. Etliche Ihrer Mitspieler wurden 2014 mit Deutschland Weltmeister. Sind Sie mit Ihrer Karriere bisher auch zufrieden? Oder lief sie nicht optimal?" Ben-Hatira: "Ich bin dankbar für alles, was ich bisher in meiner Karriere erleben durfte. Ich habe jetzt noch die besten Jahre meiner Karriere vor mir und möchte natürlich noch so viel wie möglich erreichen."

Interview: Andreas Hunzinger

Bilder zur Partie FC Schalke 04 - Hertha BSC