Bundesliga

Wagner: "Einige nehmen sich in der Bundesliga zu wichtig"

Darmstadt: Der Zwei-Tore-Stürmer blickt über den Tellerrand

Wagner: "Einige nehmen sich in der Bundesliga zu wichtig"

Die Erleichterung nach seinem Treffer gegen Bremen war ihm anzusehen: Darmstadts Sandro Wagner.

Die Erleichterung nach seinem Treffer gegen Bremen war ihm anzusehen: Darmstadts Sandro Wagner. Getty Images

kicker: Trainer Dirk Schuster sagte, die Verhandlungen mit Ihnen seien ratzfatz verlaufen. Sie wären sofort Feuer und Flamme gewesen. Warum?

Sandro Wagner: Das Zwischenmenschliche hat mir gut gefallen. In Darmstadt nimmt sich keiner wichtiger als er ist. Auch der Fußball wird nicht komplizierter gemacht, als er ist. Am Böllenfalltor herrschen außergewöhnliche Umstände, ich wollte mich auf das Abenteuer einlassen und mich wirklich auf den Fußball konzentrieren. Nach den schwierigen letzten Monaten sollte es ein Neustart in einem ruhigen Umfeld werden.

Spielersteckbrief Wagner
Wagner

Wagner Sandro

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Schuster Dirk

SV Darmstadt 98 - Vereinsdaten
SV Darmstadt 98

Gründungsdatum

22.05.1898

Vereinsfarben

Blau-Weiß

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kicker: Was gut gelungen ist.

Wagner: Das 2:1 gegen Werder war ein kleiner, erster Schritt. Jetzt müssen wir alles daran setzen, in den nächsten Wochen persönlich und mit der Mannschaft die nächsten Schritte folgen zu lassen. Sonst war der Sieg nicht viel wert.

kicker: Haben Sie für Darmstadt auch Abstriche im Privatleben gemacht?

Wagner: Meine Familie ist von Berlin direkt nach München gezogen. Wir wollen den beiden kleinen Kindern nicht ständig einen Kindergartenwechsel zumuten. München ist jetzt unser Hauptwohnsitz. Das ist für mich nicht einfach. Deshalb bin ich froh, dass der ganze Aufwand, den wir als Familie betreiben, jetzt im Job belohnt wird.

Ich definiere mich aber nicht über meinen Fußball, sondern auch außerhalb des Platzes.

Sandro Wagner

kicker: Was meinten Sie mit dem Satz: "Fußball ist nicht alles"?

Wagner: Er ist nicht das Wichtigste auf der Welt. Man lebt davor, während der Karriere und danach. Fußball ist eine tolle Sache, man kann sich viele Dinge ermöglichen und eine Basis schaffen für die Zeit nach dem Profidasein. Ich definiere mich aber nicht über meinen Fußball, sondern auch außerhalb des Platzes.

kicker: Sehen Sie es wirklich so locker?

Wagner: Ich bin weiterhin verbissen. Aber manche Dinge sehe ich inzwischen anders. Einige nehmen sich in der Bundesliga zu wichtig. Wir Spieler können vielleicht eine Sportart ziemlich gut, das bedeutet aber nicht, dass man außerhalb ein besserer Mensch ist. Das weiterzugeben an die jungen Leute, ist sehr wichtig. Es wird jedoch immer schwieriger.

kicker: Wie lange brauchten Sie für diese Erkenntnis?

Wagner: So etwas muss reifen. Solche Überlegungen stellt man nicht mit 18 oder 19 Jahren an.

Sandro Wagner

Sandro Wagner genießt das Gefühl, wieder Mal getroffen zu haben. Getty Images

kicker: Liegt es auch daran, dass Sie die letzten Jahre bei Hertha keine einfache Zeit und keinen schönen Abgang hatten?

Wagner: Unschöne Abgänge sind bei Hertha nicht selten. Deswegen mache ich mir keinen großen Kopf. Aber das Kapitel ist für mich abgeschlossen, ich möchte da auch gar nicht nachkarten.

kicker: Wie frustrierend war die Situation?

Wagner: Privat war ich immer glücklich. Beruflich kann man Vieles nicht beeinflussen. Wenn ich vergangene Saison nicht ein Spiel von Anfang an machen konnte, und ich bin kein guter Einwechselspieler, dann ist es schwierig. Ich brauche Spiele von Anfang an.

kicker: Gegen Werder standen Sie erstmals in Darmstadts Startelf, wie schwierig war es, die Defizite aufzuholen, nachdem Sie in Berlin nicht mehr mit der Mannschaft trainierten und keine normale Saisonvorbereitung hatten?

Wagner: Ich habe am Böllenfalltor viele Extraschichten gemacht. Mit dem Fitnesstrainer, auch für mich nach dem Training oder mit dem ein oder anderen Spieler, der sich Zeit genommen hat. Es hat gedauert, doch jetzt bin ich auf einem guten Weg. Jetzt muss ich mir über die Spiele die letzte Fitness holen.

Unschöne Abgänge sind bei Hertha nicht selten.

Sandro Wagner

kicker: Wo fehlt es noch?

Wagner: Gegen Bremen habe ich gemerkt, dass es mir zwischen der 60. und 70. Minute von der Luft her richtig schwergefallen ist. Ich denke, demnächst wird es besser. Die vergangenen Wochen wurde ich schon etwas ungeduldig. Ich wollte natürlich gern früher von Anfang an spielen. Aber der Trainer hat mir immer alles erklärt. Für unser Spiel ist es sehr wichtig, die Fitness zu haben. Ich bin froh, dass sie jetzt auf einem ordentlichen Stand ist.

kicker: Was können die Lilien-Fans von Darmstadt am Sonntag in Dortmund erwarten?

Wagner: Die Borussia ist ein ganz toller Verein, der eine tolle Mannschaft hat. Vor zwei Jahren habe ich mit Hertha in Dortmund 2:1 gewonnen. Für Darmstadt wird es jetzt ein absolutes Bonusspiel. Wie sagt der Trainer immer: Wir müssen da nichts holen, aber wenn wir was holen, ist es super.

kicker: Also anders als gegen Werder?

Wagner: Wer in der Liga bleiben will, muss unbedingt versuchen, zuhause gegen Mannschaften wie Bremen zu punkten. Das ist uns gelungen. Viele Vereine futtern sich gerade ein Polster an, das müssen wir auch tun. Denn es werden vermutlich auch mal ein paar Niederlagen nacheinander kommen.

Interview: Michael Ebert