Bundesliga

Die Kritik am Schalker Stil ist absurd

Kommentar zum 20. Spieltag

Die Kritik am Schalker Stil ist absurd

Schalker Freudentaumel nach defensiver Taktik.

Schalker Freudentaumel nach defensiver Taktik. Getty Images

Schließlich blieben auch in der Hinrunde die langersehnten Erfolgserlebnisse gegen Gladbach und Hoffenheim jeweils nur Momentaufnahmen. Dass trotzdem selbst ernstzunehmende Experten dem BVB vorm Rückrundenstart noch einen Durchmarsch auf die Champions-League-Plätze prophezeiten, war zu diesem Zeitpunkt schlichtweg hanebüchen.

Für sie selbst wäre es gar fatal, sollten die Profis von Trainer Jürgen Klopp solchen Prognosen tatsächlich Glauben schenken. Die eigenen Ambitionen der Realität anzupassen, ist eine hohe Kunst - im "wahren Leben" wie im Sport. Denn dieser, mitunter schmerzhafte, Prozess bildet die unabdingbare Voraussetzung einer gesunden und damit Erfolg versprechenden Motivation. Klopp hat diesbezüglich zumindest nach außen die treffenden Worte gefunden: Das Niemandsland der Tabelle wäre für ihn das "Paradies". Das gilt nach dem ersten Rückrundensieg unverändert.

Realitätssinn ist derweil auch beim schwarz-gelben Erzrivalen Schalke der Schlüssel zum Erfolg, freilich in aktuell ganz anderen, höheren Sphären. Dank sieben Punkten und nur einem Gegentor aus der englischen Woche mit den Partien gegen Hannover, in München und gegen Gladbach sind die Königsblauen schier sensationell auf Platz drei durchgestartet.

Dass etliche neutrale Beobachter nach jedem der genannten Spiele dennoch harsche Kritik am wahlweise „destruktiven“ oder "mutlosen" Fußball der Knappen übten, mutet absurd an. Die betont defensive Spielweise unter Trainer Roberto di Matteo muss natürlich niemand als ansehnlich oder unterhaltsam empfinden. Doch im Mittelpunkt der Bewertung eines Profiteams sollte immer noch eines stehen: Der Erfolg.

kicker-Redakteur Thiemo Müller.

kicker-Redakteur Thiemo Müller.

Und der ist auf Schalke derzeit kein Zufall. Sondern das Resultat von taktischer Disziplin, physischer Robustheit und absoluter Einsatzbereitschaft. Allesamt Tugenden, derer sich eine Fußballmannschaft gewiss nicht zu schämen braucht, ganz im Gegenteil. Und wenn schon gegnerische Spieler wie jüngst die Münchner Robben und Müller über "destruktives" Schalker Auftreten jammern, dann ist das für die so Gescholtenen die verlässlichste Bestätigung überhaupt, alles richtig gemacht zu haben.

Ohnehin: Wer verschiedene zulässige Spielstile mit missionarischem Eifer in Kategorien von Gut und Böse zu unterteilen versucht, verhält sich schlichtweg anmaßend und verlässt den Pfad der Objektivität. In der Bundesliga spielt schließlich jede Mannschaft genau auf die Art, von der sie sich mit den ihr gegebenen Mitteln den größten Erfolg verspricht. Sei es spektakulär-offensiv wie der VfL Wolfsburg. Oder eben sachlich-defensiv wie Schalke 04.

Unter sportlichem Gesichtspunkt sind beide Stile absolut gleichberechtigt. Dass jeder Beobachter das eine oder das andere als attraktiver erachtet, ist sein unbestrittenes Recht. Doch bleibt es eine Frage des persönlichen Geschmacks. Und der wiederum muss ja nicht allen anderen gefallen.

Thiemo Müller

Spieltagsbilder 20. Spieltag 2014/15