Bundesliga

Guardiola und die Mia-san-mia-Bayern

München: Der Trainer hält auch fünf sieglose Spiele für möglich

Guardiola und die Mia-san-mia-Bayern

Gelobt Besserung: Der während der Spiele oft überdreht-emotionale Bayern-Coach Pep Guardiola.

Gelobt Besserung: Der während der Spiele oft überdreht-emotionale Bayern-Coach Pep Guardiola. picture alliance

Es war Anfang Mai 2007, der FC Bayern wurde in der Tabelle nach 32 Spieltagen auf Platz vier geführt, elf Punkte hinter Spitzenreiter Schalke 04, zehn hinter dem Zweiten aus Stuttgart und neun hinter Bremen auf Platz drei. Trotz - oder gerade wegen - der damals völlig verkorksten Spielzeit sagte Uli Hoeneß, seinerzeit der Manager: "Wir müssen dafür sorgen, dass wieder ein Wehklagen einsetzt, wenn die anderen uns in der Tabelle mit dem Fernglas anschauen." Hoeneß musste damals viel Häme ertragen, denn der FC Bayern blieb nach 34 Runden auf Rang vier sitzen und musste in den UEFA-Pokal 2007/08 absteigen.

Als Christian Nerlinger Anfang März 2012 nach einer 0:2-Niederlage in Leverkusen zerknirscht sagte, bei nunmehr sieben Punkten Rückstand auf den Spitzenreiter Borussia Dortmund müsse sich der FC Bayern "im Moment" nicht mit der Meisterschaft beschäftigen, wurden dem Sportdirektor diese resignierenden Worte im Innersten des Vereins arg verübelt, sie wirkten bis zur vorzeitigen Trennung vier Monate später latent nach - weil sie nicht zum Selbstverständnis des Rekordmeisters passten, schon gar nicht bei noch zehn ausstehenden Spielen.

Meint Guardiola das wirklich ernst?

Und was sagt Pep Guardiola vor der Begegnung beim abstiegsbedrohten Tabellen-16. VfB Stuttgart an diesem Samstag? Bei acht Punkten Vorsprung und einer 1:4-Niederlage in Wolfsburg sowie einem 1:1-Remis in Unterzahl gegen Schalke? Es könne durchaus "passieren", dass seine souveränen und personell allen anderen weitaus überlegenen Spitzenreiter "drei Spiele nicht gewinnen, auch vier oder fünf". Erst neulich hatte er geäußert, dass sogar beim FC Bayern, trotz dieser Ansammlung von Weltmeistern und Weltstars, ein Absturz wie der aktuelle der Dortmunder Borussia möglich sei. Wie bitte? Meint Guardiola das wirklich ernst? Mit der traditionell forschen und prallen Mia-san-mia-Psychologie des Rekordmeisters haben solche Aussagen ganz und gar nichts zu tun.

Guardiola redet so, weil er mit solchen Statements vor allem immer und immer wieder darauf hinweisen möchte, dass 72 Siege, die die Münchner in 87 Liga-Partien seit Beginn der Saison 2012/13 hinlegten, keine simple Selbstverständlichkeit sind. Von den seltenen Ausnahmen - vier Niederlagen und elf Unentschieden in jener Phase - sieht sich Guardiola in seiner Warnung bestätigt, die Diskussion über eine - durchaus realistisch erscheinende - Saison ohne FCB-Niederlage würgte er schon immer ab; und auch vor dem Auftritt in Stuttgart betont der Chefcoach der Bayern: "Ich habe gesagt, wir können verlieren."

In Stuttgart strebt er mit seiner Mannschaft gleichwohl den ersten Sieg 2015 an. Neben den weiterhin lädierten Philipp Lahm, Thiago, Javier Martinez, Rafinha und Franck Ribery muss auch der gegen Schalke mit einem Platzverweis ausgeschlossene Jerome Boateng ersetzt werden. Die Sperre von drei Spielen für seinen besten Innenverteidiger empfindet der Münchner Coach als "zu viel" - der Klub hat schon Einspruch erhoben gegen dieses Urteil .

Guardiola gelobt Besserung

Guardiola selbst blieb bislang jegliches Ungemach mit der DFB-Gerichtsbarkeit erspart, obwohl er immer wieder geltende Regeln übertritt - im Wortsinn: die Grenzen der Coaching-Zone. Neulich gegen Schalke rannte er sogar bis zur Eckfahne, um mit dem Assistenten wegen eines nicht anerkannten Treffers zu sprechen. Zutiefst einsichtig verspricht der während der Spiele oft überdreht-emotionale Katalane Besserung und sagt brav: "Ich weiß, dass es nicht korrekt ist. Es tut mir leid für die Schiedsrichter und die anderen Mannschaften, Entschuldigung." Der erste Praxistest erfolgt in Stuttgart.

Karlheinz Wild