Bundesliga

Zweiter Versuch: Abstimmung über Torlinientechnologie

Keine einheitliche Tendenz bei den Bundesligisten

Zweiter Versuch: Abstimmung über Torlinientechnologie

Stein des Anstoßes: Bayerns Dante klärt im Pokalfinale den Kopfball Hummels hinter der Torlinie.

Stein des Anstoßes: Bayerns Dante klärt im Pokalfinale den Kopfball Hummels hinter der Torlinie. imago

Es war der 18. Oktober 2013, als die Debatte über die Einführung der Torlinientechnik auch in Deutschland an Fahrt aufnahm. Leverkusens Stefan Kießling köpfte am 18. Oktober 2013 im Spiel in Hoffenheim (2:1) auf das 1899-Tor. Der Ball ging am linken Pfosten vorbei, gelangte durch ein Loch im Außennetz aber dennoch hinter die Torlinie. Schiedsrichter Felix Brych erkannte den Treffer an, der Einspruch Hoffenheims gegen die Wertung der Partie wurde anschließend abgeschmettert. Die aufflammende Diskussion gipfelte schließlich in einer Abstimmung der 36 Profivereine am 24. März 2014. Mit dem Ergebnis, dass sich die überwältigende Mehrheit gegen eine Einführung aussprach.

Die Ruhe währte aber nur bis Mai. Dann klärte im Pokalfinale zwischen Bayern München und Borussia Dortmund (2:0 n.V.) Bayern-Verteidiger Dante einen Kopfball von Dortmunds Hummels auf der Torlinie stehend ab. Schiedsrichter Florian Meyer entschied auf kein Tor, obwohl der Ball die Torlinie vollständig überschritten hatte. Wenige Tage später reichte der FCB - eigentlich Begünstigter der Fehlentscheidung Meyers - einen erneuten Antrag auf die Einführung der Torlinientechnik "zum frühest möglichen Zeitpunkt" ein.

Nur die Bundesligisten sind am Zug - Im März hieß es 9:9

Allerdings werden morgen nur die 18 Bundesligisten entscheiden. Denn im März sprachen sich die Zweitligisten mit 15:3 gegen eine Einführung der Torlinientechnik aus - wohl aus wirtschaftlichen Gründen. Immerhin ist die Torlinientechnik mit Kosten verbunden, die sich je nach System auf mehrere Hunderttausend Euro summieren können. Für manch Zweitligisten könnte das durchaus problematisch werden. Bei Erstligisten dagegen dürften Ausgaben im mittleren sechsstelligen Bereich kaum als stichhaltiger Grund einer Ablehnung gelten.

Eine einheitliche Linie ist unter den Bundesligisten aber auch nicht festzumachen. Für eine Satzungsänderung und die Einführung der Torlinientechnik müsste eine Zweidrittelmehrheit her, zwölf Vereine also mit Ja stimmen. Im März hatten neun Erstligisten mit Ja gestimmt, ob sich drei neue Befürworter finden lassen, gilt keineswegs als gesichert. Für genügend Spannung ist demnach gesorgt.

Neben den Bayern haben sich auch Borussia Dortmund, der 1. FC Köln, der 1. FSV Mainz 05, 1899 Hoffenheim, Werder Bremen, Borussia Mönchengladbach, Hannover 96 und Bayer Leverkusen als Befürworter positioniert. Andere Vereine wie der VfL Wolfsburg oder der FC Augsburg halten sich im Vorfeld bedeckt. Und es gibt erklärte Gegner wie den FC Schalke 04 oder den SC Paderborn, die ankündigten, mit Nein zu stimmen.

Torlinientechnik als Büchse der Pandora?

"Die Strittigkeit der Entscheidungen ist ein wesentliches Tool unserer Sportart", sagte zum Beispiel Eintracht Frankfurts Vorstandsvorsitzender Heribert Bruchhagen. Zumal etliche Vertreter befürchten, dass die Einführung der Torlinientechnologie sich als Büchse der Pandora erweisen könnte. "Wenn man die Tür öffnet, wird es irgendwann Techniken für Abseits und das Seitenaus geben. Der Schiedsrichter ist dann nur noch Erfüllungsgehilfe der Technik", gab selbst Kölns Manager Jörg Schmadtke, der für die Einführung stimmen will, zu bedenken.

Auf der anderen Seite ist die Tatsache, dass mit der Torlinientechnik nur über die Frage Tor oder nicht Tor entschieden werden kann, auch ein Grund für Ablehnung. "Tendenziell sind wir für den Videobeweis. Torlinientechnik ist Flickschusterei, das kommt 30 Spiele lang überhaupt nicht vor", so Schalkes Manager Horst Heldt.

Die Befürworter betonen dagegen die Vorteile. "Es vermindert Fehler der Schiedsrichter. Mehr Fairness im Fußball ist immer gut", sagte Coach Pep Guardiola vom Antragsteller Bayern München und auch Weltmeister Thomas Müller findet, dass die Torlinientechnik das Spiel "gerechter macht".

GoalControl und HawkEye bereits erfolgreich im Einsatz

Noel Valladares

Richtig erkannt: Der honduranische Keeper Noel Valladares erwischt gegen Frankreich den Ball erst hinter er Linie. Getty Images

Zumal die Technik ihre Tauglichkeit bereits unter Beweis gestellt hat. Bei der WM in Brasilien entschied das deutsche System GoalControl in der Partie Frankreich gegen Honduras (3:0) korrekt auf Tor. Und auch beim ConfedCup sowie bei der Klub-WM im letzten Jahr arbeitete GoalControl fehlerlos. Das kamerabasierte HawkEye, das seit der Saison 2013/14 in der englischen Premier League zum Einsatz kommt, entwickelte sich zu einer Erfolgsgeschichte. "Die Akzeptanz ist überwältigend" wird ein Liga-Sprecher in der "Süddeutschen Zeitung" (Mittwochausgabe) zitiert. Daneben gibt es noch das am Frauenhofer-Institut entwickelte GoalReef, das auf Magnetfeldern basiert.

Dass international die Torlinientechnologie bereits erfolgreich eingesetzt wird, sorgt für einen gewissen Druck auf Deutschland. "Die Fußballwelt hat sich ein wenig gewundert, warum gerade Deutschland die neue Technik bisher nicht eingeführt hat. Ich glaube: Als eine der größten Ligen der Welt sollte man eine gewisse Grundeinstellung zu Veränderungen haben", sagte DFL-Boss Christian Seifert.

Jedes Hilfsmittel nehmen wir gerne an.

Felix Brych

Und was ist mit den Schiedsrichtern, die wohl am meisten von der Technik profitieren würden? Sie haben sich klar für die Neuerung ausgesprochen: "Jedes Hilfsmittel nehmen wir gerne an", so WM-Schiedsrichter Brych. Er weiß schließlich mit am besten, warum.

jer