Bundesliga

Guardiola: Berechtigte Selbstkritik auf höchstem Niveau

Der Bayern-Trainer im stillen Kämmerlein

Guardiola: Berechtigte Selbstkritik auf höchstem Niveau

Nachdenklich trotz dauerhaftem Erfolgskurs: Bayern-Trainer Pep Guardiola.

Nachdenklich trotz dauerhaftem Erfolgskurs: Bayern-Trainer Pep Guardiola. imago

Und deshalb haben die Münchner seit 17 Pflichtspielen (14 Siege, 3 Remis) nicht mehr verloren, sie führen die Liga wie gewohnt an, mit einem Plus von vier Punkten gegenüber dem Zweiten aus Wolfsburg.

Während Manuel Neuer oder Jerome Boateng auf den noch gar nicht so üppigen Abstand zu den Verfolgern verweisen, lehnt ihr Trainer Pep Guardiola jegliche Auseinandersetzung mit dem nackten Zahlenmaterial ab. Ihn treibt vor allem die große fußballpädagogische Mission. "Entscheidend ist, dass wir uns immer verbessern", sagt der spanische Fußball-Lehrer: "Dass wir morgen besser sind als heute."

Spielersteckbrief Xabi Alonso
Xabi Alonso

Alonso Olano Xabier

Bundesliga - 11. Spieltag
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Bundesliga - Tabelle
Pl. Verein Punkte
1
Bayern München Bayern München
27
2
VfL Wolfsburg VfL Wolfsburg
23
3
Bor. Mönchengladbach Bor. Mönchengladbach
20
Trainersteckbrief Guardiola
Guardiola

Guardiola Josep

Bayern München - Vereinsdaten
Bayern München

Gründungsdatum

27.02.1900

Vereinsfarben

Rot-Weiß

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Guardiola sieht noch "viele Arten, auf die wir unser Spiel verbessern können". Darauf will er nach der Länderspielpause den Fokus richten und sich in diesen Tagen, da zehn seiner Spieler für die diversen Nationalmannschaften durch die Welt reisen, im stillen Kämmerlein mit Defiziten und Korrekturen beschäftigen. Neben dem intensiven Videostudium werden ihm da sicher Statistiken helfen.

Schwachstelle Eckbälle

Verbessern können sich die Seinen in jedem Fall bei Eckstößen. Sie haben sich zwar die meisten unter allen 18 Bundesliga-Mannschaften erspielt, aber 91 flache oder hohe, kurze oder lange Hereingaben von der Fahne aus wurden zu keinem einzigen der bislang 27 Treffer in der Bundesliga geschönt.

Da ist es egal, ob die Eckstöße von den Zauberfüßen eines Xabi Alonso, Franck Ribery oder Arjen Robben oder sonst wem ausgesandt werden. Auch bei den Standards insgesamt (Tor per Elfmeter; per oder nach Freistoß; nach Eckbällen und nach Einwürfen) sind die Münchner nicht ligaspitze, der VfL Wolfsburg durfte nach solchen Situationen neunmal jubeln, die Frankfurter und Stuttgarter je siebenmal, die Guardiolaner aber erst sechsmal. Einzig Xabi Alonso setzte einen Freistoß direkt ins Netz, unter der dilettantisch hoch springenden Bremer Werder-Mauer hindurch. Für Freistöße und Eckbälle darf sich Perfektionist Guardiola noch ein paar effiziente Erfolgsmodelle einfallen lassen.

27 Tore bei 102 Chancen sind mittelmäßig

Auch die Verwertung der Chancen sieht noch mittelmäßig aus, 26,47 Prozent wurden zu Treffern veredelt. Dabei handelt es sich jedoch allenfalls um ein Luxusproblem. 102 Chancen und 27 Treffer sind der Bestwert in der Bundesliga, die sich über die Großzügigkeit der Münchner freuen darf, wie am vorigen Samstag die wackeren Frankfurter, denen eine happigere Niederlage als das ohnehin schon schmerzhafte 0:4 gedroht hätte, wären Robert Lewandowski oder Mario Götze gnadenloser bei der Vollstreckung gewesen.

Wir sind erst im November. Wir haben noch einen langen Weg vor uns.

Pep Guardiola

Gar im unteren Drittel sind die Bayern-Stars gelistet, wenn es um die Laufstrecken geht: 115 Kilometer pro Partie legen sie im Schnitt zurück. Bei den drei Unentschieden waren jedes Mal die Gegner emsiger zu Fuß unterwegs: beim 1:1 in Gelsenkirchen sah die Kilometerhochrechnung 121,91:118,10 zugunsten der Schalker aus; in Hamburg (0:0) 120,41:115,07 für den HSV, und in Mönchengladbach (0:0) rannten die Borussen in der Summe 119,14 km, die Bayern 117,11. Ein Malus bedeuten diese Quoten allerdings nicht: Wer wie die Münchner ständig den Ball kontrolliert und hoch in der gegnerischen Hälfte steht und dort oft die Kugel zurückerobert, muss nicht so lange Strecken absolvieren.

Alonso & Co: Keine Zweikampf-Terrier

Auch im Zweikampf halten sich die Edeltechniker des Rekordmeisters eher vornehm zurück. Sie tragen die wenigsten direkten Duelle aus (121 pro Partie) - und in den drei Begegnungen mit Punktverlusten waren sie in diesem Bereich unterlegen: in Schalke (49:51), Hamburg (48:52) und Mönchengladbach (43:57). Der insgesamt mittelmäßige Wert - die Bayern gewinnen lediglich die Hälfte der Zweikämpfe - ist also verbesserungswürdig, auch wenn Guardiolas Konzept mehr für Kunst als für Kampf steht.

Und wenn die Lewandowski, Ribery, Robben, Müller und anderen FCB-Offensivakteure in den elf Ligaspielen 2014/15 bislang 2,45-mal ins Abseits tappten, so stellt diese Quote ebenfalls Durchschnitt dar. Die Abseitsfalle ließen Guardiolas Defensivleute 3,27-mal zuschnappen, die Frankfurter taten es 3,36-mal und die Borussen aus Mönchengladbach 4,09-mal.

"Wir sind erst im November", sagt Guardiola dieser Tage, für top hält er seine Starvereinigung noch längst nicht: "Wir haben noch einen langen Weg vor uns." Es ist eine Selbstkritik auf höchstem Niveau. Aber sie hat ihre Berechtigung, weil die Bundesliga für diesen frei nach Guardiola super super Bayern-Kader allenfalls Beiwerk sein kann. Die Abrechnung 2014/15 muss die Champions League liefern - umso mehr nach dem deftigen Halbfinal-Aus gegen Real Madrid (0:1/0:4) im Vorjahr.

Karlheinz Wild

Bilder zur Partie Eintracht Frankfurt - Bayern München