Aus dem Leverkusener Trainingslager in Lagos berichtet Frank Lußem
Stimmt auch. "Mit 26 bin ich im besten Alter. Da habe ich noch ein paar Jahre vor mir." Und schon einiges hinter sich. Zum Beispiel eine eher missglückte Nationalspieler-Karriere. Ganze fünf Länderspiele absolvierte er für Deutschland, während Manuel Neuer, Jerome Boateng, Sami Khedira oder Mesut Özil - seine Kumpels aus der U21, die 2009 Europameister wurde - heute längst Stammspieler bei Jogi Löw und Stars auf der internationalen Bühne sind.
Spielersteckbrief Castro
Trainersteckbrief Hyypiä
Bayer 04 Leverkusen - Vereinsdaten
Gründungsdatum
01.07.1904
Vereinsfarben
Rot-Weiß-Schwarz
"Im Rückblick muss ich sagen, dass ich mehr hätte heraus holen können", gesteht Castro, im gleichen Atemzug aber sagt er: "Hätte, wäre, wenn - das zählt nicht. Es bringt nichts, sich darüber Gedanken zu machen. Ich mache mir auch keinen Kopf, wenn die Nationalelf spielt. Ich sitze dann nicht auf der Couch und beiße vor Wut in die Kissen. Ich habe die Chance vertan und will jetzt nur noch so gut spielen, wie es geht. Aber die Konzentration gehört zu einhundert Prozent Leverkusen und da ist kein Platz für Gedanken an etwas anderes."
Ein langer Satz für Castro, der eher zu den Stillen im Land gehört und nichts von selbstverliebten Monologen hält. Nicht, dass er nichts zu sagen hätte. Im Gegenteil. Im Bayer-Tross hat er sich längst zum Führungsspieler gemausert. Jungs wie Julian Brandt (17) oder Levin Öztunali (17) bekommen Tipps vom Kollegen, der ja selbst einst in ihrer Lage war - als Teenie im harten Profigeschäft. Und er erkennt sich wieder in einem wie Emre Can (19), der aktuell hinten links aushilft, so wie er selbst viele Jahre hinten rechts (und links) aushelfen musste. Irgendwann reklamierte Castro für sich die Mittelfeldposition, doch Can rät er: "Ein junger Spieler muss so viele Spiele machen wie möglich. Egal, auf welcher Position."
Er selbst begehrte nie auf gegen die ungeliebte Position, bis er vor zwei Jahren in einem langen Strategiegespräch mit der sportlichen Führung deutlich machte, dass er fortan in der zentralen Rolle spielen wolle. Gerne in Leverkusen, wenn nicht da, dann eben anderswo. Bayer reagierte, seitdem ist "Gonzo" Mittelfeldspieler und der Vertrag wurde bis 2016 verlängert.
"Ich will mit Bayer einen Titel holen!"
Gonzalo Castro
Bis dahin will er auf jeden Fall ein Ziel erreichen: "Ich will mit Bayer einen Titel holen!" Weil er kein Fantast ist, denkt er dabei weder an die Deutsche Meisterschaft noch an eine europäische Trophäe: "Wir legen alles in den DFB-Pokal."
Berlin heißt das Ziel von Bayer, das Viertelfinale gegen den 1. FC Kaiserslautern steht ganz oben auf der Prioritätenliste der Werkself. Dass Castro "lieber einen Erstligisten" als Gegner hätte, hat Gründe. Bayer tut sich schwer gegen defensiv eingestellte Mannschaften, erzielte zum Hinrundenausklang in 180 Minuten kein Tor gegen mauernde Frankfurter und Bremer. "Wir arbeiten hier in Lagos daran, unser Spiel zu verändern." Soll heißen: Weg vom Umschaltspiel, hin zum Ballbesitz-Fußball mit den richtigen Mitteln, eine tief stehende Abwehr zu knacken: "Das müssen wir schnell lernen", fordert Castro.
Denn eines hat er sich fest vorgenommen für das nächste Trainingslager, im Sommer, nach dieser Saison: "Dann will ich zufrieden auf der Couch sitzen und Interviews geben." Und wann wäre er zufrieden? "Mit Platz zwei und dem DFB-Pokal." Dann hätte das aktuelle Trainingslager auf jeden Fall Sinn gemacht. Egal, das wievielte es war.
