Als sich Luhukay von der Journalistenrunde am Samstagabend verabschiedete, prophezeite er sich selbst, dass er "schlecht schlafen" werde. Tags darauf hatte er über diese Vorhersage ebenso Gewissheit wie über die bittere Aussagekraft der statistischen Auswertung. Gegen den Champions-League-Teilnehmer verzeichnete die Luhukay-Elf 12:4 Torschüsse, 9:1 Ecken, 44:9 Flanken, 63 Prozent Ballbesitz - und doch standen null Punkte zu Buche.
Wie schon gegen die anderen "Königsklässler" FC Bayern (2:3) und Schalke (0:2) waren die Berliner spielerisch, läuferisch und taktisch auf Augenhöhe. "Es kann nicht sein", wetterte Luhukay, "dass von 44 Flanken nur eine einen Abnehmer findet." Er vermisst "die letzte Durchschlagskraft, die letzte Genauigkeit, das Timing beim letzten Pass". In der Zone, wo die Spiele letztlich entschieden werden, passiert zu wenig - die abgebrühten Leverkusener erspielten sich mit deutlich weniger Aufwand eine Chance mehr (4:3).
Wenn ich ihn früher bringe, haben Hosogai und Cigerci im Zentrum nicht mehr so den Zugriff.
Jos Luhukay über Ronny
In der vergangenen Zweitliga-Spielzeit konnte sich die Hertha zudem immer auf die Stärke bei Standards verlassen. Für diese Baustelle ist allen voran Ronny zuständig, doch für den Coach bleibt das eine zwiespältige Angelegenheit. "Wenn ich ihn früher bringe, haben Hosogai und Cigerci im Zentrum nicht mehr so den Zugriff", sinniert Luhukay, der Woche für Woche vor der Frage steht: Wann ist es an der Zeit, dem Spiel Ronnys Qualität bei Standards zuzuführen - und dabei in Kauf zu nehmen, dass womöglich dadurch die Balance verlorengeht?
Baumjohann vor seiner Zeit
Einer, der für kreative Lösungen aus dem Spielgeschehen heraus steht, kann womöglich schneller als gedacht wieder mitmischen: Alexander Baumjohann, der sich Ende August das Kreuzband riss, soll im Januar ins Trainingslager nach Belek mitreisen. "Die Reha läuft sehr gut", erklärte Luhukay, "er ist seinem Zeitplan sogar voraus."
Sprint könnte schnell weg sein - Unnerstall "kein Thema"
Bewegung ist dagegen in der Torhüter-Frage entstanden. Nachdem sich Ersatzkeeper Sascha Burchert (24) zuletzt mit einer Kapselverletzung im rechten Sprunggelenk abgemeldet hatte, nominierte Luhukay Marius Gersbeck (18) und nicht den logischen Nachrücker Philip Sprint (20). "Marius hat mich im Training mehr überzeugt", sagt Luhukay. "Deshalb habe ich mich für ihn entschieden."
Hertha ist unzufrieden mit der Entwicklung von Sprint (Vertrag bis 2015) - und denkt wie schon im Sommer darüber nach, die Altersstruktur im Torwart-Bereich zu verändern. Es fehlt ein erfahrener Back-up für Thomas Kraft (25). Von dessen Potenzial sind Michael Preetz, Luhukay und Torwarttrainer Richard Golz überzeugt. Trotzdem wird der Markt genau beobachtet. Schalkes Lars Unnerstall (23), sagt Preetz, "ist kein Thema für uns".