Bundesliga

Derdiyok: "Ich war tief im Loch"

Leverkusen: Interview mit dem Last-Minute-Zugang

Derdiyok: "Ich war tief im Loch"

Spielte in Hoffenheim zuletzte keine Rolle mehr: Eren Derdiyok versucht den Neuanfang.

Spielte in Hoffenheim zuletzte keine Rolle mehr: Eren Derdiyok versucht den Neuanfang. imago

Herr Derdiyok, was hätten Sie vor drei Wochen dem geantwortet, der Ihnen eine Zukunft bei Bayer Leverkusen prophezeit hätte?

Ich hätte gesagt: hoffentlich! Aber ich war so weit weg, so tief im Loch, dass mir solch ein Gedanke nie gekommen wäre. Ich wollte einfach in eine funktionierende Mannschaft, in der ich zeigen kann, was ich draufhabe. Leverkusen ist natürlich ein Traum.

Was haben Sie empfunden, als Sie merkten, dass dieser Traum wahr wird?

Es gab einige Anfragen und Angebote. Als mein Berater Dirk Hebel mir sagte, er habe mit Bayer-Manager Michael Reschke gesprochen und da könne sich etwas ergeben, da hat's direkt gekribbelt. Die Gespräche verliefen dann realistisch, kein Gerede von früher, es ging nur um die Zukunft.

Rudi Völler sagte, es sei insgesamt zu wenig gewesen, was Sie gezeigt hätten, aber längst nicht alles schlecht. Trifft es das?

Ganz klar. Mir hat die Konstanz gefehlt, die Fähigkeit, nach zwei guten Spielen auf diesem Level zu bleiben. Umso wichtiger ist es, dass ich jetzt die Chance bekomme, allen zu zeigen, dass ich einiges begriffen habe.

Was?

Dass ich ans Limit gehen muss. Dass ich wie ein Profi leben muss, Respekt und Disziplin auf dem Rasen und außerhalb lebe. Mein Problem war, dass es keinen Durchschnitt gab. Ich war entweder gut und habe tolle Tore gemacht. Oder ich war so schlecht, dass mich keiner auf dem Platz sah. Das muss vorbei sein. Ich habe begriffen, dass man mich auch dann sehen muss, wenn ich nicht so gut drauf bin.

Kann Stefan Kießling da Vorbild sein?

Auf jeden Fall! Das ist ja eine seiner großen Stärken. Wenn es bei mir nicht gut läuft, muss ich eben alles dafür tun, dass ich dem Gegner das Spiel versaue. Und das geht über Einsatz, Kampf und Leidenschaft.

Ist es ein Problem, dass mit Sami Hyypiä ein ehemaliger Kollege nun Ihr Trainer ist?

Im Gegenteil! Sami war schon mein Trainer, als wir noch Kollegen waren. Er hat mir gezeigt, wie ich mich verhalten soll. Er ist ein ganz Großer, vor dem ich riesigen Respekt habe. Sami hat mir immer geholfen. Ich bin mir sicher, dass er mir auch jetzt helfen wird.

Ich stehe hier in der Pflicht. Ich bin hierher gekommen für einen Neuanfang.

Eren Derdiyok

Ersatz, Alternative, Backup, Antreiber, Motivator - in welcher Rolle sehen Sie sich hinter Kießling?

In jeder, die Sie beschrieben haben. Ich kann da viel draus machen. Ich will Stefan unterstützen, ihn entlasten, natürlich auch spielen und dann überzeugen. Ich will der Mannschaft helfen und dem Verein etwas zurückgeben.

Sie sind sich der Tatsache bewusst, dass Sie an diesen Worten gemessen werden?

Klar. Ich stehe hier in der Pflicht. Ich bin hierher gekommen für einen Neuanfang. Wir haben genug Spiele, ganz große Herausforderungen. Das motiviert mich ungemein.

kicker

Trotz des kuriosen 4:4 gegen Island besitzt die Schweiz realistische WM-Chancen. Sie auch?

Ich habe das Spiel am Fernseher verfolgt und wäre fast verrückt geworden. Aber wir sind Gruppenerster und können jetzt in Norwegen einen Big Point setzen.

Ohne Sie - Sie wurden zuletzt nicht mehr berufen. Bangen Sie um die WM-Teilnahme?

Ich bin laufend in Kontakt mit Herrn Hitzfeld, weiß, was er von mir erwartet. Dass ich nicht dabei war, ist kein Grund, sich verrückt zu machen. Die Chance ist groß.

Sie sagten selbst, in Hoffenheim seien Sie in ein tiefes Loch gefallen. Welchen Eren Derdiyok sieht die Liga demnächst?

Darauf will ich ab kommender Woche auf dem Rasen antworten!

Interview: Frank Lußem