Bundesliga

"Giefer? Ich wäre verwundert"

Schalke: Interview mit Timo Hildebrand

"Giefer? Ich wäre verwundert"

Zwei Torhüter mal nicht im Fernduell: Schalkes Timo Hildebrand (re.) gegen Düsseldorfs Fabian Giefer.

Zwei Torhüter mal nicht im Fernduell: Schalkes Timo Hildebrand (re.) gegen Düsseldorfs Fabian Giefer. imago

Herr Hildebrand, darf man Sie mittlerweile nach Schalker Aufbruchstimmung fragen?

Timo Hildebrand: Ein TV-Reporter stellte mir die Frage nach dem 0:4 in München. Da hat sie mich schon gewundert. Inzwischen kann man natürlich davon sprechen.

Dann mal los.

Hildebrand: Wir haben zwei gute Wochen hinter uns, mit aufsteigender Leistung. Das Derby kommt zur rechten Zeit. Aber wir müssen trotz allem bescheiden bleiben. Die Spiele gegen Düsseldorf und in Wolfsburg mussten wir gewinnen, um überhaupt oben dran zu bleiben.

Was genau ist passiert seit dem 0:4 bei Bayern?

Hildebrand: Es hat einfach eine Zeit gedauert, bis die Automatismen greifen. Bis wir umsetzen konnten, was der Trainer genau von uns will.

Wofür steht Jens Keller?

Hildebrand: Für aggressives nach vorne Verteidigen. Das trainiert er intensiv, nimmt sehr viel Einfluss.

Laut Christoph Metzelder hatte Schalke auch eine Krise der Führungsspieler.

Hildebrand: Vielleicht hätte man intern das eine oder andere laute Wort mehr sagen müssen. Aber ich bin in dieser Hinsicht ein gebranntes Kind. Deshalb halte ich mich mehr zurück als früher.

Ihr "Motzki"-Image stammt vor allem aus früheren Hoffenheimer Tagen. Geben Sie sich demzufolge heute anders?

Hildebrand: Ich habe meine Lehren gezogen, mich weiterentwickelt, und manchmal passt man sich auch an. Obwohl ich immer noch der Meinung bin, dass Leute, die nie zufrieden sind, weil sie maximalen Erfolg wollen, in der Öffentlichkeit Respekt und Anerkennung verdient hätten. Das beste Beispiel ist doch Matthias Sammer. Aber ich denke, diese Art ist grundsätzlich heute nicht mehr so erwünscht.

Vor dem Bayern-Spiel äußerten Sie Kritik an der Einstellung Ihres Teams. Allerdings so diplomatisch, dass es nach außen längst nicht jeder wahrnahm.

Hildebrand: Sehen Sie - da zeigt sich doch der Lernprozess.

Kommt Ihre Botschaft dann noch bei den Mitspielern an?

Hildebrand: Im Großen und Ganzen schon. Aber es ist ja völlig normal, dass der eine mehr davon annimmt und der andere weniger.

Wir hätten gar nicht so viel besser spielen müssen, um vier, fünf Punkte mehr zu haben. Dann hätten wir noch alle Chancen im Kampf um Platz drei. Jetzt ist es ein weiter Weg.

Timo Hildebrand

Wie zufrieden sind Sie?

Hildebrand: Es ärgert mich natürlich, dass wir aus dem super Potenzial unserer Mannschaft bislang nicht noch mehr herausgeholt haben. Wir hätten gar nicht so viel besser spielen müssen, um vier, fünf Punkte mehr zu haben. Dann hätten wir noch alle Chancen im Kampf um Platz drei. Jetzt ist es ein weiter Weg.

Wie viel Ihres eigenen Potenzials schöpfen Sie aktuell aus?

Hildebrand: Besser geht immer. Doch meiner Ansicht nach bin ich sehr stabil, souverän. Ich denke, ich helfe der Mannschaft sehr gut von hinten heraus, damit bin ich zufrieden.

Für Sommer ist aber Düsseldorfs Fabian Giefer im Gespräch.

Hildebrand: Ich will mich nicht an Gerüchten beteiligen, doch das habe ich natürlich mitbekommen.

Was empfinden Sie dabei?

Hildebrand: Wenn es so wäre, Verwunderung. Schließlich haben wir auch über den Sommer hinaus drei Torhüter unter Vertrag. Aber das ist Sache des Vereins.

Ein neuer Trainer könnte womöglich wieder neue Vorstellungen haben.

Hildebrand: Deswegen ist es umso wichtiger, den Fokus auf das Hier und Jetzt zu legen, es zu genießen.

Geht es nicht vielmehr darum, sich als Nummer 1 für kommende Saison zu qualifizieren?

Hildebrand: Der Verein sollte einschätzen können, was er an den aktuellen Torhütern hat. Ich habe schon letzte Saison gezeigt: Man kann sich auf mich verlassen. Als Qualifikationszeit sehe ich die jetzige Phase überhaupt nicht. Und genießen kann ich das Profileben sogar mehr als früher.

Wieso?

Hildebrand: Dank der harten Zeit während meiner Arbeitslosigkeit. Es von da zurückgeschafft zu haben bis ins Achtelfinale der Champions League bedeutet mir unheimlich viel. Das empfinde ich als etwas Besonderes.

Früher war eine typische Torhüter-Antwort: Egal wer kommt, ich spiele sowieso!

Hildebrand: Wie gesagt: Die Zeit der großen Sprüche ist vorbei.

Zeigt aber aktuell just das Beispiel Giefer, dass junge Torhüter bis heute mehr Fehler machen als ältere?

Hildebrand: Das ist normal und ging mir früher genauso. Aber als erfahrener Torhüter darf man eben auch nicht den Fehler machen, sich zu sehr auf seine Routine zu verlassen.

Interview: Thiemo Müller