Bundesliga

"Der Boykott eines kompletten Spieltags ist eine Option"

Reaktionen zur Verabschiedung des DFL-Papiers

"Der Boykott eines kompletten Spieltags ist eine Option"

Geht von neuen Fanprotesten aus: Philipp Markhardt, Sprecher der Organisation "Pro Fans".

Geht von neuen Fanprotesten aus: Philipp Markhardt, Sprecher der Organisation "Pro Fans". picture alliance

Das sagen die Fans

Philipp Markhardt, Sprecher der Organisation "Pro Fans" und der Aktion "12:12 - Ohne Stimme keine Stimmung": "Das Ergebnis ist sehr unschön. Ich gehe davon aus, dass es neue Proteste geben wird. Das wurde auch am Mittwoch in Frankfurt von den rund 1000 Fans, die vor Ort waren, schon diskutiert. Neue Stimmungsboykotte oder andere Aktionen könnten sich bis in den März hineinziehen. Auch der Boykott eines kompletten Spieltags ist eine Option. Aber es ist noch nichts in trockenen Tüchern. Wenn die DFL sagt, nach uns die Sintflut, wäre das das komplett falsche Zeichen. Entweder Dialog von Anfang an, oder man lässt es gleich bleiben, allerdings werden wir uns nicht von Herrn Rauball ein Sicherheitspapier vor die Nase setzen lassen, das wir dann auch noch umsetzen sollen."

Ben Praße von der Fanvereinigung "Unsere Kurve": "Wir sind enttäuscht, dass der Antrag der Vertagung nicht stattgegeben wurde. Wie die einzelnen Fans reagieren, wird man am Wochenende sehen. Es sind jedoch keine organisierten Maßnahmen geplant."

Alex Schulz von der Fanvereinigung "Pro Fans"): "Die Frustration ist bei vielen Fans groß. Die Gefahr ist groß, dass jetzt Probleme auftreten, die es vorher nicht gab. Wir können unsere Gruppen nur aufrufen, weiter am Dialog zu arbeiten."

Das sagt die Polizei

Bernhard Witthaut, Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei: "Ich bin froh, dass das Konzept von allen Vereinen mitgetragen wird. Es ist ein klares Signal der Vereine gegen Gewalt. Das Strategiepapier löst jedoch nicht das Gewaltproblem außerhalb der Stadien und mindert auch nicht die massive Einsatzbelastung der Polizei, besonders bei der An- und Abreise der Fans."

Rainer Wendt, Bundesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft: "Es war höchste Zeit, dass der zunehmenden Gewalt in und um deutsche Fußball-Stadien mit konkreten Maßnahmen begegnet wird. Die Richtung, die die DFL jetzt einschlägt, ist nachvollziehbar. Strengere Einlasskontrollen, verstärkte Videoüberwachung und Sanktionsmöglichkeiten können dafür sorgen, Gewalt gar nicht erst aufkommen zu lassen. Es hängt nun vom Verhalten der Fans ab, ob es tatsächlich zu schärferen Sicherheitsmaßnahmen kommt."

Das sagen die Vereine

Carl Jarchow, Vorstandsvorsitzender des Hamburger SV: "Dem überwiegenden Anteil der 16 Einzelanträge haben wir inhaltlich aus Überzeugung zugestimmt. Allerdings hatten wir den Antrag auf eine Vertagung zur Abstimmung bezüglich des Sicherheitskonzeptes gestellt, der aber mehrheitlich abgelehnt wurde. Aus unserer Sicht ist es bedauerlich, dass wir es nicht geschafft haben, mehr Zeit zu gewinnen, um im Dialog mit den Fans für mehr Vertrauen in und Verständnis für das Sicherheitskonzept zu werben."

Für ein solches Handeln steht der 1. FC Union Berlin nicht zur Verfügung.

Dirk Zingler, Präsident von Union Berlin

Dirk Zingler, Präsident von Zweitligist Union Berlin, der das Sicherheitspapier abgelehnt hat: "Alle in der Debatte der letzten Monate ins Feld geführten Zahlen zeigen, dass die Vereine in enger Zusammenarbeit mit den lokalen Sicherheitsbehörden und den Verbänden alles tun, um die sichere Austragung von Fußballspielen in ihrem Zuständigkeitsbereich, also den Stadien, zu gewährleisten. Es gibt keinerlei Veranlassung, sich einem wodurch auch immer motivierten politischen Druck zu beugen und zum jetzigen Zeitpunkt symbolisch eine Handlungsfähigkeit unter Beweis zu stellen, die überhaupt nie in Frage stand. Bereits die Sicherheitskonferenz im Sommer in Berlin bediente mit reiner Symbolik Forderungen der Politik. Für ein solches Handeln steht der 1. FC Union Berlin nicht zur Verfügung."

Darum ging es in Frankfurt

Martin Kind, Präsident von Hannover 96: "Die mehrheitliche Zustimmung ist eine Entscheidung der Vernunft. Das ist ein gutes Signal. Der Fußball kann für die Pseudo-Fans keine Plattform bieten. Und hier im Hinblick auf Pyrotechnik und Gewalt - das sind die beiden Themen, wo keine Kompromisslinien zu finden sind."

Max Eberl, Manager von Borussia Mönchengladbach: "Wir sind zufrieden, dass es im Sinne des Fußballs so verabschiedet wurde. Wer das Papier liest wird sehen, dass in dem Papier nichts wirkliches Dramatisches steht."

Stefan Kuntz, Vorstandsvorsitzender des 1. FC Kaiserslautern: "Wir haben in der Kommunikation vorher nicht ganz glücklich agiert. Es ist zur Verpflichtung gemacht worden, mit den Fans in Dialog zu gehen. Es ist individuell wichtig, auf die Fans zuzugehen."

Axel Hellmann, Finanzvorstand von Eintracht Frankfurt: "Wir sind zufrieden mit den Ergebnissen. Dieses Papier ist mit dem Papier vom Anfang nicht zu vergleichen. Da haben die Fans einen großen Anteil dran. Die Verankerung von Dialog zwischen Fans, Vereinen und Verbänden erhält meiner Meinung nach die Fankultur."

Zu sagen, es wäre ein Triumph, wäre einfach nur sarkastisch.

Harald Strutz, Präsident von Mainz 05

Harald Strutz, Präsident des 1. FSV Mainz 05: "Ich bin sehr froh, dass alle Vereine hinter uns waren. Es muss ein Bewusstsein geschaffen werden, dass es um ein Miteinander und nicht um ein Gegeneinander mit den Fans geht. Zu sagen, es wäre ein Triumph, wäre einfach nur sarkastisch. Ich bin froh, dass die Solidarität der Vereine heute so groß war."

Klaus-Dieter Fischer, Geschäftsführer von Werder Bremen: "Wir hätten es begrüßt, wenn diese Debatte nicht unter dem gegenwärtigen Zeitdruck hätte stattfinden müssen. Die Vertagung wäre ein hilfreicher Schritt gewesen, die aktuelle Hektik aus den Diskussionen zu bannen und intensive Gespräche abseits aktionistischer Reflexe zu führen. Wir haben uns in den vergangenen Wochen intensiv gemeinsam mit unseren Fangruppierungen und Fanclubs mit dem Positionspapier der DFL beschäftigt, haben Änderungsanträge eingereicht und konnten an einigen wichtigen Stellen Verbesserungen erzielen. Diese Möglichkeit der Einflussnahme hat uns bewogen, keine Blockadehaltung einzunehmen."

Es gibt keine Sieger und Verlierer.

Hans-Joachim Watzke, Geschäftsführer von Borussia Dortmund

Hans-Joachim Watzke, Geschäftsführer von Borussia Dortmund: "Es gibt keine Sieger und Verlierer. Mit diesem Kompromiss können sich die meisten arrangieren. Nur diejenigen, die auf Gewalt und Pyrotechnik aus sind, werden damit nicht zufrieden sein."

Gerd Mäuser, Präsident des VfB Stuttgart: "Ich denke, das Ergebnis ist insgesamt positiv für den deutschen Fußball und seine 36 Profiklubs zu werten. Mit den heutigen Entscheidungen ist ein wichtiger Schritt getan, die Unabhängigkeit des Fußballs gegenüber der Politik zu wahren. Wir haben allen 16 Einzelanträgen zugestimmt."

zum Thema

Fritz Keller, Präsident des SC Freiburg: "Es wurde sehr gewissenhaft diskutiert. Das Konzept hat noch einmal deutliche Veränderungen erfahren im Vergleich zur Ausgangssituation. Ich hoffe, dass den Kritikpunkten nach der ersten Version Rechnung getragen wurde. Nahezu allen Vereinen ist klar geworden, dass die jetzt beschlossenen Inhalte der beste Weg sind."

Martin Bader, Sportvorstand des 1. FC Nürnberg: "Über jeden der 16 Anträge haben wir unsere Vorstellungen sehr differenziert eingebracht, kontrovers diskutiert und dann in einigen Punkten zugestimmt, aber auch einige Punkte abgelehnt."

Klaus Allofs, Manager des VfL Wolfsburg: "Ich bin froh darüber, dass den Anträgen zugestimmt worden ist - dass wir jetzt die Richtung erst einmal vorgegeben haben. Das ist eine sehr positive Sache. Nacktscanner wollen wir auch nicht, aber wir wollen genaue Kontrollen, weil wir am Ende wollen, dass das Stadion sicher ist. Wer das nicht mitmachen möchte, der hat etwas zu verbergen. Das ist meine Meinung."

Karl-Heinz Rummenigge, Vorstandsvorsitzender des FC Bayern München: "Es war eine gute Sitzung der DFL. Rausgekommen ist das, was ich erwartet hatte. Die Bundesliga hat sich gegen Gewalt, Rassismus und Pyrotechnik ausgesprochen - und das ist gut so."

Peter Bircks, Aufsichtsratsvorsitzender des FC Augsburg: "Es ist eine solidarische Entscheidung der DFL. Die Fans haben deutlich dazugewonnen. Wenn Sie das genau durchlesen, findet eigentlich eine Verbesserung statt."

Robert Schäfer, Geschäftsführer von 1860 München: "Das ursprüngliche Konzeptpapier der 'Kommission Sicherheit' und dessen Anträge haben wir gemeinsam mit den sehr engagierten Vertretern unserer Fans diskutiert und durchgearbeitet. Zu den vorgelegten Anträgen in der ersten und zweiten Version haben wir jeweils gemeinsam mit den Fans eine Stellungnahme erarbeitet und diese an die Kommission weitergereicht. In diesen Dokumenten wurde eine gemeinsame Position von Verein und Fans mitgeteilt. Da die wesentlichen Anregungen aufgenommen wurden und so sichergestellt war, dass auch die Interessen der aktiven Fans berücksichtigt wurden, haben wir uns entschlossen, den Anträgen zuzustimmen."

Das sagt der DFB

DFB-Präsident Wolfgang Niersbach: "Dass die deutliche Mehrheit der Lizenzvereine Geschlossenheit demonstriert und für das Sicherheitskonzept gestimmt hat, ist ein wichtiges Zeichen für den gesamten Fußball und die überwältigende Mehrheit der friedlichen Fans in Deutschland. Wir brauchen den Dialog zwischen allen Beteiligten, aber auch einheitliche Leitplanken, an denen sich alle orientieren können."

DFB-Generalsekretär Helmut Sandrock: "Nach den vielen Diskussionen der vergangenen Wochen und Monate ist diese Entscheidung ein wichtiger Schritt, der hoffentlich weiter zur Versachlichung dieser Thematik beiträgt. Wichtig ist nun, dass alle Vereine die beschlossenen Maßnahmen konsequent und im Dialog mit ihren Fans umsetzen."

Das sagt die Politik

Joachim Herrmann, Innenminister Bayern: "Das ist ein dringend notwendiger Schritt für mehr Sicherheit beim Fußball. Die Sicherheitsbehörden und insbesondere die Polizei werden die Vereine bei der Umsetzung der einzelnen Maßnahmen begleiten und auch tatkräftig unterstützen, um Randale und Chaoten aus den Stadien zu verbannen. Unser gemeinsames Ziel ist ein friedliches Fußballerlebnis für alle Fans. Mit ihrer Null-Toleranz-Strategie bei Pyrotechnik hat die DFL meine vollste Unterstützung."

Der Besuch eines Bundesligaspiels muss und wird auch in Zukunft ein Familienfest bleiben.

Uwe Schünemann, Innenminister Niedersachsen

Monika Bachmann, Ministerin für Inneres und Sport Saarland: "Ich bin froh darüber, dass die Vernunft gesiegt hat. Das beschlossene Maßnahmenpaket von DFB und DFL ist ein großer Schritt in die richtige Richtung beim Kampf gegen Gewalt in Stadien. Ich teile die Meinung von Dr. Rauball: Das ist kein Beschluss gegen die Fans, sondern für die Zukunft des Fußballs."

Uwe Schünemann, Innenminister Niedersachsen: "Dies ist ein guter Tag für die Sicherheit im Zusammenhang mit Fußballspielen. Auf dieser Grundlage können wir jetzt die weitere Zusammenarbeit mit den Vereinen, der DFL und dem DFB auf ein sicheres Fundament stellen. Die Vereine haben ihre Verantwortung erkannt und müssen jetzt die Beschlüsse umsetzen. Der Besuch eines Bundesligaspiels muss und wird auch in Zukunft ein Familienfest bleiben. Fußballchaoten müssen isoliert werden."

Andreas Breitner, Innenminister Schleswig-Holstein: "Die Innenminister werden jetzt sehr genau beobachten, ob die einzelnen Maßnahmen tatsächlich dazu beitragen, die Gewalt im Zusammenhang mit Fußballspielen einzudämmen - ansonsten muss nachgesteuert werden."

Reinhold Gall, Innenminister Baden-Württemberg: "Geredet wurde lange genug, jetzt müssen die Maßnahmen auch umgesetzt werden."

Markus Ulbig, Innenminister Sachsen: "Eines ist klar, der Prozess muss weitergehen. Pyrotechnik im Stadion ist nicht Fankultur, sondern lebensgefährlich. Es muss einen klaren Konsens gegen Gewalt und gegen den gefährlichen Einsatz von Pyrotechnik geben."

Lorenz Caffier, Vorsitzender der Innenministerkonferenz: "Ich begrüße es ausdrücklich, dass die Mitglieder der DFL ihrem Vorstand im demokratischen Abstimmungsverfahren grundsätzlich gefolgt sind. Für den einen oder anderen war das Abstimmungsergebnis sicher ein Sprung über den eigenen Schatten. Auf der Grundlage der heutigen Ergebnisse stehen wir zum Dialog mit der DFL bereit."

Viola von Cramon, sportpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen: "Es geht auf den Druck von einigen sich im Wahlkampf befindenden Innenministern zurück. Bei genauer Betrachtung sieht man das den gefundenen Maßnahmen auch an - das Papier entpuppt sich in den entscheidenden Punkten als Nullnummer."