Bundesliga

Helmes: "Ein fieses Geräusch"

Wolfsburg: Der Stürmer im kicker-Interview

Helmes: "Ein fieses Geräusch"

"Ich nehme in meiner Karriere alles mit, was geht": Wolfsburgs Patrick Helmes.

"Ich nehme in meiner Karriere alles mit, was geht": Wolfsburgs Patrick Helmes. picture alliance

kicker: Herr Helmes, 2006 hatten Sie einen Mittelfußbruch, 2009 einen Kreuzbandriss im linken Knie, nun einen im rechten. Fragen Sie sich eigentlich: Warum immer ich?

Patrick Helmes: Nein, eigentlich nicht. Das ist nun mal unser Berufsrisiko. Klar habe ich in der Nacht nach dem Test gegen Manchester City gehofft, dass ich hoffentlich dieses Mal Glück habe, aber es kam leider wieder anders.

kicker: Wie geht es Ihnen nun, rund zwei Wochen nach der Diagnose?

Helmes: Am ersten Tag hatte ich schon ganz schön damit zu kämp­fen, das hat mich doch ein wenig runtergezogen. Jetzt blicke ich wie­der nach vorne.

kicker: Hatten Sie im Moment des Unfalls gleich die Befürchtung, dass das Kreuzband gerissen ist?

Helmes: Es hat knack knack gemacht, ein fieses Geräusch, das ich schon von 2009 her kannte. Diesen Ton habe ich mittlerweile drin in mei­nem Ohr. Aber weil der Schmerz nicht so groß war, hatte ich noch die Hoffnung, dass es vielleicht nur den Meniskus erwischt hat. Dann wäre die Pause kürzer gewesen.

kicker: Die Hoffnung zerschlug sich am nächsten Morgen.

Helmes: Ja, leider. Schon in der Nacht habe ich gemerkt, dass die Schmer­zen stärker wurden. Am nächsten Morgen konnte ich das Knie schon gar nicht mehr strecken oder beu­gen. Passenderweise war mit Dr. Peter Schäferhoff mein Vertrauensarzt aus Köln an diesem Wochenende in Braunschweig, weil der FC dort gespielt hat. Wir haben eine MRT gemacht, dann hatte ich Klarheit.

kicker: Und anschließend sicherlich viele Anrufe.

Helmes: Ja, das hat mich sehr ge­freut. Von den Mitarbeitern der VfL-Geschäftsstelle habe ich einen Blumenstrauß und ein tolles Plakat bekommen. Wirklich klasse. Auch meine Ex-Klubs haben an mich gedacht. Bayer Leverkusen, vom 1. FC Köln bekam ich direkt einen Blumenstrauß und einen Obstkorb. Ralf Loose, der in Siegen mein Trai­ner war, hat sich gemeldet. Auch Wolfgang Overath, Michael Meier und Jupp Heynckes.

kicker: Sie hatten etwas geschafft, was man Ihnen vor einem Jahr nicht mehr zugetraut hatte: Sie hatten bei Felix Magath eigentlich einen Stammplatz sicher.

Helmes: Deswegen ist es schon be­sonders bitter. Ich hatte mir ein gewisses Standing erarbeitet, ich denke schon, dass ich fest einge­plant war. Aber so ist das Geschäft. Ich nehme in meiner Karriere alles mit, was geht.

kicker: Vor einem Jahr wäre Ihre Verletzung vielleicht eine Rand­notiz gewesen, nun löste sie große Bestürzung beim VfL aus. Ist das zumindest ein kleiner Trost?

Helmes: Vielleicht ein ganz kleiner. Ich will schließlich Fußball spielen. Ich habe viel mitgemacht. Alleine im vergangenen Jahr ist so viel passiert, darüber könnte ich ein Buch schreiben.

kicker: Machen Sie sich nun wieder Sorgen um Ihre Zukunft beim VfL?

Helmes: Nein, ich sorge mich nicht. Aber klar ist auch: Wenn es bei ei­ner Mannschaft erst mal läuft, dann ist es schwer für einen Spieler, dort wieder reinzukommen. Aber das ist noch weit weg.

kicker: Würden Sie sich freuen, wenn Felix Magath tatsächlich keinen Er­satz für Sie verpflichtet?

Helmes: Was heißt freuen? Ich will, dass der VfL Erfolg hat, auch ohne mich. Felix Magath wird schon das Richtige tun. Ich bin überzeugt da­von, dass unsere Mannschaft vom Potenzial und von den Charakteren her zu den besten der Liga gehört.

kicker: Wie sieht nun Ihr Tagesab­lauf aus?

Helmes: Reha, Reha, Reha. Die ers­ten zehn Tage hatte ich Therapie in Köln, das dauerte immer so andert­halb bis zwei Stun­den. Das steigere ich nun, jetzt sind es dreieinhalb bis vier Stunden pro Einheit. Aber ich bin ein guter Reha-Mann.

Schon beim Supercup habe ich vor dem Fernseher gesessen und gedacht, dass ich gerne spielen würde.

Patrick Helmes

kicker: Ist Ihr linkes Knie ein Mut­macher?

Helmes: Absolut. Das fühlt sich wie neu an, vom Riss von vor drei Jah­ren merke ich nichts mehr.

kicker: Was sind nun Ihre Ziele?

Helmes: Gesund werden und dann bleiben. Dazu brauche ich Geduld.

kicker: Sind Sie denn ein geduldiger Mensch?

Helmes: Normalerweise nicht. Ich hoffe, dass es vom Kopf her einfa­cher wird als beim letzten Mal. Aber es werden auch Tage kommen, die mir schwerfallen werden. Gerade jetzt, wenn es richtig losgeht. Schon beim Supercup zwischen Bayern und Dortmund habe ich vor dem Fernseher gesessen und gedacht, dass ich gerne spielen würde.

kicker: Beim ersten Kreuzbandriss standen Sie nach fünf Monaten wie­der auf dem Feld.

Helmes: Ich orientiere mich aber lie­ber an einem halben Jahr.

kicker: Die Nationalmannschaft...

Helmes (lacht): ...ist nun für sechs Mo­nate auf keinen Fall ein Thema.

kicker: Sie sind 28. Glauben Sie, dass Ihre beste Zeit als Fußballer noch kommt?

Helmes: Daran glaube ich immer. Ich bin davon überzeugt, dass ich an die letzten Monate wieder an­knüpfen kann.

kicker: In der vergangenen Saison sind Sie auch erst in der Rückrunde durchgestartet.

Helmes: Ja, das stimmt, wenn auch aus anderen Gründen. Ich habe ge­lernt, mich zurückzukämpfen. Das werde ich auch jetzt wieder tun.

Interview: Thomas Hiete