Kellers Mannschaftsführung ist geprägt von distanzierter Nähe. Der frühere Co-Trainer, der sich weiterhin duzen lässt, sucht durchaus den Kontakt zu seinen Profis. Im Training, wo er auch Einzelgespräche führt. Oder nach dem 3:3 in Kaiserslautern, als er lange Kriegsrat mit Christian Gentner (25) hielt und nach Antworten für die verspielten Punkte fahndete. Gleichzeitig scheut der Ex-Profi keine unbequemen Maßnahmen. Mauro Camoranesi (34), immerhin Weltmeister 2006, und Pavel Pogrebnyak (27), einer der Topverdiener, sind erst mal raus. Ihre Leistungskurven, gewellt wie schwäbische Spätzle, schmecken Keller nicht.
Kellers Trainingsinhalte sind eine Mischung aus bewährt und modern. Das gewohnte Auslaufen, das einfache Rundenlaufen, wird zuweilen aufgelockert, schon mal durch kognitive Übungen, die Aufmerksamkeit und Kreativität fördern sollen. Ein Beispiel: Spieler jonglieren mit den Händen kleine Bälle, während sie sich mit den Füßen auf engem Raum den Ball zuspielen. Das unter Christian Gross praktizierte Radfahren wurde gestrichen. Keller selbst gibt sich, wie er schon als Spieler war: bodenständig, hemdsärmelig. Er ist kein Fein-Rhetoriker wie Klopp, tritt nicht staatsmännisch auf wie van Gaal. Der Schwabe steht für Einfachheit: klare Worte, klare Anweisungen, klare Linie.
Bundesliga - 13. Spieltag
Trainersteckbrief Keller
VfB Stuttgart - Vereinsdaten
Gründungsdatum
09.09.1893
Vereinsfarben
Weiß-Rot
Kellers Spielweise ist offensiver, risikofreudiger als die seines Vorgängers. Schnelles Umschalten von Defensive auf Offensive und umgekehrt. Fast ausschließlich vertikal, kaum Quer-, nur im Notfall Rückpässe. Der Weg vor des Gegners Tor wird spielerisch gesucht, weniger mit langen Bällen aus dem Halbfeld auf einen großen Strafraumstürmer. Schlechte Karten für Pogrebnyak, für den das Wort Kombinationsfußball sowohl auf Russisch als auch auf Deutsch nicht vorkommt. Oder Camoranesi, den zwar Routine und Übersicht auszeichnet, aber alles im Tempo italienischer Gelassenheit.
Kellers Verhältnis zu Trainerstab und Führung ist von großer Kommunikation geprägt. Mit Co-Trainer Jürgen Kramny (39) hat er beim VfB noch zusammengespielt, beide verstehen sich gut. Mit Fredi Bobic (39) steht Keller ebenfalls im ständigen Austausch, sucht mit dem Sportdirektor nach Lösungen - damit alle Zahlen in Kürze Optimismus verbreiten.
George Moissidis
