Offiziell gibt es keine Stellungnahme vonseiten des Klubs. "Ich sage dazu nichts", teilte Klaus Allofs mit. Also keine Bestätigung, aber auch kein Dementi. Der Vereinschef verwies darauf, dass es sich um vereinsinterne Dinge handelt, die nicht für die Öffentlichkeit bestimmt seien.
Ankündigung nach dem 5. Spieltag
Wie der kicker aus Spieler- und Beraterkreisen erfuhr, hatte Allofs nach der 1:4-Niederlage in Hannover in einer Mannschaftssitzung entsprechende Sanktionen angekündigt. Dieser Ankündigung sind nun Taten gefolgt: Nur 50 Prozent des September-Grundgehalts sind ausgezahlt worden. Der Rest wurde eingefroren.
Obwohl die Bremer glauben, sie bewegten sich auf legalem juristischen Terrain, sind erhebliche Zweifel angebracht. "Eine Leistungskürzung ist rechtlich unzulässig", betont Dr. Frank Rybak, Justiziar der Vereinigung der Vertragsfußballer. "Ein Zurückbehaltungsrecht wegen einer Minderleistung existiert nicht." Ein Einfrieren von Gehaltsbestandteilen wie Grundgehalt oder Prämien lasse sich somit schwer mit mangelhafter sportlicher Leistung begründen, ist die durchgängige Meinung bei Arbeitsrechtlern wie beispielsweise dem Frankfurter Anwalt Horst Kletke.
"Eine Leistungskürzung ist rechtlich unzulässig."
Dr. Frank Rybak, Justiziar der Vereinigung der Vertragsfußballer
Den Werder-Profis stehen alle rechtlichen Mittel offen, gegen die Strafaktion des Arbeitgebers vorzugehen. Das deutsche Arbeitsrecht gestattet ihnen, ein Mahnverfahren einzuleiten. Zudem sieht das FIFA-Statut "eine Vertragsauflösung aus triftigen Gründen" vor (Artikel 14). Sollte Werder die zurückgehaltenen Zahlungen mit entsprechender Verzinsung nicht leisten, so hätte der Profi im Extremfall die Möglichkeit, fristlos zu kündigen. Was im Endeffekt hieße: Der Spieler wäre ablösefrei.
So weit werden es die Werder-Verantwortlichen gewiss nicht kommen lassen. Mit dem Oktober-Gehalt, so heißt es, soll es zur Auszahlung kommen, was am Sinn der Werder-Initiative zweifeln lässt. Als "eine mehr politische Aktion" bewertet Sportanwalt Kletke denn auch das Geschehen an der Weser. Oder es ist als eine populistische Aktion - ansonsten eher nicht im Bremer Repertoire - gedacht: Eine Machtdemonstration gegenüber den Fans, gleichzeitig eine extreme Variante, um die Mannschaft aufzuwecken. Im Team ist diese Art kollektiver Bestrafung natürlich nicht gut angekommen. Empörung im Kader, jedoch vorerst ohne juristische Gegenwehr.
Aktion des Musterklubs überrascht
Im Einzelfall mag es so etwas in der höchsten deutschen Spielklasse schon mal gegeben haben, doch in dieser Form ist das Vorgehen der Hanseaten einmalig. Ausgerechnet Werder, der Musterklub. Bei dem Ansehen, das der Verein und seine Repräsentanten genießen, fragen sich Juristen, warum Werder diese Maßnahme gestartet hat und wie sie juristisch begründet worden sein könnte.
Hans-Günter Klemm