Bundesliga

EuGH kippt Sportwettenmonopol

Deutscher Sonderweg vor dem Ende

EuGH kippt Sportwettenmonopol

In Deutschland bislang verboten: Mesut Özil wirbt auf dem Trikot von Real Madrid für den Wettanbieter bwin.

In Deutschland bislang verboten: Mesut Özil wirbt auf dem Trikot von Real Madrid für den Wettanbieter bwin. picture alliance

In einer gemeinsamen Erklärung hatten sich DFB, DFL, DOSB (Deutscher Olympischer Sportbund) und die Stiftung Deutsche Sporthilfe an die Politik gewandt, mit dem Ziel, eine "staatlich regulierte kontrollierte Öffnung des Sportwettenmarktes" zuzulassen. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat am Mittwoch in Luxemburg in einer Entscheidung die umstrittene deutsche Sonderregelung gekappt. Die deutsche Regelung begrenze die Glücksspiele – und damit auch die Sportwetten – nicht "in kohärenter und systematischer Weise". Die Regelung verstoße damit gegen die Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit in der EU.

Die höchsten EU-Richter stellten fest, grundsätzlich dürfe ein EU-Land den freien Dienstleistungsverkehr und die Niederlassungsfreiheit beschränken, wenn damit beispielsweise die Spielsucht bekämpft werden solle. Doch genau dies sehen die Richter in Deutschland nicht. Die intensive Werbung für staatliches Glücksspiel widerspreche dieser Rechtfertigung für ein Monopol.

So betrieben die Inhaber der deutschen Monopole Werbekampagnen, um mehr Gewinn zu machen. Und für andere, noch gefährlichere Spiele, die "ein höheres Suchtpotenzial aufweisen", beispielsweise an Automaten, gelte das Monopol nicht. "Unter diesen Umständen lässt sich das präventive Ziel des Monopols nicht mehr wirksam verfolgen, so dass das Monopol nicht mehr gerechtfertigt werden kann", heißt es in einer Mitteilung des Gerichts. Die deutsche Regelung dürfe "nicht weiter angewandt werden".

Die EU-Richter waren in insgesamt acht Fällen von Gerichten in verschiedenen Bundesländern angerufen worden, um vorzuentscheiden, ob die deutsche Monopolregelung mit dem EU-Recht vereinbar sei. Nun müssen deutsche Gerichte über die Klagen privater Anbieter gegen das Monopol entscheiden.

bwin sieht "historische Chance"

Jörg Wacker, Direktor bwin e.K., sieht sich in seiner Rechtsansicht bestätigt. "Wir begrüßen die heutigen Entscheidungen des EuGH. Erstens wird damit die von uns und der Europäischen Kommission stets vertretene Rechtsansicht bestätigt: Der Glücksspielstaatsvertrag und seine Verbote für private Anbieter sind gemeinschaftswidrig. Zudem sehen wir die EuGH-Urteile als historische Chance, Glücksspiel in Deutschland unter Berücksichtigung aller Vertriebskanäle zeitgemäß und richtungsweisend zu regulieren." Jörg Wacker weiter: "Die deutsche Politik hat die Zeichen der Zeit schon frühzeitig erkannt und eine Evaluierung des bestehenden Glücksspielvertrags bereits Anfang des Jahres in die Wege geleitet. Auf Basis der vorliegenden Urteile ist es dringend notwendig, dass Deutschland – wie jüngst Frankreich und Italien – rasch eine moderne, marktgerechte und gemeinschaftskonforme Glücksspielregulierung etabliert. So wird sichergestellt, dass Konsumentenschutz auf breiter Basis gewährleistet ist und Rechtssicherheit für etablierte, seriöse Anbieter geschaffen wird."

Die European Gaming and Betting Association (EGBA) bezeichnet die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs zum deutschen Glücksspiel-Monopol in einer Stellungnahme als Wendepunkt in der Rechtsprechung. Das Urteil werde entscheidenden Einfluss haben auf die in Deutschland nötige Reform des Glücksspielmarktes, erklärte EGBA-Generalsekretärin Sigrid Ligné am Mittwoch in Brüssel. "Andere EU-Staaten haben ihr System bereits geöffnet oder sind gerade dabei. Sie verabschieden sich von einem staatlichen Monopol zu einem System mit vielen Anbietern. Diese Staaten zeigen, dass die Verbraucher in einem System, das gesetzlich geregelt und offen für den Wettbewerb ist, besser geschützt werden können."

Der deutsche Sport kann nach dem Fall des Wettmonopols nach Ansicht von Sponsoring-Experten im internationalen Vergleich einen Wettbewerbsnachteil ausgleichen. Denn bislang entgingen dem Sport Einnahmen durch Sponsoring, Werbung und Abgaben der privaten Wettanbieter. "Wir gehen davon aus, dass die Verluste derzeit mehr als 300 Millionen Euro pro Jahr betragen", sagte Wettexperte Max Stahl vom Kölner Unternehmen Sport+Markt am Mittwoch der Nachrichtenagentur dpa.

Lotterieverwaltung will am Staatsvertrag festhalten

Ganz anders reagieren die deutschen Lottoanbieter auf das Urteil aus Luxemburg. Sie wollen grundsätzlich am Staatsvertrag über Glücksspiel festhalten. "Wir vertrauen auf die Politik in Bund und Ländern, dass die notwendigen Maßnahmen ergriffen werden, damit das in Deutschland bewährte Staatsvertragsmodell Bestand haben wird, heißt es in einer Erklärung des Präsidenten der Staatlichen Lotterieverwaltung Bayerns, Erwin Horak.