Bundesliga

Kießling: "In sechs Spielen ist noch alles möglich!"

Leverkusen: Interview mit dem Torjäger

Kießling: "In sechs Spielen ist noch alles möglich!"

Fußball, Bundesliga: Stefan Kießling (Bayer Leverkusen)

"Das Wichtigste ist, Platz drei zu halten": Stefan Kießling. picture-alliance

kicker: Herr Kießling, am Dienstag gab es einen Mannschaftsabend. Vergangene Saison wäre Ex-Trainer Bruno Labbadia das Thema gewesen. Worum ging es diesmal?

Stefan Kießling: Eigentlich um nichts. Es war mal wieder Zeit, sich zusammenzusetzen. Aber es war kein spezielles Treffen. Wer sagt, dass wir eine Krise haben - einreden können wir uns viel. Wir müssen die letzten sechs Spiele nur so angehen, wie man es von uns zuvor gewohnt war. Dann klappt es auch wieder.

kicker: Alle sprechen vor dem Spitzenspiel darüber, ob Schalke oder die Bayern Meister werden. Hat Bayer den Titel schon abgehakt?

Kießling: Es sind noch sechs Spiele, da ist noch alles möglich. Aber wir haben die zwei letzten Partien versaut. Wir müssen sehen, dass wir den dritten Platz verteidigen. Am Ende wird man sehen, ob man noch mal nach vorne kommt. Wenn wir jetzt in Frankfurt gewinnen, haben wir danach ein Endspiel gegen die Bayern und eine Chance auf Platz zwei. Über den ersten Platz brauchen wir gar nicht reden.

kicker: Warum nicht, bei dieser Konstellation?

Kießling: Weil wir erst mal in Frankfurt gewinnen müssen.

kicker: Mit welcher Zielsetzung gehen Sie in die Restsaison?

Kießling: Dass wir wieder unseren Fußball spielen. Dann kommen die Punkte von alleine. Das Wichtigste ist, Platz drei zu halten. Vor der Saison hätte das jeder unterschrieben. Nichts anderes zählt. Alles andere wäre Zubrot oder... - das Schlechte will ich gar nicht aussprechen. Ich bin überzeugt, dass wir die Kurve kriegen.

kicker: Nach einer überragenden ersten Hälfte in Dortmund mussten Sie mit einem Faserriss raus. Es folgten drei schlechte Hälften und zwei Niederlagen. Ihr Trainer Jupp Heynckes sagt, mit Ihnen komme totales Selbstvertrauen, die Moral, das Arbeitspensum zurück. Hängt alles nur an Ihnen?

Kießling: Das wäre ein schönes Kompliment, aber ich glaube nicht, dass es so ist. Wir haben einen so guten Kader, der Ausfälle kompensieren kann. Es ist einfach nicht gut gelaufen.

kicker: Wo liegen dann die Gründe für das Tief?

Kießling: Wir hatten einfach eine schlechte Phase. Die hat man halt mal. Vorher waren wir 24 Spiele unbesiegt. So eine Serie musst du erst mal aufstellen. Jetzt müssen wir aus dieser Phase wieder raus.

Bisher hätten wir Platz eins oder zwei verdient.

Stefan Kießling

kicker: Schon vor der ersten Niederlage wirkte Bayer nicht mehr ganz so kompakt. War es ein schleichender Prozess?

Kießling: Es ist natürlich schwierig vom Kopf her, wenn du 24 Spiele am Stück nicht verlierst. Wir haben viele junge Spieler, aber es darf nicht zur Gewohnheit werden zu sagen: Es geht schon. Wir standen meistens sehr gut. Zuletzt war das nicht mehr der Fall. Da sind wir nicht mehr so als Mannschaft aufgetreten. Das ist ein Lernprozess. Doch da gehören alle, Junge und Ältere, dazu.

kicker: Stürzt Bayer wieder ab?

Kießling: Nein, das glaube ich nicht. Wir haben zwei Spiele verloren - das haben die Bayern auch. Ich bin überzeugt, dass wir in Frankfurt gut spielen und gewinnen und die Saison gut gestalten werden.

kicker: Nach dem 0:2 gegen Schalke erklärte Kapitän Manuel Friedrich, so habe man nichts auf Platz drei zu suchen. Ist das Selbstvertrauen dahin?

Kießling: Natürlich muss Selbstkritik da sein. Aber es ist nicht alles schlecht. Wenn man nur das Schalke-Spiel sieht, haben wir auf Platz drei nichts zu suchen. Aber wenn man die bisherige Saison sieht, hätten wir Platz eins oder zwei verdient.

kicker: Am Mittwoch haben Sie nach Ihrem Muskelfaserriss erstmals komplett trainiert. Sind Sie fit?

Kießling: Ich bin fit für Frankfurt.

kicker: Ihr Ex-Trainer Michael Skibbe, der lange als schwach dargestellt wurde, ist in Frankfurt jetzt schon ein Gewinner der Saison. Wie beurteilen Sie seine Entwicklung?

Kießling: Ich freue mich für ihn. Ich habe mich immer gut mit ihm verstanden. Ich hoffe, dass er die Qualifikation für die Europa League schafft - aber ohne einen Sieg gegen uns.

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kicker: Im Moment diskutiert Fußball-Deutschland darüber, ob Kevin Kuranyi wieder für die Nationalmannschaft stürmen soll. Was meinen Sie?

Kießling: Dass er eine richtig gute Saison spielt, sieht jeder. Wenn einer vielleicht die Torjägerkanone gewinnt, hat er seine Leistung gebracht. Ich denke schon, dass er es verdient hätte, aber diese Entscheidung muss der Bundestrainer treffen. Und ich weiß nicht, was damals genau vorgefallen ist.

kicker: Sie sind ein ähnlicher Stürmertyp. Bangen Sie nicht aufgrund des Hypes um Kuranyi um Ihren Platz im WM-Kader?

Kießling: Nein, ich habe überhaupt keine Angst. Ich weiß, was ich geleistet habe. Wenn der Bundestrainer mich dann nicht mit zur WM nimmt, muss ich das akzeptieren. Dann muss ich halt Urlaub machen.

Interview: Stephan von Nocks