Bundesliga

Koller weg! Probleme bleiben

Bochum: Risse nicht mehr zu kitten

Koller weg! Probleme bleiben

Unmutsbekundungen der Bochumer Fans gegen Marcel Koller

Bochums Fans forderten am Samstag die Entlassung von Marcel Koller. Am Sonntag wurde der Schweizer gefeuert. picture-alliance

"Zeit für neue Helden" verkündet eine riesige Reklametafel am Trainingsgelände, die für das Pokalspiel gegen den FC Schalke am Dienstagabend wirbt. Helden? Marcel Koller, der seinen schwarzen Mercedes am Sonntag um 15.07 Uhr vom VfL-Gelände steuert, hat keinen Blick für die Reklame.

Stundenlang diskutieren Vorstand und Aufsichtsrat über die Zukunft des Trainers. Kurios: Schon am frühen Abend kursiert im Internet eine offenbar vom Verein vorbereitete Meldung, Koller sei gefeuert. Die offizielle Bestätigung folgt um 19.37 Uhr.

Der dritte Trainerwechsel der Saison war perfekt, nach Jörn Andersen (Mainz) und Dieter Hecking (Hannover). Zunächst übernehmen Co-Trainer Frank Heinemann (44) und A-Junioren-Coach Dariusz Wosz (40) die Trainingsleitung.

Vier Jahre und drei Monate lang dirgierte der Schweizer Meistertrainer den VfL, führte die Mannschaft 2006 in die Bundesliga, belegte danach mit dem Team die Plätze 8, 12 und 14. Durchaus beachtlich! In der laufenden Saison präsentierte sich Bochum aber vor allem auswärts desolat und fast leblos, schaffte zu Hause nach völlig missratenem Beginn ein 3:3 gegen Gladbach, siegte später mühevoll gegen eine schwache Hertha mit 1:0.

Am Abend nach der 2:3-Niederlage gegen Mainz gab Koller sich noch kämpferisch, redete davon, das Team "schnell wieder aufrichten" zu wollen und - im Blick auf die Beschimpfungen durch die Fans - dass er dies "seit Jahren gewohnt" sei. Dabei zeichnete sich die Trennung immer deutlicher ab.

Die lauten Meinungsbildner auf den Tribünen hatten sich längst auf Koller eingeschossen, doch wer genauer hinschaut, der erkennt, dass der Trainer bisher alle sportlichen Ziele mit der Mannschaft erreichte. Dass der VfL auch unter ihm Stammgast im Parterre der Liga ist, darf angesichts des schmalen Etats nicht wirklich überraschen.

Spektakulären Fußball konnte Koller mit den Seinen nicht bieten, doch wer den erwartet, der blickt an den Realitäten vorbei. Mit Personalkosten von 17 Millionen rangiert der VfL etwa auf gleicher Höhe wie die drei Aufsteiger Mainz, Freiburg (je 15) und Nürnberg (16,5); die anderen 14 Erstligisten wirtschaften in ganz anderen Dimensionen. Das ist Bochums Problem.

So registrierte nicht nur der Mainzer Manager Christian Heidel mit Erstaunen die Missbilligung von den Rängen. "Erwarten die etwa, dass Bochum um die Meisterschaft mitspielt? Wenn wir uns so wie der VfL immer wieder in der Bundesliga halten würden, dann kämen 30.000 Leute auf den Marktplatz, um uns zu feiern."

In der Betrachtung von außen schneidet der kleine Revierklub immer etwas besser ab als bei den Fans in der eigenen Stadt, die sich offenbar nicht an den Gedanken gewöhnen wollen, dass angesichts dieser Rahmenbedingungen mit einem Etat von 40 Millionen Euro schon der Erhalt der Klasse als Erfolg gewertet werden müsste.

Natürlich hat Koller Fehler gemacht. Kritiker monieren, seine ruhige Art habe sich abgenutzt, es sei Zeit für einen Trainer, der neues Feuer entfacht und für Begeisterung sorgt. Die Mannschaft hat sich nicht weiter entwickelt, und längst haben die Fans mit den Füßen abgestimmt: Nicht mal 8000 Jahres-Tickets hat der Klub abgesetzt, der Besuch gegen Mainz (16.225) war der schwächste aller 54 Bundesligapartien dieser Saison. Dem VfL laufen die Zuschauer weg.

Oft hat Marcel Koller in Bedrängnis die Wende noch geschafft, doch jetzt waren die Risse offenbar nicht mehr zu kitten. Koller ist weg, die Probleme bleiben. Als Alleinschuldiger an der Misere taugt der Trainer jedenfalls nicht.

Oliver Bitter