Bundesliga

"Ich würde die Bundesliga auf 16 Teams verringern"

Bayern: Karl-Heinz Rummenigge im kicker-Interview

"Ich würde die Bundesliga auf 16 Teams verringern"

Nachdenklich: Karl-Heinz Rummenigge spricht über brisante Themen.

Nachdenklich: Karl-Heinz Rummenigge spricht über brisante Themen. Kicker

Herr Rummenigge, bei der EURO ist das Spiel um Platz drei seit 1984 abgeschafft; beim Confederations Cup mussten Deutschland und Mexiko im kleinen Finale antreten, so dass die Spieler vier Tage länger bleiben mussten. Macht dieses Spiel angesichts der Belastung der Spieler Sinn?

Karl-Heinz Rummenigge: Das ganze Turnier war ein erfreulicher Test, die Spiele verliefen durchaus positiv. Dennoch ist das Turnier ein Cup ohne Wert. Dieses Spiel um Platz drei sollte man sich schenken. Die Champions League wurde um vier Spieltage gekürzt, deshalb wäre es schön, wenn FIFA und UEFA den Spielplan zugunsten der strapazierten Spieler entrümpeln würden. Ich sehe zurzeit aber wenig Licht im Tunnel.

Warum sind Sie so pessimistisch?

Rummenigge: Es geht exklusiv um Geld und Macht. Die Verbände möchten die Macht behalten. Obwohl sie nicht die Arbeitgeber der Spieler sind, wollen sie sie benutzen, wie sie sie brauchen.

Profitieren die Liga und die Klubs vom Confed-Cup, etwa durch Abstellungsgebühren?

Rummenigge: Es gibt bisher nicht einmal eine Vereinbarung mit FIFA oder UEFA hinsichtlich Welt- und Europameisterschaften.

Mit der G 14 haben Sie sich in dieser Sache sehr engagiert. Warum gibt es keine Erfolge zu verzeichnen?

Rummenigge: Es sieht nicht so schlecht aus. Die Angelegenheit liegt bei der Wettbewerbsbehörde in Bern. Es wäre schön, wenn wir vor der WM 2006 ein Urteil hätten. Die G 14 bleibt aktiv, wir wollen unsere Spieler nicht mehr kostenlos abgeben.

Im Interview mit Franz Beckenbauer (kicker vom 20. Juni, d. Red.) sagte FIFA-Präsident Joseph Blatter auf die Frage nach einer Beteiligung der Klubs an den WM-Einnahmen: "Das Problem muss von den Verbänden gelöst werden, deren Mitglieder die Klubs sind. Wenn sich die Verbände von den Klubs und ihren Ligen einfach überspielen lassen, haben wir die Pyramide nicht mehr im Griff, dann haben wir eine Zwei-Klassen- Gesellschaft mit den Armen und Reichen." Wie stellen Sie sich die von der G 14 geforderte Beteiligung vor?

Rummenigge: Das Problem ist, dass es nicht so einfach geht. Mit dem DFB haben wir ein Arrangement, das im Grundlagenvertrag steht. Aber wie soll es in Brasilien klappen? Es geht um ein Milliardengeschäft, um Wahnsinnssummen, an denen man die Arbeitgeber partizipieren lassen muss. Die FIFA muss nur ihre Statuten entsprechend anpassen.

In jenem kicker-Gespräch sagte Franz Beckenbauer: "Jetzt sind wir die Einzigen von den Großen, die mit 18 Teams spielen. Da sollte man überlegen, auch auf 20 zu gehen." Warum spricht sich der Vorstand des FC Bayern gegen diese Meinung aus?

Rummenigge: Jeder darf seine Meinung vertreten. Umfragen der DFL belegen, dass der Konsument mit 18 Bundesligisten total glücklich ist. Außerdem gäben wir mit 20 Klubs einen Vorteil für die Nationalmannschaft aus der Hand, weil wir dann die Winterpause abschaffen müssten. Die Spieler der großen Fußballnationen England, Italien und Spanien sind bei Turnieren in der Regel körperlich kaputt, weil sie den Winter durchspielen müssen. Taktisch und technisch sind wir ihnen sowieso unterlegen; dann fällt der physische Vorteil weg, wir hätten gar keine Chancen mehr. Das Votum der Liga für 18 Vereine ist auf der Vollversammlung am vergangenen Mittwoch deutlich ausgefallen.

Die Refinanzierung der vielen neuen Stadien und Arenen erfordert eine stärkere Auslastung. Was spricht gegen eine Aufstockung der Bundesliga?

Rummenigge: Wenn der FC Bayern kommt, sind die Arenen ausgelastet und immer voll. Gegen eine Aufblähung auf 20 Mannschaften sprechen viele Gründe wie zusätzliche Reisekosten, der TV-Topf müsste durch 20 geteilt werden. Und welche zwei Mannschaften kommen denn hoch? Ginge es nach mir, würde die Bundesliga auf 16 Teams verringert, weil es um Qualität geht, nicht um Quantität. Diesen Vorschlag wagte ich am Mittwoch gar nicht zu machen.

Ist eine Aufstockung nicht aus sportpolitischen Gründen wichtig in einem seit 15 Jahren um 17 Millionen Menschen größeren Deutschland?

Rummenigge: Der Osten hat sich sportlich nicht qualifiziert, allein darum geht es im Wettkampfsport.

Was kann die Liga in den anstehenden Verhandlungen über das TV-Honorar mehr anbieten, um mehr Geld zu bekommen?

Rummenigge: Einen TV-Markt, der sich zum Glück dramatisch verändert hat. Beim letzten Mal waren wir Bittsteller bei der ARD, heute sind wir es nicht mehr. Auch im Pay-TV gibt es nicht allein Herrn Kofler mit Premiere, zum Beispiel auch Kabel Deutschland.

Welcher Betrag ist marktgerecht?

Rummenigge: Wir brauchen 500 Millionen Euro.

Wäre neben neuen Terminen und variablen Anstoßzeiten eine Änderung des Spielmodus sinnvoll? Play-off-Runden, wie sie Wolfgang Holzhäuser aus Leverkusen vorgeschlagen hat? Oder Relegationsspiele um den Bundesliga- Auf- und -Abstieg?

Rummenigge: Wir müssen alles in Ruhe diskutieren. Es gibt interessante Ideen.

An welche denken Sie?

Rummenigge: Ich bin da völlig offen. Wichtig ist: Wir müssen uns besser vermarkten und so eine Nachfrage schaffen. Wir müssen im TV-Bereich weg von den monopolistischen Strukturen; drei, vier, fünf Kanäle müssen in den Wettbewerb einsteigen. Ich bin sicher, dass es so kommen wird.

Muss der Verteilungsschlüssel bei den TV-Geldern verändert werden?

Rummenigge: Wir sind im DFL-Vorstand so verblieben, dass wir erst den Bären erlegen und anschließend das Fell verteilen

Es ist also mit Neuerungen zu rechnen?

Rummenigge: Das würde ich nicht ausschließen.

Sehen Sie neben der zentralen Vermarktung der Liga die Möglichkeit für ein Splitting oder Mixed, wonach sich die Klubs im Pay- TV einzeln vermarkten können wie in Italien oder Spanien?

Rummenigge: Grundsätzlich müssen wir uns alle Optionen offen halten. Aber wir können uns mit diesen Ländern nicht so einfach vergleichen, dort sind andere Strukturen.

Warum sollte mehr Geld besseren Fußball bringen? Nach dem Kirch-Vertrag ging es von 2002 an zunächst international bergab mit der Liga.

Rummenigge: Entscheidend ist, dass wir in den Wettbewerb mit Juventus Turin, Milan oder auch Chelsea treten müssen. Und da müssen wir unsere Lücken finden.

Hält sich die Liga wegen der WM 2006 momentan in heiklen Fragen gegenüber DFB, UEFA und FIFA zurück?

Rummenigge: Klar, keiner will die Dinge schwieriger machen. Wir haben auch Vorteile von dieser WM, wie die Superstadien. Ein bisschen Zurückhaltung tut gut.

Wird es nach der WM wieder anders?

Rummenigge: Ich bin für ein konstruktives Miteinander. Aber man muss auch ernst genommen werden. Es kann nicht sein, dass wir nur für die Abstellung der Nationalspieler sehr gerne hergenommen werden.

Neben der G 14 wurde nun die Vereinigung der Europäischen Ligen (EFPL) gegründet, federführend war die DFL. Ist diese Union eine Konkurrenz zur G 14?

Rummenigge: Dieser Zusammenschluss europäischer Ligen erfolgte, um die Interessen der Arbeitgeber zu bündeln und sie gegenüber FIFA und UEFA zu vertreten.

Also ist die EFPL eine Art Partner der G 14?

Rummenigge: Abwarten. Ich habe mit Verbänden schlechte Erfahrungen gemacht.

In der am 5. August startenden Saison wird es pro Verein nur noch vier, 2006/07 nur noch drei Nicht-EU-Ausländer geben. Was halten Sie davon?

Rummenigge: Wir werden die Rechnung in internationalen Spielen bezahlen müssen. In den Grundlagenvertrag wurde dies in einer Nacht- und Nebelaktion aufgenommen. Den Punkt der Ausländerzahl würde ich so nicht mehr mittragen, das war ein fauler Kompromiss.

Ist dies auch, um zum Sportlichen zu kommen, die Rotation im Nationaltor, also das Torwartduell?

Rummenigge: Ich verfolge das sehr amüsiert, das eine oder andere nehme ich nicht mehr so bierernst.

Wie kommentieren Sie Jens Lehmanns Vorwurf, er werde von einer Bayern-Lobby gebremst?

Rummenigge: Auch das amüsiert mich sehr. In den Confed-Spielen haben die Profis des FC Bayern ihre Leistung gebracht und wesentlich dazu beigetragen, dass die Mannschaft besser dasteht als vor einem Jahr. Jürgen Klinsmann ist gut beraten, auf die Spieler des FC Bayern zu setzen: Sie haben die Qualität, sie können mit Druck umgehen und wissen, wie man große Spiele gewinnt.

Ist das von Klinsmann formulierte Ziel WM- Sieg 2006 nach ihren Erkenntnissen beim Confed-Cup realistischer geworden?

Rummenigge: Es ist ein sehr ambitioniertes Ziel, das Klinsmann zu Recht so formulierte, weil alles andere ohnehin nicht akzeptiert worden wäre. Jürgen macht vieles richtig. Der Confed-Cup war ein guter Test, sich in einem vernünftigen Rahmen zu zeigen. Doch gegen Argentinien und Brasilien fehlten noch einige Prozentpunkte, technisch, taktisch. Es ist kein Zufall, dass wir so lange nicht mehr gegen einen Großen gewonnen haben. Die Defizite können wir nur mit Willen, Kampf und Fitness wettmachen. Vor allem die Fitness ist ganz wichtig für so ein Turnier, und die wird der Bundestrainer hinkriegen.

Interview: R. Franzke/K. Wild