Bundesliga

Der Club denkt über Beiersdorfer nach

Nürnbergs Suche nach einem Sportvorstand

Der Club denkt über Beiersdorfer nach

Er ist auf Nürnbergs Radar aufgetaucht: Dietmar Beiersdorfer.

Er ist auf Nürnbergs Radar aufgetaucht: Dietmar Beiersdorfer. imago

Der Berg kreißte und gebar? Beim FCN bislang nichts, zumindest nichts Offizielles. Fast vier Wochen ist es her, dass sich Sportvorstand Andreas Bornemann weigerte, der Empfehlung des Aufsichtsrates zu folgen und Michael Köllner als Cheftrainer zu beurlauben. Der Rest ist bekannt, seitdem sind beide Geschichte - und auch wenn der ehemalige "Co" Boris Schommers die Chefrolle von Köllner interimsweise übernommen hat, so ist der Club seitdem trotzdem sportlich führungslos. Wie die Marschroute für die kommende Saison aussehen oder welche neue Spieler der FCN verpflichten soll, sind nur zwei von vielen wichtigen Fragen, die derzeit niemand beantworten kann und auch möchte.

Und das hat nichts damit zu tun, dass im Nürnberger Aufsichtsrat kein ehemaliger Profi sitzt. Selbst wenn das Gremium mit neun Ex-Profis bestückt wäre, dürfte es sich laut den Statuten nicht ins operative Geschäft einmischen. Kontrollieren und die Vorstände einstellen wie notfalls abbestellen, lautet schließlich die Aufgabe des Aufsichtsrates. Dass es dennoch für die Zukunft gewiss nicht schaden könnte, wenn in dem von den Mitgliedern gewählten obersten Vereinsorgan mehr Fußballkompetenz zu finden wäre, ist ein anderes Thema.

Doch zurück ins Heute und der seit Wochen laufenden intensiven Suche nach einem neuen Sportvorstand. Dass diese nun auf die Zielgerade eingebogen ist und unmittelbar vor dem Abschluss steht, möchte Dr. Thomas Grethlein so nicht bestätigen. In bester Politiker-Manier spricht er "von einem laufenden Prozess, der sich auf einem guten Weg befindet". Kein Wort über den genauen Zeitpunkt, und bloß keine Namen kommentieren. In dieser Beziehung ist das einst für seine Durchlässigkeit bekannte Gremium zu einer geschlossenen Auster mutiert. Dass dennoch der eine oder andere Name in den Umlauf gerät, der nicht wilden Spekulationen entspringt, lässt sich dennoch nicht verhindern. Dafür ist die Fußballwelt zu weitläufig und hat viel zu viele Ecken.

Möckels Makel: Er gilt als ein Bader-Mann

Christian Möckel

Kein Mann für Nürnberg? Christian Möckel. imago

So steht außer Frage, dass Felix Magath ein Kandidat für den Posten des Sportvorstands ist - dass seine Chancen kurioserweise eher klein denn groß sind, ist indes Spekulation. Ebenso ist es gesichert, dass für die neu geschaffene Stelle, die den Titel Kaderplaner oder Sportmanager tragen wird, mit Per "Pelle" Nilsson und Christian Möckel über zwei Ex-Spieler intensiv nachgedacht wird. Letzterer hatte von Juli 2010 bis Oktober 2015 bereits als Chefscout für den Club gearbeitet und dabei unterm Strich ein Transferplus von mehr als rund 15 Millionen Euro erzielt. Eigentlich eine blendende Referenz, hätte der ehemalige Sportvorstand Martin Bader das besagte Plus nicht mit unter anderem fahrlässig hohen Gehältern verbrannt. Für die meisten im Frankenland ist Bader mittlerweile das Sinnbild für eklatante Misswirtschaft - und da Möckel loyal unter ihm arbeitete und ihm später auch nach Hannover folgte, trägt er den Makel, ein Bader-Mann zu sein.

In der engen Verlosung, nur eine Etage höher als Vorstand, befindet sich auch jemand mit fränkischer Vergangenheit. Allerdings hat er in seiner Fußball-Laufbahn bislang den FCN nur als Gegner kennengelernt. Die Rede ist von dem in Fürth geborenen Dietmar Beiersdorfer, der vom Lokalrivalen aus den Weg in die große Fußballwelt fand. Erst als Fußballer, dann als Funktionär. So war der 55-Jährige unter anderem von November 2009 bis April 2011 der "Head of Global Soccer" bei der Red Bull GmbH tätig und somit salopp gesagt der Herr über deren Fußballprojekte in Salzburg, Leipzig, New York und Brasilien.

Beiersdorfers Ruf hat gelitten

Stark gelitten hat sein einst glänzender Ruf, als er sich von Juli 2014 bis Ende Dezember 2016 zum zweiten Mal dem HSV als Sportvorstand annahm und am Ende gehen musste. Viel, viel Geld investierte er in den Kader, ohne den Traditionsverein entscheidend nach vorne bringen zu können. Das ist zwar ein Makel, aber kein K.-o.-Kriterium, denn die Verhältnisse beim Klub an der Alster sind gelinde gesagt speziell. Was für ihn spricht: Als diplomierter BWLer verfügt er über ein breit gefächertes Wissen, gilt als cleverer Stratege, der Strukturen aufbauen und damit einen Verein ordnen kann. Und dies ist beim Club nicht nur "oben" nötig, auch in dem von Köllner rein nach dessen Vorstellungen umgemodelten NLZ besteht dringender Handlungsbedarf.

So löblich der Vorsatz des Aufsichtsrates ist, lieber eine Gesprächsrunde zu viel als eine zu wenig zu drehen, so sehr drängt doch die Zeit. Jetzt ist die Zeit, in der erste wichtige Entscheidungen für die die kommende Saison zumindest auf den Weg gebracht werden - so gesehen sollte der kreißende Berg alsbald zur einer Entscheidung kommen.

Christian Biechele