Amateure

Eschborn: Brutto = Netto

Hessen: Der Vorsitzende Michael Kopp trat zurück

Eschborn: Brutto = Netto

Am 10. Juni wird das Lizenzierungsverfahren für die Regionalligaklubs und die Aufsteiger aus den Oberligen abgeschlossen. Bis dahin müssen die "Wackelkandidaten“ ihre an die Lizenzerteilung geknüpften Bedingungen erfüllt haben. Dem früheren Bundesligaklub KFC Uerdingen, 1985 DFB-Pokalsieger, ist die Lizenz schon verweigert worden. Obwohl voraussichtlich am 11. Juni das Insolvenzverfahren gegen Uerdingen eröffnet wird, hat der KFC beim DFB Einspruch eingelegt. Uerdingen dürfte aber nur die Spitze des Eisberges sein. Denn: Für die Lizenzerteilung wird unvermindert getrickst und getäuscht. Dem DFB, der in der Regionalliga- Lizenzierung von der DFL unterstützt wird, sind in vielen Fällen die Hände gebunden. Weil er mit falschen Zahlen konfrontiert wird. Dem kicker liegen mehrere Verträge des letztjährigen Regionalliga- Absteigers 1. FC Eschborn vor, der als aktueller Meister der Oberliga Hessen jetzt wieder zurück in die Regionalliga Süd will. Verträge, die auch die Steuerfahndung interessieren. Wie der auf dieser Seite abgedruckte Vertrag eines Spielers. Der offizielle, dem DFB zur Lizenzierung im vergangenen Jahr eingereichte Vertrag, weist ein Bruttogehalt von 3800 Euro pro Monat aus. In einem Anhang, der dem DFB nicht vorgelegt wurde, wird eine Nettozahlung über 3800 Euro vereinbart. BRUTTO = NETTO also. Noch extremer ist die Diskrepanz bei einem anderen Spielervertrag (liegt ebenfalls dem kicker vor): Dort sind gegenüber dem DFB 400 Euro als "steuerpflichtiges Einkommen“ ausgewiesen, in dem Anhang zu dem Vertrag für die Saison 2004/ 05 wird ein monatlicher Bruttolohn von 3000 Euro nebst einer Einsatzprämie von 200 Euro netto pro Spiel, 100 Euro netto pro Punkt, eine Aufstiegsprämie über 3000 Euro netto sowie die Zurverfügungstellung eines Autos festgeschrieben. Allein aus sieben dem kicker vorliegenden Verträgen geht eine Gesamtverpflichtung des 1. FC Eschborn von etwa 800 000 Euro hervor. Wie will der Klub, der nach eigenen Angaben für die Regionalliga mit einem Etat von etwa einer Millionen Euro plant, die kommende Saison dann bestreiten? Im Geschäftsjahr 2004 schrieb Eschborn einen Verlust von 800 000 Euro. In diesem Frühjahr drohte die Insolvenz. Mit einer Bürgschaft über eine Million Euro rettete die Stadt den Verein vor dem Konkurs. Ende Mai trat Eschborn erneut an die Stadt heran, sprach von Fehlplanungen bei dem vorgelegten Sanierungsplan in Höhe von 300 000 Euro. Springt die Stadt, mithin der Steuerzahler, erneut ein? Auf der Mitgliederversammlung am vergangenen Montag trat der Vorsitzende Michael Kopp ab, erklärte: "Verzeiht mir, was passiert ist, mein Herz hat immer dem FC Eschborn gehört.“ Der Vorstand wurde nicht entlastet, da keine Kassenprüfung erfolgt war. Weil wichtige Unterlagen von der Steuerfahndung beschlagnahmt worden sind.

Rainer Franzke