Hajo Noppeney hat den Blick für die schönen Details noch nicht verloren. "Am Samstag liefen bei uns angereiste Fans in blau-weißen Trikots singend durch die Stadt. So etwas hat es hier bislang noch nicht gegeben", sagte der Klubchef des Regionalligisten FC Hennef wenige Tage nach dem torlosen Unentschieden gegen die Bundesliga-Reserve der Schalker.
Der vorangegangene wochenlange sportliche Misserfolg konnte seine Stimmung nicht nachhaltig trüben – eher das Gegenteil war der Fall: "Es macht eigentlich immer mehr Spaß, in dieser Liga mitzumischen." Dafür sind natürlich nicht nur die gegnerischen Anhänger in den Straßen der 45000 Einwohner zählenden Stadt im Rhein-Sieg-Kreis verantwortlich. Der Zuschauerschnitt ist von 200 in der Mittelrheinliga auf nun mehr als 700 gestiegen, die Gegner haben klangvolle Namen und der immense Kraftakt, alle 14 Tage Viertligafußball mit rund 60 ehrenamtlichen Helfern reibungslos zu veranstalten, macht Noppeney immer noch jede Menge Spaß – trotz aller Mühen.
Der erste Punktgewinn seit dem Aufstieg gegen den Gelsenkirchener Nachwuchs tauchte all dies nochmals in ein anderes Licht. Und befeuerte die Hoffnung: Sportlicher Erfolg ist möglich – auch für Hennef, auch in der Regionalliga.
Tatsächlich sah es danach lange nicht aus. An den ersten vier Spieltagen wurden die Skeptiker, die dem Klub angesichts des nahezu unveränderten Kaders und der geringen Risikobereitschaft der Vereinsführung ein kurzes Gastspiel in der vierten Liga prophezeit hatten, bestätigt. Null Punkte, 1:15-Tore – so lautete die desaströse Zwischenbilanz der 05er.
Ist der Aufsteiger zu schwach für diese Liga?
Es folgten jedoch drei Auftritte, die den Hennefer Verantwortlichen Mut gemacht haben und die Hoffnung nährten, dass es vielleicht doch mit dem großen Coup – dem Klassenerhalt – klappen könnte.
Beim 2:3 im Duell mit dem Mitaufsteiger FC Kray kassierte der Klub erst in der zweiten Minute der Nachspielzeit den Knockout. Sieben Tage später boten die 05er beim 3:4 auch in Mönchengladbach Paroli. Und am Sonntag war es dann endlich soweit: Im siebten Anlauf glückte der Elf von FC-Trainer Marco Bäumer der erste Punktgewinn. Eine couragierte Leistung gegen Schalke wurde mit einem Punkt belohnt. "Wir haben jetzt dreimal in Folge bewiesen, dass wir Regionalliga können", sagt Bäumer. Der 42-Jährige zog die Lehren aus den ersten vier Partien. Und er erkannte: Die offensive Spielweise, mit der die Hennefer in der Mittelrheinliga begeisterten, entpuppte sich eine Liga höher als Irrweg. "Wir haben gedacht, dass wir weiterhin mit HurraFußball bestehen können. Die Jungs haben den Gegner quer über den Platz gejagt, hoch verteidigt und riskant durchs Zentrum gespielt – das ist aber gewaltig in die Hose gegangen", sagt Bäumer.
Einer der Hoffnungsträger des Aufsteigers: Youngster Nikolas Klosterhalfen (Mitte). imago
Hoffnungen ruhen auf Youngster
Insbesondere beim 0:8 gegen den VfL Bochum II wurden die Hennefer Schwächen gnadenlos aufgedeckt. Mittlerweile sind lange Bälle im Spielaufbau kein Tabu mehr, das Mittelfeld wird mit dieser Methode schneller überbrückt, und gegnerische Konter durch das Zentrum werden auf diese Art vermieden. Personell dürfte sich indes bis zum Saisonende wenig verändern. Kostspielige Verpflichtungen sind nicht beabsichtigt. Für die Wende müssen also vertraute Kräfte sorgen. Eine davon ist Nikolas Klosterhalfen.
Der Youngster traf nach seiner Einwechslung im Spiel gegen Kray gleich doppelt und hätte im Duell mit Schalke II bereits seinen vierten Saisontreffer erzielen können. Der 19-Jährige scheiterte jedoch in der Schlussminute am glänzend reagierenden Schalker Keeper Timon Wellenreuther. "Dieser Junge macht einfach Spaß", erklärt Bäumer, "er ist pfeilschnell, bodenständig und unglaublich engagiert." Letzteres attestiert Klubchef Noppeney gegenüber dem kicker auch dem 05er-Trainer. "So lange Marco mit so viel Herzblut dabei ist, wird er auch nicht infrage gestellt – unabhängig von den Resultaten." Diese Aussagen machen Mut und dürften Bäumer gefallen. Denn am Samstag tritt seine Elf beim Spitzenreiter Viktoria Köln an. Bis zum nächsten Punktgewinn dürfte also noch etwas Zeit vergehen.
Tim Miebach, Wolfram Kämpf