Bundesliga

Kein Rot - da sieht Roth rot

Schiedsrichter: Umstrittene Entscheidungen

Kein Rot - da sieht Roth rot

Nicht nur die Rote Karte für Giovane Elber hat dafür gesorgt, dass die Schiedsrichter zuletzt in die Diskussion gekommen sind. Auch andere Fälle haben die Gemüter zum Kochen gebracht. Der Fall Krug Am vergangenen Sonntag wurden in Kaiserslautern und Rostock die Schiedsrichter kurzfristig getauscht, weil der 1. FCK sich schriftlich gegen den Einsatz Hellmut Krugs gewehrt hatte, der dem Verein im Dezember 1999 ein klares Tor nicht anerkannt hatte.

Die These : Mit dieser Entscheidung macht sich der DFB zum Handlanger der Klubs. Die Schiedsrichter- Ansetzung darf nicht zum persönlichen Wunschkonzert werden.

Dazu Volker Roth (Vorsitzender des DFB-Schiedsrichterausschusses): "Kein Klub kann eine Schiedsrichter-Ansetzung beeinflussen. Ich sehe auch in dem Brief des 1. FC Kaiserslautern keine Beeinflussung. Es war mein Fehler, Hellmut Krug für dieses Spiel einzuplanen, den ich - zugegeben kurzfristig, aber dennoch rechtzeitig - korrigiert habe, allein zum Schutz des Schiedsrichters. Nicht mehr und nicht weniger. Damit ist die Sache beendet."

Dazu Hellmut Krug : "Grundsätzlich habe ich kein Problem mit einer Ansetzung. Ich fahre dort hin, wo ich hin soll. Uli Hoeneß hat 1997 einmal gesagt, er wolle mich in München nicht mehr sehen. Seitdem habe ich die Bayern häufig wieder gepfiffen. Es können immer einmal Irritationen im Tagesgeschäft entstehen, die sich im Laufe der Zeit wieder legen. Es steht völlig außer Frage, dass ich irgendwann wieder ein Spiel des 1. FC Kaiserslautern leiten werde."


Kommentar von Thomas Roth: Korrektur des Fehlers falsch


Der Fall Fandel Am vergangenen Freitag pfiff Herbert Fandel beim Spiel Freiburg gegen Unterhaching in der fünften Minute einen Strafstoß für den SC. Er war auch im Hinspiel eingesetzt und gab in der 80. Minute einen umstrittenen Elfmeter, der zum 1:0 für die SpVgg führte.

Die These : Diese Ansetzung ist ungeschickt. Fandel befindet sich in einer Zwickmühle. Pfeift er Elfmeter, sagen die einen: Konzessionsentscheidung. Pfeift er nicht, sagen die anderen: Er will bewusst vermeiden, mit einer Konzessionsentscheidung in Verbindung gebracht zu werden.

Dazu Herbert Fandel : "Es ist mir völlig unbegreiflich, wie man solch verstrickte Gedankengänge haben kann. Ich habe als FIFA-Schiedsrichter so viele Aufgaben, dass ich ein Spiel, das ein halbes Jahr zurückliegt, überhaupt nicht mehr so genau im Kopf habe. An einen Elfmeter im Hinspiel zu denken, das können nur Leute, die wesentlich mehr Zeit haben als ich."

Dazu Matthias Zimmermann (Kapitän von Unterhaching): "Ich bin weit davon entfernt, jemandem etwas zu unterstellen. Dennoch wäre es sinnvoll, die Schiedsrichter erst gar nicht in die Schusslinie kommen zu lassen. Dass Herr Fandel bereits das Hinspiel gepfiffen hatte, war bei uns schon vor dem Spiel ein Thema. Unser Trainer hatte uns extra noch angehalten, vorsichtig zu sein im Strafraum. Wenn man dann nach fünf Minuten schon einen Elfmeter kriegt, ist es doch klar, dass das Diskussionen gibt."

Der Fall Elber/Sforza In Wolfsburg bedrängten nach Elbers Platzverweis einige Bayern-Spieler massiv körperlich Schiedsrichter Edgar Steinborn, der über mehrere Meter zurückwich. In Kaiserslautern schubste Ciriaco Sforza Bernd Heynemann ohne Folgen vier Mal.

Die These : Beide Schiedsrichter hätten sich im Sinne der Regel mit einer Roten Karte Respekt verschaffen müssen.

Dazu Volker Roth : "Ohne Frage, vollkommen richtig. Es war jämmerlich, dies am Fernsehen ansehen zu müssen. Hier gab es nur eins: Rote Karten. Warum dies nicht geschehen ist, konnten mir beide Schiedsrichter nicht erklären."

Dazu Bernd Heynemann : "Ich hatte unmittelbar vor dieser Szene auf Freistoß für Stuttgart entschieden und habe Sforzas Bewegungen als nicht so massiv empfunden. Ich wusste, dass er bereits die Gelbe Karte hatte, er wäre also mit einer weiteren vom Platz gegangen. Ich hatte den Eindruck, Sforza wollte mich darauf aufmerksam machen, dass mir mein Assistent etwas mitteilen wollte. Ich habe ihn dann auch gefragt, aber dies war nicht so." Der Fall Pinto In Kaiserslautern ließ sich der Stuttgarter Pinto im Strafraum fallen, ohne dass Torhüter Georg Koch ihn berührt hatte. Die TV- Zeitlupe dokumentierte dies deutlich. Bernd Heynemann, der bis dahin sehr gut gepfiffen hatte, entschied auf Elfmeter.

Die These : In solchen Situationen ist der Schiedsrichter verraten und verkauft. Gibt er Gelb für eine Schwalbe und die TV-Bilder zeigen dass er falsch lag, ist er auch der Buhmann. Deswegen sollte es zur Abschreckung im Strafraum Rot für eine Schwalbe geben.

Dazu Volker Roth : "Erst zu Beginn dieser Saison wurde die Regel dahingehend geändert, dass es für Täuschungsversuche auf dem ganzen Platz die Gelbe Karte gibt. Man muss wohl über die Verschärfung der Regel nachdenken, da unsere Fair-Play-Appelle an Trainer und Spieler offenbar nichts nutzen. Allerdings ist eine Situation wie in Kaiserslautern für den Schiedsrichter unglaublich schwierig zu bewerten, da auch hier nur die Super-Zeitlupe Aufklärung bringen konnte."

Dazu Bernd Heynemann : "Jeder im Stadion war der Meinung, dass dies ein Elfmeter war. Der ganze Bewegungsablauf sah hundertprozentig danach aus. Ich glaube nicht, dass Rot als Abschreckung etwas bringt. In solchen Situationen ist der Schiedsrichter immer der Dumme. Ich denke eher, der Fußball sollte im Fernsehen nur so rübergebracht werden, wie er in der Realität zu sehen ist. Also nicht mit Zeppelin- Kamera, Hosen-Kamera oder so etwas und auch nicht mit der Zeitlupe, sondern nur im normalen Bewegungsablauf. Dann würde jetzt noch jeder denken, dass der Elfmeter korrekt war."

Der Fall Thiam Am 25. März verhinderte der Stuttgarter Pablo Thiam mit der Hand unmittelbar vor der Linie ein Tor des Berliners Marko Rehmer. Schiedsrichter Helmut Fleischer gab Elfmeter, aber keinen Platzverweis, weil er den Täter nicht erkannt hatte.

Die These : Auch im Fußball müssen, wie in einigen anderen Sportarten, elektronische Hilfsmittel zur Wahrheitsfindung eingesetzt werden.

Dazu Dr. Helmut Fleischer : "Diese Entscheidung war für mich mega- bitter, aber weder mein Assistent noch ich konnten die Szene genau erkennen. In diesem Fall wäre ich natürlich froh gewesen, wenn ich eine Kamera zur Verfügung gehabt hätte, die schnell Aufklärung gebracht hätte. Aber dies wäre nur in ganz wenigen Fällen eine Hilfe. Viele andere Szenen würden auch mit elektronischen Hilfsmitteln nicht hundertprozentig zu klären sein. Deswegen sollte der Fußball weiterhin auf sie verzichten."

Dazu Marko Rehmer : "Das wäre sicherlich hilfreich. Man sollte also überlegen, ob dieses Hilfsmittel nicht in bestimmten Situationen angewendet wird. Das Spiel ist doch ohnehin unterbrochen. Und die Zeit, die bei der Debatte des Schiedsrichters mit den Spielern draufgeht, reicht auch für die Auswertung der Aufzeichnung aus. Im Eishockey geht es doch auch."

Thomas Roth