kicker: Am 10. Dezember 2010 spielten Sie für Karlsruhe zum letzten Mal um Punkte. Wie fühlte sich das Comeback beim 1:1 gegen Werder Bremen II an?
Marco Engelhardt: Nach dem Erlebnis im Freundschaftsspiel gegen die Bayern war es natürlich sehr schön, wieder auf dem Platz zu stehen, wenn es um etwas geht. Aber ich hatte am Sonntag ziemlich schwere Beine. Es braucht noch etwas Zeit, bis ich mich an die Intensität gewöhnt habe. Aber grundsätzlich bin ich froh, wieder Fußball spielen zu können. Das habe ich sehr vermisst.
kicker: War es schwierig, auf der ungewohnten Linksverteidiger-Position einzusteigen?
Engelhardt: Nein, ich habe ja dort schon öfters gespielt. Zum Kräfteeinteilen kam mir die Rolle sogar entgegen. Im Zentrum muss man doch mehr marschieren. Insgesamt ist über meine Seite nichts angebrannt. Das war ganz okay, ist aber noch ausbaufähig.
kicker: Ist das 1:1 beim Tabellen-Schlusslicht nicht zu wenig?
Engelhardt: Auf jeden Fall. Wir hatten in der ersten Halbzeit ja auch die besseren Torchancen. Es mangelte noch an Selbstsicherheit. In den nächsten Spielen müssen wir dominanter und zwingender auftreten.
kicker: Empfanden Sie es nicht als trostlos, statt vor 40.000 vor 400 Zuschauern zu spielen?
Engelhardt: Ich hatte schon eine kleine Träne im Auge, als wir am großen Weserstadion vorbeigefahren sind. Doch letztlich ging es um Punkte; da ist es dann egal, was um uns herum geschieht. Zumal unsere mitgereisten Fans auf dem Nebenplatz ja klar den Ton angaben.
In Russland oder im Iran hätte ich richtig Geld verdienen können.
Marco Engelhardt über Angebote aus dem Ausland
kicker: Nach knapp elf Jahren kehrten Sie trotz einiger Angebote aus dem Ausland zu Ihrem Heimatverein zurück. Warum diese Entscheidung?
Engelhardt: Bei Rot-Weiß hatte ich das beste Gefühl. Der Verein leistet gute Arbeit, intern wird von oben bis unten die gleiche Sprache gesprochen. Es ist eine Herzensangelegenheit für mich, noch einmal dort zu spielen, wo ich groß geworden bin. Das Geld war zweitrangig.
kicker: War vor allem nicht der Dreieinhalbjahresvertrag ausschlaggebend?
Engelhardt: Klar spielte die Laufzeit auch eine Rolle. Sie gibt mir mit 31 Jahren Planungssicherheit. Es ist jedoch in erster Linie eine Herausforderung, die Entwicklung des Vereins in den nächsten Jahren mitgestalten und beeinflussen zu können. Die Mannschaft hat Potenzial, ein neues Stadion wird gebaut – hier entsteht etwas. Ziel muss es sein, mit Rot-Weiß in die 2. Liga zu kommen und sich dort dauerhaft zu etablieren.
kicker: Hatten Sie keine Zukunftsängste, als Sie nach Ihrer Vertragsauflösung in Karlsruhe keinen neuen Arbeitgeber fanden?
Engelhardt: Sicher ist es ärgerlich, nichts Passendes zu finden. Aber Druck ist in einer solchen Situation der falsche Ratgeber. Und es gab ja einige Möglichkeiten. In Russland oder im Iran hätte ich richtig Geld verdienen können. Aber darum ging es mir nicht. Das Gesamtpaket muss stimmen.
kicker: Was ist in dieser Saison für Rot-Weiß noch drin?
Engelhardt: Dadurch, dass die Liga so ausgeglichen ist, reicht eine kleine Serie, um nach oben schielen zu können. Wir wollen möglichst lange auf Tuchfühlung zum dritten Platz bleiben, was allemal reizvoller ist, als im Niemandsland rumzutingeln. Aber Remis helfen uns da nicht weiter.
kicker: Der letzte Heimsieg datiert von Ende August...
Engelhardt: Dann wird es Zeit, dass Rot-Weiß zu Hause wieder eine Macht wird. Das Stuttgart-Spiel Samstag muss der Anfang sein.
Interview: Marco Alles