3. Liga

Graues Mittelmaß

SVWW: Lettieri wird nicht infrage gestellt

Graues Mittelmaß

Erwartungen nicht erfüllt: Der öffentliche Druck auf Gino Lettieri wächst.

Erwartungen nicht erfüllt: Der öffentliche Druck auf Gino Lettieri wächst. imago

Beim SV Wehen Wiesbaden brennt knapp einen Monat vor Weihnachten der Baum. Zwar haben sich Präsidium und Geschäftsführung demonstrativ hinter Trainer Gino Lettieri und die Mannschaft gestellt, doch die Fans haben erst einmal die Nase voll vom wenig ansehnlichen Kicken ihres Teams. Das Fass zum Überlaufen brachten die letzten beiden Partien, in denen der große Aufstiegsfavorit gegen Tabellenschlusslicht Jena und den Vorletzten Oberhausen gerade einmal ein Pünktchen ergatterte. Dass zwischen diesen beiden Spielen Geschäftsführer Wolfgang Gräf auf der Mitgliederversammlung neben anderem persönliche Schicksalsschläge einiger Spieler als Grund für die schwankenden Leistungen bezeichnete, löste im Fanlager einen Sturm der Entrüstung aus.

Fakt ist, dass der SVWW mit seinen bislang 24 Punkten weit hinter den eigenen Erwartungen zurückgeblieben ist. Sechs Siege, sechs Unentschieden, sechs Niederlagen und keine Tordifferenz - 20 geschossen, 20 kassiert. Das bedeutet graues Mittelmaß pur. "Das Einzige, was bei uns konstant ist, ist die Inkonstanz", sagt Torwart Michael Gurski, einer der wenigen, der eine zufriedenstellende Saison spielt. An den vielen verletzten Spielern alleine kann es nicht liegen, die haben andere Vereine auch. Viel mehr fällt auf, dass es mit Ausnahme von Marcus Mann keiner der Neuzugänge bislang geschafft hat, eine tragende Rolle zu übernehmen. Und da setzt die Kritik der Zuschauer in den Foren an. Trainer und Geschäftsführer hätten das Team falsch zusammengestellt, verdiente Spieler ziehen lassen und nicht adäquat ersetzt.

SV Wehen Wiesbaden - Vereinsdaten
SV Wehen Wiesbaden

Gründungsdatum

01.01.1926

Vereinsfarben

Rot-Schwarz-Gold

mehr Infos
SV Wehen Wiesbaden - Die letzten Spiele
Eintracht Braunschweig Braunschweig (A)
1
:
0
Holstein Kiel Kiel (H)
0
:
1

Alle für den SVWW

Das Votum hätte eindeutiger nicht sein können: Vor der Saison zählten alle 20 Trainer der 3. Liga den SV Wehen Wiesbaden zum Kreis ihrer Aufstiegsfavoriten. Der souveräne Spitzenreiter Sandhausen wurde nur sechsmal genannt. Dem SVS wurden im Jahr zuvor die größten Chancen eingerämt - und er spielte lange gegen den Abstieg.

"Spieler wie Marco Christ, Thorsten Burkhardt oder Nico Herzig habe in der vergangenen Saison wenig gespielt, die brauchen ihre Zeit", hatte Lettieri schon früh in der Saison davor gewarnt, die Erwartungen in den Himmel schießen zu lassen. Nun muss er sich fragen lassen, ob seine Strategie bei der Kaderzusammenstellung die richtige war, wenn er die Gefahren kannte. Trotzdem kann Lettieri in Ruhe arbeiten, derzeit stellt den 44-Jährigen keiner, der im Verein das Sagen hat, infrage. Gleichwohl wächst der Druck, dem Spieler und Trainer ausgesetzt sind. Für Gurski ein ganz normaler Teil seines Profi-Daseins. "Wer das nicht aushält, hat sich den falschen Beruf ausgesucht", sagt Gurski, der schon ganz andere Klubs erlebt hat. "Hier sind die Fans doch noch zivil. Es gibt Vereine, da stürmen die Anhänger in einer vergleichbaren Situation die Geschäftsstelle." Von derartigen Zuständen ist der eher beschauliche SV Wehen Wiesbaden tatsächlich noch weit entfernt.

Carsten Dietel