Bundesliga

Heynckes: "Der Verein und ich passen nicht"

Vor 20 Jahren endete Frankfurts Missverständnis

Heynckes: "Der Verein und ich passen nicht"

Vor 20 Jahren bei der Eintracht zurückgetreten: Jupp Heynckes.

Vor 20 Jahren bei der Eintracht zurückgetreten: Jupp Heynckes. imago

"Wenn ich am 7. Juli hier anfange, werden die Uhren anders gehen." Was im Sommer 1994 vollmundig und vielversprechend begann, endete zwei Tage nach der 0:3-Heimpleite gegen Schalke 04 (31. März 1995) mit dem Rücktritt des damals 49-Jährigen vorzeitig. Heynckes trat als Gentleman ab, verzichtete großzügig auf eine Abfindung des noch bis 30. Juni 1996 laufenden Vertrages. Seine Begründung: "Der Verein und ich passen nicht zueinander. Zu unterschiedlich sind unsere Auffassungen von professioneller Arbeit und dem Aufbau einer neuen Spitzenmannschaft, der in Frankfurt erforderlich ist."

Heynckes glaubte schaffen zu können, woran seine Vorgänger Dragoslav Stepanovic und Klaus Toppmöller gescheitert waren: Eine launische Diva zum Meister zu formen. Wie er seinen eigenen Anspruch, "Wir wollen Meister werden", in die Tat umsetzen wollte, erklärte Frankfurts neuer Hoffnungsträger seinerzeit im kicker-Interview: "Entscheidend ist, wer die Order gibt. Das kann in sportlicher Hinsicht nur der Trainer sein. Das bin ich. Wer dagegen verstößt, kriegt eine aufs Maul!".

Schon im Herbst musste sich Heynckes eingestehen: "Ich bin unter falschen Voraussetzungen zur Eintracht gekommen." Die Entwicklung der Talente und die Perspektive des Kaders ließen den Meistertrainer von Bayern München schnell erkennen, dass es lange Zeit beanspruchen würde, Frankfurt nach oben zu bringen.

Yeboah: "Heynckes oder ich"

Die Eintracht kam unter Heynckes nicht hinaus über die Rolle einer Grauen Maus, von Ruhe und Ordnung, für die der Trainer mit harter Hand sorgen wollte, keine Spur. Anfang Dezember eskalierten die Querelen. Aus der Meuterei, bis dahin einmalig in der Liga, der Spieler Anthony Yeboah, Maurizio Gaudino und Jay-Jay Okocha ging Heynckes als Held hervor. "Heynckes oder ich", hatte Kapitän Yeboah gefordert und nach einem Straftraining seine Teilnahme am Spiel gegen den Hamburger SV verweigert. Gaudino, der nach gewaltigen Attacken gegen den Trainer schon Wochen zuvor vorübergehend ausgemustert worden war, und Okocha sagten ebenfalls ab. Yeboah wurde abgemahnt, dem Trio ein sofortiger Klubwechsel nahegelegt. Yeboah (Leeds United) und Gaudino (Manchester City) wurden aussortiert, Okocha durfte bleiben.

Heynckes war nach dem 2:0 gegen den HSV als Sieger gefeiert worden. Das Bekenntnis von Präsident Matthias Ohms beim Neujahresempfang bedeutete uneingeschränkte Rückendeckung für Heynckes: "Mit der korrekten, klaren Arbeitsweise unseres Cheftrainers geht der Aufbau einer neuen, attraktiven, in sich gefestigten Mannschaft einher. Wir sind uns bewusst, dass ein steiniger Weg vor uns liegt." Der endete am 2. April.

Für Frankfurt gingen die Uhren ab 1996 tatsächlich anders: Abstieg!

Heynckes hatte seine Vorstellungen weiter konsequent durchgezogen. Ohne Erfolg. Weil versprochene Millionen-Transfers (Sforza, Pflipsen) für die neue Saison nicht zustande kamen, zwischen Anspruch und Wirklichkeit weiter Welten klafften, sich die Mannschaft bedrohlich der Abstiegszone näherte und Heynckes-Raus-Rufe immer lauter wurden, kapitulierte der 49-Jährige schließlich. Er trat zurück. Nur wenige Wochen später heuerte Heynckes, dessen Nachfolger bei der Eintracht Charly Körbel wurde, bei CD Teneriffa in Spanien an.

Für Frankfurt gingen die Uhren ab 1996 tatsächlich anders. Mit dem erstmaligen Abstieg in der Vereinsgeschichte aus der Bundesliga. Zweite Liga statt Meister. Frankfurts Quittung für jede Menge Missverständnisse.

Uli Gerke

Jupp Heynckes' einmalige Karriere