2. Bundesliga

Club: Wenn 90 Minuten über Jahre entscheiden

1. FC Nürnberg setzt nicht nur aufs Verteidigen

Club: Wenn 90 Minuten über Jahre entscheiden

Verteidigen im Kollektiv: Club-Torhüter Raphael Schäfer und Innenverteidiger Dave Bulthuis.

Verteidigen im Kollektiv: Club-Torhüter Raphael Schäfer und Innenverteidiger Dave Bulthuis. picture alliance

Das wird ohne Wenn und Aber so sein, denn das Verteidigen im Kollektiv, das gemeinsame Arbeiten gegen den Ball, wie es im Fußball-Neudeutsch so schön heißt, hat Trainer René Weiler den Seinen Tag für Tag eingebläut. Nur, verteidigen ist ja nicht gleich verteidigen. Man kann dies höchst passiv tun, indem man sich um den eigenen Strafraum postiert und des Gegners Angriffe erwartet. Und man kann offensiv verteidigen, den Gegner bereits in der eigenen Hälfte anlaufen und auf den frühen Ballgewinn aus sein. Der Vorteil von dieser Variante: Der Gegner kann sein Spiel nicht geordnet aufbauen, man selbst hat bei Ballgewinn einen kurzen Weg zum Tor. Der Nachteil der Variante: Schafft der Gegner es, dieses Pressing zu überspielen, bieten sich ihm Räume.

Welche Variante der 1. FCN wählen wird? Zumindest nicht die erste, denn Weiler betont, dass der FCN sehr schlecht beraten wäre, auf ein 0:0 zu spielen. "Das geht nicht", sagt der Trainer, dem das Tiefstehen seiner Elf gerade in der ersten halben Stunde des Hinspiels ohnehin zu extrem ausgefallen ist. Allerdings dürfte auch ein hohes Verteidigen wenn überhaupt, dann nur phasenweise auf seiner Agenda stehen. Die Eintracht hat nämlich auf den beiden Außenbahnen, unabhängig davon ob Ben-Hatira oder Gacinovic auflaufen, einen Vorteil in puncto Schnelligkeit - und den kann der Club am besten dadurch wettmachen, dass er sehr kompakt steht und keine großen Räume bietet.

Trainersteckbrief Weiler
Weiler

Weiler René

1. FC Nürnberg - Vereinsdaten
1. FC Nürnberg

Gründungsdatum

04.05.1900

Vereinsfarben

Rot-Weiß

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Pressingzone errichten, Nadelstiche setzen

Deswegen wird der Club vermutlich auf einen Mix setzen. Das heißt: Nicht zu hoch, aber auch nicht zu tief stehen und eine Pressingzone errichten, die rund 40 Meter vor dem Eintracht-Tor beginnt. Die Frage, wann und wo der FCN attackiert, ist letztendlich einerlei, ihm sollte es nur gelingen, den Bundesligisten möglichst vom eigenen Tor fernzuhalten - und dann selbst immer wieder Nadelstiche zu setzen. "Wir hätten in Frankfurt das 2:0 machen können, wenn wir Konter besser ausgespielt hätten. Das müssen wir ändern", sieht Burgstaller in diesem Punkt deutlichen Verbesserungsbedarf.
Sein Trainer widerspricht nicht: "Wir werden nicht oft Räume bekommen, aber wenn, dann müssen wir sie eiskalt nützen." Um die Einstellung seiner Mannschaft braucht er sich wie in den vergangenen Monaten auch keinen Kopf machen. Die ist für den Schweizer nämlich "tip-top", jeder macht Meter für den anderen, aufstecken gibt es nicht, das Zurückkommen nach Rückschlägen ist eines der Markenzeichen dieses Teams. Und so wird es eher darauf ankommen, ob der großen Bedeutung dieses Spiels nicht zu überdrehen.

Die nächsten zwei Jahre stehen auf dem Spiel

Für den Club heißt es nämlich nicht nur, erste oder zweite Liga, sondern es stehen generell die nächsten Jahre auf dem Spiel. Finanziell gesehen geht der Club nämlich auf Krücken, das angeblich "wohlbestellte Feld", das die alte Führung hinterlassen haben will, ist ein mit bösen Fallgruben übersäter Acker. Ohne den Aufstieg muss er sich auf einen längeren Verbleib in Liga 2 einstellen, die Folgen einer verfehlten, existenzgefährdeten Politik nach dem Abstieg 2014 mit einem horrenden Gehaltsgefüge, um nur einen Punkt zu nennen.
Zusätzlich zu den sich klar abzeichnenden Abgängen von Niclas Füllkrug (Werder hat eine Kaufoption in Höhe von rund 1,8 Millionen Euro) und Sebastian Kerk (ist vom SC Freiburg ausgeliehen) muss der FCN als Zweitligist weitere Leistungsträger verkaufen, heiße Kandidaten sind Guido Burgstaller und Tim Leibold.

Und damit nicht genug: In weiteren Bereichen gilt es den Rotstift radikal anzusetzen, denn der Traditionsverein muss bis zum Jahresende ein Plus erwirtschaften, sonst droht ihm ein Punktabzug. Für die 2. Liga beträgt dieses Plus rund 250.000 Euro, in Liga eins das Doppelte. Hinter das Lizenzthema im Falle eines Verbleibs im Unterhaus kann der FCN übrigens einen Haken setzen. Er hat einen Bürgen gefunden und erfüllt damit die DFL-Auflage, deren Frist am Mittwoch abläuft.

Die Bundesliga wäre ein Segen für den Club

Somit wäre die Bundesliga ein Segen für den Club, der sich dringend finanziell konsolidieren will und muss - rein sportlich gesehen wäre sie deswegen eine riesige Herausforderung. Denn Sportvorstand Andreas Bornemann kann gelinde ausgedrückt nicht viel Geld in die Hand nehmen, um die Mannschaft zu verstärken. Und dies wiederum ist dringend erforderlich, will der FCN eine Chance auf den Klassenerhalt haben. Aber: Das wäre eine Aufgabe, der sich Bornemann selbstredend "liebend gerne stellen würde". Verständlich, nie war ein Aufstieg für den Club wohl so wichtig wie heute!

Chris Biechele

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