2. Bundesliga

"Motzki? Das steckt in mir drin"

Hertha: Interview mit Torhüter Thomas Kraft

"Motzki? Das steckt in mir drin"

Erfolgreich, realistisch, zielstrebig: Herthas Keeper Thomas Kraft legt an sich und das Team hohe Maßstäbe an.

Erfolgreich, realistisch, zielstrebig: Herthas Keeper Thomas Kraft legt an sich und das Team hohe Maßstäbe an. imago

kicker: Wie viele Glückwünsche zum Aufstieg kamen seit Montagabend, Herr Kraft?

Thomas Kraft: Nicht einer. Ich habe privat und beruflich mit Realisten zu tun. Alle wissen, dass wir mit dem Sieg gegen Kaiserslautern einen großen Sprung gemacht haben, aber noch nicht durch sind.

2. Bundesliga - Topspieler (Tor) 2012/13
TSV 1860 München Kiraly Gabor
2,79
Energie Cottbus Kirschbaum Thorsten
2,82
VfL Bochum Luthe Andreas
2,83
Trainersteckbrief Luhukay
Luhukay

Luhukay Jos

Spielersteckbrief Kraft
Kraft

Kraft Thomas

kicker: 13 Punkte vor Platz drei: Was soll noch anbrennen?

Kraft: Ich gebe hier nicht den Pessimisten, aber wir sollten sehr wach bleiben. Es sind schon andere Vorsprünge geschmolzen.

kicker: Wie anfällig ist Hertha jetzt für Selbstzufriedenheit?

Kraft: Ich sehe keine Anzeichen.

kicker: Und falls doch einer meint, kürzertreten zu können?

Kraft: Dann schnappe ich mir den und haue dazwischen. Ich lasse nicht zu, dass unser Saisonziel gefährdet wird.

kicker: Jos Luhukay sagt, die Mentalität des Teams habe sich gewandelt. Hat der Trainer Hertha den Egoismus ausgetrieben?

Kraft: Es sieht so aus - wobei im Abstiegsjahr hier auch nicht Egoismus das Kernproblem war, sondern die permanente Unruhe.

kicker: Wann hatten Sie persönlich den Abstieg verarbeitet?

Kraft: Mitte, Ende Oktober.

kicker: Was ist seit Sommer mit dieser Mannschaft passiert?

Kraft: Willen und Zusammenhalt passen. Mit den Siegen kam das Selbstvertrauen. Luhukay weiß, wie er uns ansprechen muss.

Braunschweig zu verdrängen, war ein riesiger Anreiz. Jetzt wollen wir bis zum Schluss oben bleiben

Thomas Kraft

kicker: Hertha liegt jetzt vorn. Wie wichtig ist das psychologisch?

Kraft: Braunschweig zu verdrängen, war ein riesiger Anreiz. Jetzt wollen wir bis zum Schluss oben bleiben.

kicker: Bricht Braunschweig jetzt ein?

Kraft: Nein. Das Team ist sensationell eingespielt und wird nicht unruhig.

kicker: Hertha ist seit 21 Spielen ohne Niederlage. Spricht das für Ihr Team oder gegen die Liga?

Kraft: Die Liga hat durchaus Qualität. Aber wir sind zu stark für diese Liga.

kicker: Gegen Lautern war Ronny schwach, trotzdem gab es einen Sieg. Wie wichtig ist diese Unberechenbarkeit?

Kraft: Extrem wichtig. Ronny ist Gold wert für uns, aber wir sind keine One-Man-Show.

kicker: Nach Sperre und Verletzung stehen Sie seit dem 5. Spieltag im Tor. Seitdem gab es keine Niederlage und zehn Spiele zu null. Fühlen Sie sich derzeit unterbeschäftigt?

Kraft: Quatsch! Die Kunst ist es, nach 30, 40 Minuten, in denen kein Ball kam, in dem einen Moment da zu sein. Das gelingt mir besser als früher, deshalb hat mich dieses Jahr weitergebracht.

kicker: Bei Ihrem Wechsel vom FC Bayern 2011 dachten Sie, zu einem Bundesligisten mit Perspektive zu kommen. Haben Sie Hertha BSC überschätzt?

Als Hauptstadt-Klub musst du irgendwann an Europa denken

Thomas Kraft

Kraft: Der Abstieg war ein brutaler Rückschlag. Aber an meinem Ziel, dass ich mithelfe, aus Hertha wieder einen etablierten Bundesligisten zu machen, hat sich nichts geändert. Ich kann mir gut vorstellen, dass mich diese Aufgabe auch über mein Vertragsende 2015 hinaus reizt.

kicker: Sie riefen unlängst das Fernziel Europa aus. Ist das nicht der dritte Schritt vorm ersten?

Kraft: Erst kommt der Aufstieg, dann - hoffentlich - die Etablierung in der Bundesliga. Aber als Hauptstadt-Klub musst du irgendwann an Europa denken.

kicker: Sie sind für Gegner und Mitspieler zuweilen sehr unbequem. Sind Sie gern der Motzki?

Kraft: Ja. Ich verstelle mich nicht, das steckt in mir drin. Als Torwart darfst du nicht nett sein. Mittlerweile steuere ich das. Bevor hier einer einschläft, explodiere ich.

Interview: Steffen Rohr