2. Bundesliga

Die Irrtümer der Hertha

Berlin: Wird die Qualität des Kaders überschätzt?

Die Irrtümer der Hertha

Besorgt? Nachdenklich? So langsam weiß Hertha-Trainer Jos Luhukay, auf wen er setzen kann.

Besorgt? Nachdenklich? So langsam weiß Hertha-Trainer Jos Luhukay, auf wen er setzen kann. picture alliance

Es ist in der Tat nicht angebracht, nach 270 Saisonminuten alles infrage zu stellen und "in der Kritik zu überdrehen", wie Franz beschwört. Zumal Jos Luhukay (49) im Vorjahr mit Augsburg erst am 9. Spieltag erstmals siegte. Bislang vermittelt der Fußball-Lehrer den Eindruck, die vielschichtigen Probleme erkannt und Lösungen parat zu haben. Er hat verständlicherweise viel experimentiert, sei es bei der Systemfrage oder in der Personalauswahl. So langsam weiß er, auf wen er setzen kann. Dennoch müssen sich Luhukay und Manager Michael Preetz in puncto Kadereinschätzung Fragen gefallen lassen:

Wird die Qualität des Kaders überschätzt? Franz meint, "mit so einer Truppe könne man Bundesliga spielen". Auch Trainer und Manager behaupten, die dürftigen Darbietungen seien keine Frage der individuellen Qualität. Nur: Ist das so? Roman Hubnik (28) soll Abwehrchef sein, knüpft bislang aber nahtlos an seine wackligen Auftritte in der Vorsaison und bei der EM an.

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Der bundesligaerprobte Felix Bastians (24) ließ ohne Gegenwehr den nicht fehlerfreien Nico Schulz (19) an sich vorbeiziehen. Sandro Wagner (24) fiel bei Werder durch und bei Absteiger Kaiserslautern nicht auf. Ronny (26) ignoriert permanent taktische Vorgaben und offenbart Fitnessdefizite. Der wechselwillige Adrian Ramos (26) fühlt sich nach einer einzigen guten Zweitligasaison zu Höherem berufen und fällt seit Wochen durch eine schlaffe Körpersprache auf. Und Änis Ben-Hatira (24), das vermeintlich große Talent (75 Erst- und Zweitligaeinsätze seit 2006!), verschleppt das Tempo und bleibt nach Ballverlusten gerne stehen. Mit ihm muss Luhukay derzeit viel sprechen. Diese Liste ist beliebig verlängerbar.

Reicht die Qualität des eigenen Nachwuchses? Preetz verweist mit Stolz auf die Vielzahl eigener Talente im Kader. Nur: Es sind meist die Jungen, die Gegentore verschulden. Schulz gegen Paderborn, John Anthony Brooks (19) in Frankfurt, Alfredo Morales (22) in Worms. Zudem verursachten die Keeper Sascha Burchert (22) und Philip Sprint (19) zwei Elfmeter. Luhukay "duldet die Fehler, aber sie müssen im Schnellkurs ihre Defizite abstellen und professioneller und ernsthafter werden".

Niemeyer sagt: "Einige sind zwei Jahre dabei und nicht mehr grün hinter den Ohren. Erhalten sie ihre Chance, müssen sie ihren Mann stehen und aus ihren Fehlern lernen." Aktuell genügt das Niveau des Nachwuchses noch keinen Zweitligaansprüchen.

Wurde die Seuchensaison vernünftig aufgearbeitet? In der Öffentlichkeit verweigert Preetz eine Analyse der Abstiegssaison. Intern hat sie noch nicht gefruchtet. Bei vielen gehen die Köpfe nach einem Negativerlebnis runter. Hubnik und Niemeyer, die Verantwortung übernehmen sollen, sind mit sich selbst beschäftigt oder damit, den unerfahrenen Nebenleuten zu helfen. Dabei verzetteln sie sich. Deshalb wünscht sich der Kapitän, dass die Neuzugänge, die unbelastet sind, "die Mannschaft noch mehr pushen". Für Allagui "muss die letzte Saison abgehakt sein. Wir dürfen nicht mehr viel reden, sondern müssen das aufgeregte, mediale Gerede mit einem Sieg beantworten." Ob es so einfach ist?

Uwe Röser