2. Bundesliga

Streit: "Abzocker? Das ist Blödsinn"

Aachen: Interview mit dem Neuzugang

Streit: "Abzocker? Das ist Blödsinn"

Neustart mit Fragezeichen: Aachens Albert Streit ist auf die Fans gespannt.

Neustart mit Fragezeichen: Aachens Albert Streit ist auf die Fans gespannt. imago

kicker: Nach der Vertragsauflösung beim FC Schalke 04 sagten Sie, eine Chance würden Sie wohl nur noch im Ausland bekommen. Wie überraschend kam da die Offerte von Alemannia Aachen, Herr Streit?

Albert Streit: Es gab eigentlich zwei Optionen: Das Ausland, eventuell Griechenland, oder aufhören, wobei es eher Richtung Karriereende ging.

Spielersteckbrief Streit
Streit

Streit Albert

Alemannia Aachen - Vereinsdaten
Alemannia Aachen

Gründungsdatum

16.12.1900

Vereinsfarben

Schwarz-Gelb

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kicker: Mit 31?

Streit: Die meisten Leute, die so etwas durchgemacht hätten wie ich, hätten hingeschmissen. In den letzten drei Jahren gab es 1000 Gründe, die Lust am Fußball zu verlieren.

kicker: Was treibt Sie also noch an? Wem wollen Sie es jetzt so richtig beweisen?

Streit: Ich muss niemand mehr etwas beweisen. Ich habe gezeigt, dass ich in der Bundesliga mithalten kann, und bin ich ja nicht aus sportlichen Gründen nicht mehr da oben dabei.

kicker: In Frankfurt starteten Sie unter Friedhelm Funkel durch, jetzt holt Sie Ihr Ex-Trainer nach Aachen. Warum kommen Sie mit ihm so gut klar, mit anderen Trainern aber offensichtlich nicht?

Streit: Funkel nimmt mich, wie ich bin. Er lässt mich machen, und damit ist er gut gefahren.

kicker: Andere Trainer hatten Probleme mit Ihnen. Rutten und Magath auf Schalke, in Hamburg warf man Ihnen Lustlosigkeit vor. Sorgen Sie ständig für Ärger?

Streit: Das finde ich nicht. Und lustlos? In Frankfurt und Köln habe ich auch starke Spiele gemacht, obwohl klar war, dass ich gehe. Wenn ich spiele, dann gebe ich nie 50 Prozent, sondern 100.

kicker: Felix Magath war da völlig anderer Meinung, Schalke wollte Sie loswerden. Und dann kam Ihre Äußerung, die für mächtig Ärger sorgte, dass Sie den besten Vertrag Ihres Lebens unterschrieben hätten, noch drei Jahre gut verdienen würden und nicht daran dächten, Schalke zu verlassen.

Streit: So hätte doch jeder andere auch gehandelt. Ich habe drei Mal so viel verdient wie in Frankfurt. Sollte ich das sausen lassen? Aber mir brachte das mein Image als Abzocker und geldgieriger Typ, schon merkwürdig. Abzocker? Das ist doch Blödsinn.

Wenn 60 000 pfeifen, weil ich schlecht spiele, kann ich damit umgehen. Was anderes ist, wenn dich nach dem Spiel 30 Mann vermöbeln wollen, dich anspucken.

Albert Streit

kicker: Haben Sie sich gar nichts vorzuwerfen?

Streit: Ich hätte das diplomatisch ausdrücken müssen. Jetzt stecke ich in dieser Schublade, und da komme ich auch nicht mehr raus. Irgendwie war ich drei Jahre lang im falschen Film, im besten Fußballeralter spielte ich vor 200 Leuten in der Regionalliga. Und da wurde es dann richtig extrem.

kicker: Die Beschimpfung durch die eigenen Fans?

Streit: Wenn 60 000 pfeifen, weil ich schlecht spiele, kann ich damit umgehen. Was anderes ist, wenn dich nach dem Spiel 30 Mann vermöbeln wollen, dich anspucken oder dir mit dem Auto nachfahren. Das hatte nichts mit Menschenwürde zu tun. Und niemand vom Verein hat mir geholfen, das war die ganz harte Tour.

kicker: Kam da auch manchmal der Gedanke ans Aufhören?

Streit: Klar, da war die Grenze überschritten. Natürlich auch, wenn du jeden Tag zum Training fährst und weißt: Hier bist du unerwünscht. Ich wurde behandelt wie ein Krimineller. Spaß gemacht hat es nur in der Zweiten unter Trainer Michael Boris und Frank Döpper, da war ich eine Leitfigur für die jungen Spieler.

kicker: Seinen Nachfolger Bernhard Trares haben Sie angeblich beleidigt, so dass es zur endgültigen Trennung kam.

Streit: Angeblich habe ich gesagt: F... dich, ich bin über 30, ich trage keine Tore mehr. Das hat der Torwarttrainer behauptet. Aber von den anderen 20 Mann auf dem Platz hat das keiner gehört.

kicker: Nun also der Neustart bei der Alemannia. Was denken Sie: Wie werden die Fans in den Stadien reagieren?

Streit: Da bin ich selbst mal sehr gespannt. Jetzt fahre ich jedenfalls jeden Morgen mit einem Lächeln zum Training. Das ganz Normale, der normale Umgang mit einem Trainer, der Flachs in der Kabine, das alles ist für mich zum Besonderen geworden.

kicker: 118 Bundesligaspiele haben Sie bisher absolviert. Tauchen Sie denn noch mal in der Bundesliga auf?

Streit: Ich plane nicht über das Saisonende hinaus. Noch mal Bundesliga? Im Sommer kann auch ganz Schluss sein.

Interview: Oliver Bitter